
Hintergrund
Neben den häufigen respiratorischen Symptomen kommt es bei 80% der hospitalisierten COVID-19 Patienten auch zu neurologischen Manifestationen. Die neurologischen Komplikationen wie Enzephalitis, Schlaganfall, muskuläre Schäden oder Anosmie im Verlauf der COVID-Erkrankung sind auch mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko verbunden. Daher wird auch diskutiert, ob bereits vorbestehende neurologische Krankheiten das Risiko eines schweren Verlaufs bei einer COVID-19 Erkrankung erhöhen und auch, ob COVID-19 das Krankheitsbild der neurologischen Erkrankung verschlechtern kann.
Indirekte Pandemiefolgen für Parkinson Patienten
Im ersten Halbjahr 2020 kam es zur ersten COVID-19-Pandemie Welle in Deutschland. Die Pandemie führte dazu, dass viele Parkinson-Patienten keine adäquate Behandlung erhielten, weil die Patienten aufgrund der Ansteckungsgefahr therapeutische Einrichtungen nicht aufsuchten und weil mit steigender Erkrankungsinzidenz die Kapazitäten der Kliniken umgewidmet wurden. Im Vergleich zu 2019 nahmen 2020 die Hospitalisierungen aufgrund von Parkinson um etwa ein Drittel, auf dem Höhepunkt der Pandemiewelle sogar vorübergehend um 72,7%, ab. [1]
Parkinson und COVID-19
Parkinson Patienten zählen alleine aufgrund ihres meist fortgeschrittenen Alters und der häufigen Komorbiditäten zu den Risikogruppen für einen schweren Verlauf von COVID-19. Mit Parkinson verbundene Muskelschwäche, Schluckstörungen und axialer Rigor können darüber hinaus die Entstehung von Pneumonien begünstigen. Eine COVID-19-Erkrankung verschlechtert ihrerseits motorische und nicht-motorische Parkinsonsymptome. Bislang gab es jedoch noch keine umfassenden Analysen zu den Auswirkungen der Pandemie auf Parkinson Patienten. Ein Team der Klinik für Neurologie am St. Josef-Hospital der Ruhr-Universität Bochum hat nun eine Auswertung bundesweiter Datenbanken zum Verlauf von COVID-19-Erkrankungen bei hospitalisierten Parkinson Patienten veröffentlicht in der Fachzeitschrift Movement Disorders veröffentlicht. [2]
Zielsetzung
Ziel der Studie war es, die Zahl von hospitalisierten Parkinson-Patienten in Deutschland während der erste Pandemiewelle 2020 zu ermitteln. Darüber hinaus wurde die Häufigkeit von COVID-19 sowie die Mortalität der hospitalisierten Parkinson Patienten errechnet.
Methoden
Die Durchschnittstudie wurde mithilfe von bundesweiten DRG (diagnosis-related group)-Verwaltungsdaten von 1468 Krankenhäusern und 5.210.432 Patienten inklusive 30.872 COVID-19 Fälle vom 16. Januar - 15. Mai 2020 durchgeführt. Im DRG-Code-System sind Hauptdiagnosen und Komorbiditäten aufgezeichnet.
Ergebnisse
COVID-19 kam mit 1,1 % in der Population von Parkinson-Patienten (693/64.434) signifikant häufiger vor als bei Nicht-Parkinson Patienten (0,6% [30176/ 5145998]). Betroffen waren vor allem Parkinson Patienten im Aller ≥65 Jahre. Im Vergleich zu Parkinson Patienten, die nicht an COVID-19 erkrankt waren, waren die Parkinson Patienten mit COVID-19 häufig fortgeschrittenen Alters und männlichen Geschlechts.
Mehr Komorbiditäten, höhere Mortalität
Hospitalisierte COVID-19-Patienten mit Parkinson litten häufiger unter Komorbiditäten wie Hypertonie und chronischer Nierenerkrankung als Nicht-Parkinson Patienten. Die Mortalität an COVID-19 lag bei den Parkinson Patienten mit 35,4% deutlich höher als bei Patienten ohne Parkinson 20,7% (p<0,001). Das galt vor allem für Parkinson-Patienten im Alter von 75-79 Jahren. Insgesamt war die Krankenhaussterblichkeit von Parkinson-Patienten2020 signifikant höher als 2019 (5,7% vs. 4,9%, p<0,001).
Fazit
Der federführende Autor der Studie Prof. Dr. Lars Tönges erklärt in einer Pressemitteilung: "Bemerkenswerterweise starben 2020 mehr Parkinson-Patienten in Krankenhäusern als 2019, was auch an den COVID-19-Erkrankungen liegen kann". Die Studie verdeutliche laut des Autorenteams, dass trotz der aktuellen Pandemie eine optimale Behandlung von Parkinson-Patienten gewährleistet werden müsse. In Zukunft könnten zum Beispiel telemedizinische Angebote unterstützend eingesetzt werden. Zu den Entwicklungen während der zweiten und dritten Welle werden in Kürze Daten erwartet.