DGPPN 2022: Positive Lecanemab-Studie voll publiziert

Als ein Pathomechanismus für Alzheimer gilt die Akkumulation von löslichem und nicht löslichem, aggregiertem Amyloid-beta. Der Antikörper Lecanemab bindet mit hoher Affinität an lösliche Abeta-Protofibrillen und soll der Akkumulation entgegen wirken.

Demenz Amyloid-Plaques

Die Behandlung mit dem humanisierten monoklonalen Antikörper Lecanemab führte in der Phase-III-Studie CLARITY AD im Vergleich zu Placebo zu einer geringeren Verschlechterung der Symptome einer Alzheimer-Erkrankung bei Patienten mit milder kognitiver Beeinträchtigung (MCI) oder früher Alzheimer-Demenz [1]. Entsprechend des postulierten Wirkmechanismus nahm auch die Amyloid-Last der Patienten in der Lecanemab-Gruppe signifikant ab, berichtete die Studiengruppe mit Professor Dr. Christpher H. van Dyck von der Forschungsgruppe Alzheimer Erkrankung an der Yale School of Medicine in New Haven, Connecticut (USA) als Erstautor [1].

Die Vollpublikation der Studie gibt detaillierte Einblicke in Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie, nachdem eine Pressemitteilung bereits im September auf das Erreichen des primären Endpunkts hingewiesen hatte.

Einzelne Symptome, noch keine Demenz

Eingeschlossen in die Studie wurden insgesamt 1.795 Personen im Alter von 50 bis 90 Jahren mit einer MCI (38%) oder einer frühen Alzheimer-Demenz (62%) nach den Kriterien der National Institute on Aging-Alzheimer’s Association. Bei allen war Amyloid in der Positronenemissionstomographie-Computertomographie (PET-CT) oder im Liquor nachgewiesen worden.

Im Mittel lag das Alter der Teilnehmer bei etwa 71 Jahren. Bei 68% war das Risikogen ApoE ε4 nachgewiesen worden.Der Mini-Mental-Status-Test (MMST) als Schnelltest für die Erfassung kognitiver Störungen ergab in den beiden Gruppen vor Behandlung 25,5 beziehungsweise 25,6 Punkte entsprechend einer leichten kognitiven Beeinträchtigung. Randomisiert erhielten die Patienten18 Monate lang alle zwei Wochen intravenös entweder 10 mg Lecanemab/kg Körpergewicht oder Placebo.

Verschiedene Demenz Symptomskalen eingesetzt

Primärer Endpunkt der Studie war die Veränderung vom Ausgangsbefund bis nach 18 Monaten gemessen mit dem Instrument Clinical Dementia Rating–Sum of Boxes (CDR-SB). Die CDR-SB erfasst Symptome in sechs Domänen, in denen jeweils bis zu drei Punkte erreicht werden können. Entsprechend können die Werte dieses Instruments von 0 bis 18 reichen, wobei höhere Werte eine stärkere Belastung bedeuten.

Sekundäre Endpunkte umfassten die Amyloid-Last im PET-CT, den Wert auf der 14 Items umfassenden kognitiven Subskala de Alzheimer’s Disease Assessment Scale (ADAS-cog14), den Wert nach der Alzheimer’s Disease Composite Score (ADCOMS) und den Wert nach dem MCI-Instrument Alzheimer’s Disease Cooperative Study–Activities of Daily Living Scale for Mild Cognitive Impairment (ADCS-MCI-ADL).

Weniger Symptomverschlechterung mit Lecanemab

Der mittlere CDR-SB-Wert zum Zeitpunkt der Randomisierung betrug in beiden Gruppen etwa 3,2, was einer frühen Alzheimer-Erkrankung entspricht (0,5–6 Punkte). Nach 18 Monaten war der Wert in der Lecanemab-Gruppe adjustiert um 1,21 Punkte angestiegen, in der Placebo-Gruppe um 1,66 Punkte.

Der Unterschied von –0,45 zugunsten von Lecanemab war signifikant (95%-Konfidenzintervall [KI]: −0,67 bis −0,23; p<0,001). Der Schwellenwert für die klinische Relevanz ist für diesen Parameter noch nicht etabliert, der Unterschied von -0,45 überschreitet aber den von den Wissenschaftler beim Design der Studie definierten Mindestunterschied von 0,373 Punkten.

Lecanemab schneidet auch bei sekundären Endpunkten besser ab

Lecanemab verlangsamte auch das Nachlassen der kognitiven Funktionen nach dem ADAS-Cog14 (mittlere Differenz 1,44; 95% KI 0,61 bis 2,27), die Krankheitsprogression nach dem ADCOMS-Bewertung (mittlere Differenz 0,050; 95%-KI: 0,027 bis 0,074) und die zunehmende Beeinträchtigung bei Alltagsaktivitäten nach dem ADCS MCI-ADL4 (mittlere Differenz 2,0; 95% KI 1,2 bis 2,8).

In einer Substudie mit 698 Teilnehmern zeigte sich im PET-CT in der Lecanemab-Gruppe eine anhaltende und deutliche Verminderung der Amyloid-Last im PET-CT des Gehirns, während in der Placebo-Gruppe ein leichter Anstieg zu verzeichnen war.

Unerwünschte Ereignisse unter Lecanemab

Der moderate Effekt von Lecanemab auf frühe demenzielle Symptome war begleitet von einigen Nebenwirkungen, betonen die Forscher. Am häufigsten waren Infusionsreaktionen und Amyloid-abhängige abnorme Befunde in der Bildgebung (ARIA) mit Ödem oder Erguss (ARIA-E), die meistens mild waren oder symptomlos verliefen. 14,0% der Teilnehmer der Lecanemab-Gruppe und 11,3% der Teilnehmer in der Placebo-Gruppe entwickelten auch schwere unerwünschte Ereignisse (SAE).

Am häufigsten waren Infusionsreaktionen (Lecanemab: 1,2%, Placebo: 0%), ARIA-E (Lecanemab: 0,8%, Placebo: 0%), Vorhofflimmern (Lecanemab: 0,7%; Placebo: 0,3%), Synkopen (Lecanemab: 0,7%, Placebo: 0,1%) und Angina pectoris (Lecanemab: 0,7%; Placebo: 0%). Zu behandlungsassoziierten Todesfällen kam es nicht. Wegen Nebenwirkungen brachen in der Lecanemab-Gruppe 6,9% die Studienmedikation ab, in der Placebo-Gruppe 2,9%.

Langzeitdaten bei Therapie der frühen Demenz wichtig

Die CLARITY AD-Studiengruppe weist darauf hin, dass längere Beobachtungszeiten notwendig sind, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Lecanemab bei Personen mit MCI oder früher Alzheimer Erkrankung besser beurteilen zu können. Langzeitstudien über vier bis fünf Jahre, unter anderem mit Teilnehmern der aktuell publizierten Studie und einer vorangegangene Phase-II-Studie, laufen bereits.

Die Studie CLARITY AD ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT03887455 registriert. Sie wurde von Eisai in Zusammenarbeit mit Biogen finanziert.

Quelle:

Van Dyck CH, Swanson CJ, Aisen P et al. Lecanemab in Early Alzheimer's Disease. New England Journal of Medicine 2022. DOI: 10.1056/NEJMoa2212948

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