
Was ist Jivi?
Jivi ist ein neues Arzneimittel der Bayer Vital GmbH, das zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen bei Hämophilie A für vorbehandelte Erwachsene und Jugendliche ab einem Alter von zwölf Jahren zugelassen. Der in Jivi enthaltene Wirkstoff Damoctocog alfa pegol ist ein spezifisch PEGylierter rekombinanter humaner Blutgerinnungsfaktor VII mit deletierter B-Domäne. Er wird in einer Baby-Hamster-Nierenzelllinie (BHK) hergestellt und weist einen 60 kDa großen, verzweigten Polyethylenglykol (PEG)-Anteil, bestehend aus zwei 30 kDa großen PEG-Anteilen, auf. Die Molekülmasse des Proteins beträgt ca. 234 kDa. Jivi wird ohne Zugabe von Proteinen menschlichen oder tierischen Ursprungs während des Zellkulturprozesses, der Aufreinigung, PEGylierung oder endgültigen Formulierung hergestellt.
Anwendung von Jivi
Die spezifische Aktivität von Jivi beträgt etwa 10.000 I.E./mg Protein. Während der Behandlung wird eine geeignete Bestimmung der Faktor VIII-Spiegel empfohlen, um das Erreichen adäquater Faktor VIII-Spiegel zu bestätigen. Das Ansprechen einzelner Patienten auf Faktor VIII kann unterschiedlich sein und zu verschiedenen Halbwertszeiten und Recovery-Werten führen. Die nach Körpergewicht berechnete Dosis muss möglicherweise bei übergewichtigen Patienten angepasst werden. Insbesondere bei größeren chirurgischen Eingriffen ist eine genaue Überwachung der Substitutionstherapie durch Gerinnungstests (Faktor VIII-Aktivität im Plasma) unerlässlich.
Anwendungsempfehlung
Jivi wird über einen Zeitraum von 2 bis 5 Minuten in eine Vene injiziert. Die maximale Geschwindigkeit beträgt 2,5 ml pro Minute. Jivi muss innerhalb von 3 Stunden nach Herstellung der gebrauchsfertigen Lösung angewendet werden.
Dosierung
Die Dosierung und Dauer der Anwendung richtet sich nach dem Schweregrad des Faktor VIII-Mangels, sowie Ort und Ausmaß der Blutung und dem klinischen Zustands des Patienten. Die Anzahl der verabreichten Faktor VIII-Einheiten wird in I.E. angegeben und basiert auf dem aktuellen WHO-Standard für Faktor VIII-Produkte. Richtwerte für die Dosierung bei Blutungsereignissen und chirurgischen Eingriffen bei Jugendlichen und Erwachsenen sowie zur Prophylaxe sind der beigefügten Fachinformation zu entnehmen.
Wirkung von Damoctocog alfa pegol
Der Faktor VIII/von-Willebrand-Faktor-Komplex besteht aus zwei Molekülen (Faktor VIII und von-Willebrand-Faktor) mit unterschiedlichen physiologischen Funktionen. Wird einem Hämophilie-Patienten Faktor VIII infundiert, so bindet dieser an den im Patienten vorhandenen von-Willebrand-Faktor. Aktivierter Faktor VIII wirkt als Co-Faktor für den aktivierten Faktor IX, der die Umwandlung von Faktor X in aktivierten Faktor X beschleunigt. Aktivierter Faktor X wandelt Prothrombin in Thrombin um. Thrombin wandelt dann Fibrinogen in Fibrin um und führt so zur Bildung eines Gerinnsels.
Hämophilie A ist eine geschlechtsgebundene, erbliche Störung der Blutgerinnung, aufgrund erniedrigter oder fehlender Faktor VIII:C-Spiegel. Als Folge treten entweder spontan oder infolge unfallbedingter oder chirurgischer Traumata Blutungen in Gelenken, Muskeln oder inneren Organen auf.
Durch die Substitutionstherapie werden die Faktor VIII-Plasmaspiegel erhöht, wodurch eine vorübergehende Korrektur des Faktor VIII-Mangels und der Blutungsneigung ermöglicht wird. Damoctocog alfa pegol ist eine PEGylierte Form von rFVIII. Die spezifische PEGylierung vermindert die Clearance von Faktor VIII, was zu einer verlängerten Halbwertszeit führt, während die normalen Funktionen des rFVIII-Moleküls ohne B-Domäne beibehalten werden. Damoctocog alfa pegol enthält keinen von-Willebrand-Faktor.
Gegenanzeigen
Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile sowie bekannte Überempfindlichkeiten gegen Maus- oder Hamsterproteine.
Schwangerschaft und Stillzeit
Die Anwendung sollte nur nach eindeutiger Indikationsstellung erfolgen.
Wechselwirkungen
Es sind keine Wechselwirkungen von Produkten mit humanem Gerinnungsfaktor VIII (rDNS) und anderen Arzneimitteln bekannt.
Nebenwirkungen
Sehr häufig
- Kopfschmerzen
Häufig
- Überempfindlichkeitsreaktionen
- Insomnie
- Schwindel
- Husten
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Erytheme und Ausschlag
- Reaktionen an der Injektionsstelle
- Fieber
Gelegentlich
- Faktor VIII-Inhibition bei vorbehandelten Patienten
- Dysgeusie
- Hitzegefühl
- Pruritus
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
Um die Rückverfolgbarkeit des Arzneimittels zu verbessern, sollten Name und Charge des verabreichten Produktes dokumentiert werden.
Studienlage
Die Zulassung von Jivi basiert auf den Ergebnissen der klinischen Phase-III-Studie Protect VIII. In dieser Studie wurden Prophylaxe, Bedarfsbehandlung und perioperative Behandlung bei vor- behandelten Erwachsenen und Jugendlichen ab einem Alter von zwölf Jahren mit schwerer Hämophilie A untersucht.
Wirkstärken und Packungsgrößen
Jivi steht in 5 verschiedenen Stärken zur Verfügung:
- Jivi 250 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung
- Jivi 500 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung
- Jivi 1000 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung
- Jivi 2000 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung
- Jivi 3000 I.E. Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung