CHEK2-Varianten bei verschiedenen Krebsarten

Die Mehrzahl pathogener Varianten von CHEK2 in der Keimbahn ist einer neuen Studie zufolge mit Brust- , Nieren- und Schilddrüsenkrebs assoziiert, aber nicht mit Darmkrebs.

Diagnostik Blut Labor

Hintergrund

Das CHEK2-Gen codiert die Proteinkinase CHK2, die als Tumorsuppressor bekannt ist und eine Rolle bei der Reparatur von DNA-Schäden spielt. Varianten von CHEK2 wurden erstmals in Familien mit klinischen Kriterien für das Li-Fraumeni-Syndrom (LFS) beschrieben, die negativ für TP53 waren. TP53 ist das häufigste mutierte Gen in menschlichen Tumoren, und häufig finden sich angeborene Mutationen von TP53 beim LFS, die eine Tumorprädisposition vermitteln.

Studien zeigten, dass pathogene und wahrscheinlich pathogene Varianten (pV) von CHEK2 mit Brustkrebs in Verbindung gebracht werden können. Eine Assoziation zwischen LFS und pathogenen Varianten von CHEK2 wurde bisher verneint und ist für andere Krebsarten nach wie vor umstritten. Jedoch werden pV von CHEK2 in der Keimbahn häufig während der Multigen-Panel-Krebsdiagnostik entdeckt, aber das Verständnis dieser pV ist bislang, mit Ausnahme der Loss-of-Function Variante c.1100del, begrenzt. Zur Assoziation von c.1100del mit verschiedenen Tumorarten gibt es bisher variierende Daten.

Zielsetzung

Die Studie hatte das Ziel, die Frage zu beantworten, ob verschiedene pathogene Varianten von CHEK2 mit unterschiedlichen Krebs-Phänotypen assoziiert sind.

Methodik

Zur  Beantwortung  wurde von 2012 bis 2019 eine retrospektive Kohortenstudie in einem diagnostischen Testlabor durchgeführt. Eingeschlossen wurden Patienten, bei denen in der Multigen-Panel-Krebsdiagnostik pV von CHEK2 nachgewiesen wurden. Anschließend erfolgte ein Vergleich der Krankheitsgeschichte zwischen verschiedenen Kohorten. Man unterschied Patienten mit vielen vorliegenden pVs, mit dem Wildtyp von CHEK2, sowie Patienten mit Loss-of-Function and Missense CHEK2-Varianten.

Ergebnisse

Von 36.817 auswertbaren Patienten, die sich einer Multigen-Panel-Krebsdiagnostik unterzogen hatten, wurden bei 3.783 pVs von CHEK2 nachgewiesen. 3.473 Patienten (91,8%) waren Frauen und 2.818 Patienten (74,5%) hatten Krebs.

Auftreten von Brustkrebs bei häufig auftretenden pathogenen Varianten

Betrachtet man die spezifischen Varianten für Brustkrebs, so trat bei den Patientinnen mit den Varianten p.I157T (Odds Ratio (OR): 0,66, 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,56 bis0,78, p<0,001), p.S428F (OR: 0,59, 95%-KI: 0,46 bis 0,76, p<0,001) und p.T476M (OR: 0,74, 95%-KI: 0,56 bis 0,98, p=0,04) im Vergleich zu anderen identifizierten pVs seltener Brustkrebs auf und eine Assoziation mit anderen Krebsarten als Brustkrebs konnte bei diesen Varianten nicht nachgewiesen werden.

Die Brustkrebs-Prävalenz war bei folgenden pVs im Vergleich zu Patienten mit Wildtyp CHEK2 am höchsten: c.444+1G>A (OR: 2,63, 95%-KI: 1,59 bis 4,35, p<0,001), ex8_9del (OR: 2,36, 95%-KI: 1,53 bis 3,64, p<0,001), p.R117G (OR: 1,65, 95%-KI: 1,12 bis 2,44, p=0,01) und c.1100del (OR: 1,76, 95%-KI: 1,55 bis 2,00, p<0,001).

Weiterhin zeigte sich, dass bei Patientinnen mit Brustkrebs die Wahrscheinlichkeit höher war, dass sie beidseitigen Brustkrebs aufweisen und mehr Estrogen- und/oder Progesteronrezeptor-positive sowie ERBB2 (früher HER-2)-positiven Brustkrebs hatten.

Nach Ausschluss der Varianten p.I157T, p.S428F und p.T476M hatten die Teilnehmer mit monoallelischen CHEK2 pV ein jüngeres Alter zum Zeitpunkt der ersten Krebsdiagnose (p < 0,001) und ein höheres Brustkrebsrisiko (OR: 1,83; 95% KI: 1,66 bis 2,02, p<0,001)

Auftreten weiterer Krebserkrankungen

Neben Brustkrebs traten bei CHEK2 pVs häufiger Schilddrüsenkrebs (OR: 1,63, 95%-KI: 1,26 bis 2,08) und Nierenkarzinome (OR: 2,57, 95%-KI: 1,75 bis 3,68) auf im Vergleich zu Patientinnen mit Wildtyp CHEK2 in der Multigen-Panel-Krebsdiagnostik.

Die Wahrscheinlichkeit, an Darmkrebs zu erkranken, war bei Patienten mit CHEK2 pVs hingegen geringer (OR: 0,62, 95%-KI: 0,51 bis 0,76, p<0,001) als bei Patienten mit Wildtyp CHEK2. Auch Endometriumkrebs (2,1% vs. 4,2%, p<0,001) und Pankreaskarzinome (0,9% vs. 1,8%, p=0,001) traten in der Kohorte mit pVs seltener auf als bei Patienten mit Wildtyp CHEK2. Das Auftreten von Hirntumoren, Magen-, Prostata- und Eierstockkrebs sowie von Melanomen und Sarkomen unterschied sich nicht zwischen den Kohorten.

Missens and Loss-of-Function Varianten

Es konnten keine signifikanten Assoziationen zwischen häufigen pVs von CHEK2 und c.1100del nachgewiesen werden und auch nicht im Vergleich zwischen CHEK2 Missense und Loss-of-Function pVs.

Fazit

Die retrospektive Kohortenstudie zeigt, dass CHEK2 pVs mit Ausnahme der Varianten p.I157T, p.S428F und p.T476M, unabhängig vom Typ der Variante (Missense oder Loss-of-Function) mit ähnlichen Krebsphänotypen assoziiert ist. Es wurden Assoziationen mit ERBB2-positivem Brustkrebs, Nieren- und Schilddrüsenkrebs festgestellt, während Assoziationen mit Darmkrebs und anderen Krebsarten nicht nachgewiesen werden konnte.

Diese Daten können bei einer genetischen Beratung und Risikobewertung von Patienten mit CHEK2-Varianten von Nutzen sein.

Autor:
Stand:
24.10.2022
Quelle:

Brittany L. Bychkovsky  et al. (2022): Differences in Cancer Phenotypes Among Frequent CHEK2 Variants and Implications for Clinical Care—Checking CHEK2, JAMA Oncology, DOI: 10.1001/jamaoncol.2022.4071

 

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