
Die Delta-Variante, auch bekannt als B.1.617.2, ist eine Version von Sars-CoV-2, die erstmals Ende letzten Jahres in Indien entdeckt wurde und die Spike-Protein-Mutationen T19R, Δ157-158, L452R, T478K, D614G, P681R und D950N enthält. P681R befindet sich an der S1/S2-Spaltungsstelle, von der Studien ergeben haben, dass Stämme mit Mutationen an dieser Stelle, eine erhöhte Replikation aufweisen können, die zu einer höheren Viruslast und erhöhten Transmission führt.
Laut Public Health England (PHE) weist Delta eine um 50 bis 60 Prozent höhere Übertragbarkeit als die Alpha-Variante des Virus auf. Vorläufige Daten aus England und Schottland deuten außerdem darauf hin, dass Menschen, die mit Delta infiziert sind, etwa doppelt so häufig hospitalisiert werden als mit Alpha infizierte Personen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts liegt der Anteil von Gesamtgenomsequenzierungen für Delta in Deutschland aktuell bei 37%. Gegenüber der Vorwoche liege der Anteil der Variante damit mehr als doppelt so hoch. Es ist davon auszugehen, dass Delta sich gegenüber den anderen Varianten, insbesondere auch gegenüber der dominierenden VOC B.1.1.7 (Alpha) durchzusetzen wird.
Wirksamkeiten der Corona-Impfstoffe
Comirnaty (BioNTech/Pfizer)
Der Corona-Impfstoff BNT162b2 (Comirnaty) von BioNTech/Pfizer scheint offenbar nur geringfügig schwächer gegen symptomatisches COVID-19 mit der Delta Variante zu wirken, wie aus einer am 24. Mai veröffentlichten Studie von Public Health England hervorgeht. Insgesamt wurden 12.675 sequenzierte Fälle in die Analyse eingeschlossen, von denen 11.621 B.1.1.7-Fälle und 1.054 B.1.617.2-Fälle nachgewiesen wurden.
Den Ergebnissen zufolge reduzierte eine Einzeldosis Comirnaty das Risiko, Symptome durch die Delta-Variante zu entwickeln, um 33,5% (95%-KI: 20,6 bis 44,3), verglichen mit 51,1% (95%-KI: 47,3 bis 54,7) bei der Alpha-Variante. Ermittelt wurden die Daten drei Wochen nach der ersten Impfung.
Nach der zweiten Dosis war die Verringerung der Impfstoffwirksamkeit durch die Delta-Variante viel geringer und nicht signifikant: 93,4% (95%-KI: 90,4 bis 95,5) mit B.1.1.7 auf 87,9% (95 %-KI: 78,2 bis 93,2) mit B.1.617,2. Darüber hinaus war Comirnaty nach 2 Dosen zu 96% gegen Krankenhausaufenthalte wirksam.
Vaxzevria (AstraZeneca/Universität Oxford)
In der Analyse von Public Health England war die Wirksamkeit nach der ersten Impfstoffdosis für Vaxzevria und Comirnaty vergleichbar. Eine zweite Dosis des AstraZeneca-Impfstoffs erhöhte den Schutz gegen Delta von 33,5% nach der ersten Dosis auf 59,8% (95%-KI: 28,9 bis 77,3), im Vergleich zu 66% gegen Alpha. Schwere Krankheitsverläufe verhinderte die vollständige Impfung mit Vaxzevria zu 92%.
COVID-19 Vakzine Moderna
Der COVID-19-Impfstoff von Moderna führte zu vielversprechenden Ergebnissen bei einer in vitro Studie, die am 28. Juni 2021 auf dem Preprint-Server bioRxiv veröffentlicht wurde. Das Unternehmen teilte mit, dass die in-vitro-Neutralisationsstudien an Seren von Personen, die mit dem Moderna COVID-19-Impfstoff geimpft wurden, Aktivität gegen alle getesteten Varianten zeigte, einschließlich:
- zusätzlicher Versionen der Beta-Variante (B.1.351, zuerst in Südafrika identifiziert),
- drei Abstammungsvarianten von B.1.617 (zuerst in Indien identifiziert),
- Kappa- (B.1.617.1) und Delta-Variante (B.1.617.2)
- Eta-Variante (B.1.525, erstmals in Nigeria identifiziert); und
- A.23.1 sowie A.VOI.V2, die zuerst in Uganda bzw. Angola identifiziert wurden.
Darüber hinaus untersucht Moderna einen multivalenten Booster-Kandidaten namens mRNA-1273.211, der zur Hälfte aus dem zugelassen Impfstoff mRNA-1273 und mRNA-1273.351 besteht, welcher an die Beta-Variante angepasst wurde.
COVID-19 Vakzine Janssen
Aktuell gibt es für Ad26.COV2.S von Janssen noch keine veröffentlichten Daten zur Wirksamkeit gegenüber der Delta-Variante. Dr. Scott Gottlieb, ehemaliger Leiter der Food and Drug Administration (FDA), sagte Berichten zufolge, dass die Vakzine gegen die Delta-Variante zu etwa 60% wirksam zu sein scheine. Da für den Impfstoff in der Phase-III-Zulassungsstudie ENSEMBLE eine Wirksamkeit von 67 Prozent gezeigt wurde, könnte diese Einschätzung angesichts der höheren Ansteckungsfähigkeit der Delta-Variante stimmen.
UPDATE (6. Juli 2021):
Daten einer Untergruppe von Teilnehmern (n=8) der Phase-III-Studie ENSEMBLE, welche auf dem Preprint-Server bioRxiv am 1. Juli 2021 von Johnson & Johnson veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass Ad26.COV2.S nach einmaliger Gabe eine neutralisierende Antikörperaktivität gegen die Delta-Variante auslöst. Diese sei sogar auf einem höheren Niveau als die Aktivität, welche kürzlich für die Beta-Variante (B.1.351) für den Impfstoff beobachtet wurde. Insgesamt war die neutralisierende Aktivität im Serum gegen die Beta- und Gamma-Varianten im Vergleich zur wildtyp-Variante um das 5,0- bzw. 3,3-Fache reduziert, während nur eine 1,6-fache Reduktion gegenüber Delta beobachtet wurde.
Zweite Impfung entscheidend
Unabhängig vom Impfstoff (Ausnahme Janssen Vakzine, die nur eine Impfung erfordert) sprechen alle bisherigen Daten dafür, dass eine einzelne Impfung für einen Schutz vor der Delta-Variante nicht ausreicht. Die Zweitimpfung ist dementsprechend dringend notwendig, um auch den Varianten mit einer höheren Impfstoffwirksamkeit begegnen zu können.
Fazit
Der Vorstandschef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat angesichts der Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus jedoch vor Hysterie gewarnt. „Es gibt bisher keine fundierten Hinweise darauf, dass dadurch [Delta-Variante] auch der Anteil der schweren Erkrankungen wieder steigt, zumal Geimpfte zuverlässig geschützt sind.“ Alarmismus sei völlig fehl am Platz. Dennoch müsse man weiterhin vorsichtig sein, auch in Bezug auf die Reiseregeln.