Erhöhtes ADHS-Risiko bei Schilddrüsenunterfunktion der Mutter

Das ADHS-Risiko ist bei Kindern, deren Mütter vor oder während der Schwangerschaft unter einer Hypothyreose leiden, erhöht. Dies wurde bereits in europäischen Kohorten beobachtet und nun in einer US-amerikanischen Studienpopulation bestätigt.

ADHS

Hintergrund

Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zählt zu den häufigsten psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Betroffene haben Schwierigkeit sich zu konzentrieren, sind häufig sehr unruhig und impulsiv. Die Funktionseinschränkungen können bis ins Erwachsenenalter persistieren und weitreichende Folgen für die Betroffenen haben.

Verschiedene Ursachen bzw. Auslöser für ADHS werden diskutiert, beispielsweise ein Eisenmangel und maternale Autoantikörper in der Schwangerschaft. Weiterhin werden genetisch bedingte Ursachen vermutet. Verschiedene beteiligte Gene, etwa für Monoaminooxidasen, Adiponektin oder BDNF (Brain Derived Neurotrophic Factor), werden durch Schilddrüsenhormone gesteuert und sind bedeutsam in der neuronalen Entwicklung. Es liegt daher nahe, die Auswirkungen einer Hypothyreose in der Schwangerschaft zu untersuchen. Die bisherige Datenlage ist teils widersprüchlich und reicht von einem erhöhten ADHS-Risiko der Kinder von Müttern mit Hypothyreose über einen nicht vorhandenen Einfluss bis hin zu einem erhöhten Risiko, wenn die Mütter eine Hyperthyreose während der Schwangerschaft hatten.

Zielsetzung

Ein Team um Dr. Morgan Peltier von der NYU-Long Island School of Medicine in New York untersuchte, ob eine Schilddrüsenunterfunktion der Mutter vor oder während der Schwangerschaft das ADHS-Risiko bei ihren Kindern erhöht und ob Frühgeburten, das Geschlecht der Kinder und die Herkunft eine Rolle spielen [1].

Methodik

Die Forscher analysierten Geburtsdaten aus Kalifornien und bestimmten dabei mittels verschiedener statistischer Größen eine mögliche Assoziation zwischen einer maternalen Schilddrüsenunterfunktion und dem ADHS-Risiko bei den Kindern.

Weiterhin evaluierten die Wissenschaftler mögliche Einflüsse wie Schwangerschaftsdauer (Frühgeburt vs. termingerechte Geburt), Geschlecht und Herkunft der Kinder.

Ergebnisse

Die Geburtsdaten wurden zwischen 2000 und 2016 erhoben. Insgesamt wurden 329.157 Kinder in die Studie eingeschlossen, wovon 16.696 an ADHS litten.

Ein erhöhtes ADHS-Risiko zeigte sich bei Kindern, deren Mütter vor oder während der Schwangerschaft eine Hypothyreose hatten. Das Risiko war besonders deutlich erhöht, wenn die Hypothyreose im ersten Drittel der Schwangerschaft diagnostiziert wurde. Weiterhin zeigte sich ein erhöhtes ADHS-Risiko bei Frühgeborenen, besonders wenn schon vor der Schwangerschaft eine Hypothyreose bestand. Ob hier nun die Hypothyreose oder die Frühgeburt verantwortlich ist, ist nicht sicher zu differenzieren. Eine Hypothyreose an sich kann nämlich zu einer verkürzten Schwangerschaftsdauer führen.

Unterschiede in Bezug auf Geschlecht und Herkunft

Das erhöhte ADHS-Risiko von Jungen zeigte sich auch in dieser Studie. Hier waren Jungen 2,5-mal häufiger von ADHS betroffen als Mädchen. Auch das ADHS-Risiko bei hypothyreoten Müttern war bei Jungen stärker ausgeprägt als bei Mädchen.

Kinder mit hispanoamerikanischen Wurzeln zeigten ein höheres Erkrankungsrisiko als Kinder aus anderen Bevölkerungsgruppen.

Fazit

In dieser Studie zeigte sich ein signifikant erhöhtes ADHS-Risiko bei Kindern, wenn deren Mütter vor oder während der Geburt an einer Hypotyhreose litten. Je nach Schwangerschaftsdauer, Geschlecht und Herkunft war die Assoziation unterschiedlich stark ausgeprägt. Am stärksten zeigte sich diese bei Frühgeborenen, Jungen und Kindern mit hispanoamerikanischer Herkunft. Die Ursache für das erhöhte Risiko bei Kindern mit hispanoamerikanischer Herkunft blieb in der Studie unklar. Die Autoren diskutieren genetische Faktoren, die Ernährung und eine schlechtere Gesundheitsversorgung in den USA, je nach Herkunft, als mögliche Ursachen.

Die Forscher empfehlen weitere Studien, um den Einfluss verschiedener Ursachen der Schilddrüsenunterfunktion und deren molekulare Mechanismen auf das ADHS-Risiko bei Kindern zu untersuchen.

Quelle:

Peltier et al. (2021): Maternal Hypothyroidism Increases the Risk of Attention-Deficit Hyperactivity Disorder in the Offspring. American Journal of Perinatology, DOI: 10.1055/s-0040-1717073

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