
Hintergrund
Patienten die aufgrund ihres Primärtumors bei Lungen-/ Brustkrebs bzw. das Multiple Melanom Hirnmetastasen entwickeln, weisen eine hohe Morbidität und Mortalität auf. Das mediane Gesamtüberleben liegt zwischen vier und 16 Monaten.
Aufgrund der Hirn-Blutschranke zeigen Chemotherapien nur eine sehr begrenzte Wirkung und lokale Therapien wie die Strahlentherapie und chirurgische Eingriffe haben oft neurotoxische Auswirkungen.
Die Entwicklung von Immuntherapien bringt neue Therapieoptionen für Patienten mit Hirnmetastasen mit sich, nachdem präklinische und klinische Studien gezeigt haben, dass monoklonale Antikörper die Blut-Hirnschränke passieren können.
Diese Daten meist aus Klinischen Phase II-Studien oder retrospektiven Ansätzen stammen zumeist von Melanom-Patienten und beachten nicht ob der Primärtumor chirurgisch entfernt wurde. Dies ist jedoch ein wichtiger Aspekt, da Patienten mit Hirnmetastasen aber vollständig reseziertem Primärtumor ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben aufweisen als Patienten ohne einen solchen chirurgischen Eingriff. (20 vs. 9 Monate).
Zielsetzung
Es stellt sich daher die Frage, ob eine Immuntherapie in Kombination mit weiteren Krebstherapien das Gesamtüberleben von Krebspatienten mit Hirnmetastasen, nach Resektion des Primärtumors und der lokalen Lymphknoten, verbessert.
Methodik
In die vergleichende Wirksamkeitsstudie werden Krebspatienten mit Hirnmetastasen und einem Alter von > 19 Jahren eingeschlossen. Bei den Primärtumoren musste es sich um ein nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, Multiples Melanom oder um Brust-, Darm- oder Nierenkrebs in den Jahren 2010 bis 2016 handeln. Die Daten stammen aus der Nationalen Krebsdatenbank (National Cancer Database) des American College of Surgeons. Dieses enthält > 70% der landesweit diagnostizierten Krebsfälle.
Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben, definiert als der Zeitraum zwischen der Diagnosestellung der Hirnmetastasen und dem Tod jeglicher Ursache.
Als Analysemethode wurde die Cox-Regression mit proportionalen Hazards verwendet und korrigiert für Alter nach Diagnose, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Lebensmittelpunkt, Einkommen, Ausbildung, Art des Behandlungszentrum, primärer Krebsart und Jahr der Diagnose.
Ergebnisse
Insgesamt konnten aus der Krebsdatenbank 3.112 geeignete Patienten identifiziert und eingeschlossen werden.
Patientencharakteristika
- 1.436 Patienten (46,14%) waren männlich.
- 2.714 (87,72%) Patienten waren weiß und 257 (8,31%) waren schwarz. 123 Patienten hatten eine weitere ethnische Herkunft.
- Das mediane Alter bei Diagnosestellung lag bei 61 Jahren (Altersspanne 19-90 Jahre).
- 183 Patienten (5,88%) erhielten eine Immuntherapie, 318 Patienten (10,22%) eine Chemotherapie, 788 Patienten eine Strahlentherapie und 1.393 Patienten (44,76%) eine Radiochemotherapie.
- Insgesamt erhielten 22 Patienten (6,47%) eine Chemoimmuntherapie, 72 Patienten (8,37%) zusätzlich zur Immuntherapie eine Strahlentherapie und 76 Patienten (5,17%) eine Radiostrahlentherapie plus Immuntherapie.
Klinische Ergebnisse
- Die multivariante Analyse zeigte, dass Patienten die sich einer Immuntherapie unterzogen, unabhängig von weiteren durchgeführten Therapien, ein signifikant verlängertes Gesamtüberleben zeigen im Vergleich zu Patienten ohne Immuntherapie (Hazard Ratio (HR): 0,62; 95%-Konfidenzintervall (KI): 0,51-0,76; p < 0,001). Das Gesamtüberleben war im Median um 7,5 Monate verlängert (22,6 Monate; 95%-KI: 19,71-25,92 Monate) vs. 15,1 Monate; 95%-KI: 14,13-16,10 Monate; p < 0,001).
- Eine Strahlentherapie zusätzlich zur Immuntherapie verlängerte ebenfalls das Überleben im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie (HR: 0,59; 95%-KI: 0,42-0,84; p = 0,003) im Median um 10,4 Monate (20,5 Monate; 95%-KI: 11,63-25,00 Monate vs. 10,1 Monate; 95%-KI: 8,77-11,60 Monate; p = 0,006).
- Therapiekombinationen wie die Chemoimmuntherapie oder Radiochemotherapie zusätzlich zu einer Immuntherapie konnten das Gesamtüberleben der Patienten nicht verlängern.
- Weiterhin waren Faktoren wie ein jüngeres Alter, eine Behandlung in wissenschaftlichen Zentren und ein Komorbiditäts-Score von 0 förderlich für das Gesamtüberleben.
- Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom hatten ebenfalls Vorteile im Gesamtüberleben mit einer Immuntherapie.
Fazit
Erstmals wurde untersucht, ob Patienten mit Hirnmetastasen, die sich einer vollständigen Resektion des Primärtumors unterzogen haben, von einer Immuntherapie profitieren. Wie sich zeigt, verlängert eine Immuntherapie in Kombination mit einer Strahlentherapie das Gesamtüberleben dieser Patienten unabhängig vom Primärtumor im Vergleich zu einer alleinigen Strahlentherapie. Patienten mit einem primären nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom profitieren besonders von diesem Therapieansatz. Eine Chemoimmuntherapie hingegen zeigt kein verbessertes Gesamtüberleben im Vergleich zu einer alleinigen Chemotherapie.
Jedoch gibt es durch den Studienansatz Limitationen, die weitere prospektive Studien notwendig machen. Hierzu gehört das Daten wie die Todesursache, die Art der Immuntherapie bzw. der Chemotherapie sowie detaillierte Angaben zu den Hirnmetastasen in dieser Datenbank nicht erhoben wurden. Weiterhin erhielten lediglich 5,7% aller Patienten eine Immuntherapie.