Tiragolumab bei nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom

Analysen der Daten der Phase-II-Studie CITYSCAPE ergaben ein objektives Ansprechen von 31,3% der Patienten in der Tiragolumab-plus-Atezolizumab-Gruppe und von 16,2% der Patienten in der Placebo-plus-Atezolizumab-Gruppe sowie ein verlängertes progressionsfreies Überleben.

Bronchialkarzinom NSCLC

Hintergrund

Tiragolumab ist ein monoklonaler Antikörper, der auf einen neuen hemmenden Immuncheckpoint, TIGIT (T cell immunoglobulin and ITIM domain), abzielt, welcher auf Lymphozyten exprimiert wird und die Immunantwort auf Krebs supprimiert. Der TIGIT-Signalweg unterscheidet sich, ist aber komplementär zum PD-L1-/PD-1 (programmed cell death ligand 1/ programmed cell death 1)-Signalweg [1].

Daher wurde angenommen, dass die Kombination von Tiragolumab mit Atezolizumab (Anti-PD-L1-Therapie) und Chemotherapie die Anti-Krebs-Immunantwort weiter verstärken könnte. Trotz eines guten Sicherheitsprofils wurden die co-primären Endpunkte des Gesamtüberlebens (overall survival,OS) und des progressionsfreien Überlebens (progression-free survival, PFS) in der SKYSCRAPER-02-Studie mit Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs im extensiven Stadium (extensive stage small cell lung cancer, ES-SCLC) nicht erreicht [2].

Tiragolumab wird von Roche/Genentech auch bei anderen soliden Tumoren sowie bei hämatologischen Krebserkrankungen untersucht. In der CITYSCAPE-Studie wurde Tiragolumab in Kombination mit Atezolizumab als Erstlinientherapie für nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) untersucht. Gelbe Liste Online berichtete über die ersten Ergebnisse [3].

Zielsetzung

Das Zeil der CITYSCAPE-Studie war es, die Sicherheit und die Anhaltspunkte für die Wirksamkeit von Tiragolumab plus Atezolizumab im Vergleich zu Placebo plus Atezolizumab als Erstlinientherapie bei chemotherapienaϊven Patienten mit lokal fortgeschrittenem inoperablem oder metastasiertem PD-L1-positivem (tumor proportion score ≥1%) NSCLC zu untersuchen. Ausgenommen waren Patienten mit einer sensibilisierenden Mutation im Gen für den epidermalen Wachsumsfaktorrezeptor (endodermal growth factor receptor [EGFR]) oder einer Translokation im Gen für die anaplastische Lymphomkinase (anaplastic large cell lymphoma receptor tyrosine kinase,ALK).

Die Ergebnisse wurden kürzlich von Prof. Byoung Chul Cho vom Yonsei Cancer Center des Yonsei University College of Medicine in Seoul, Südkorea, und Kollegen im Fachblatt Lancet Oncology publiziert [4].

Methodik

CITYSCAPE ist eine randomisierte, doppelt verblindete, placebokontrollierte Phase 2-Studie. Patienten mit chemotherapienaϊvem, PD-L1-positivem (definiert als Anteil PD-L1-positiver Tumorzellen von ≥1%, bestimmt mittels 22C3 Immunhistochemie-pharmDx-Assay) rezidivierendem oder metastasierendem NSCLC mit messbarer Erkrankung, Leistungsstatus gemäß den Kriterien der Eastern Cooperative Oncology Group von 0 oder 1 und keinen EGFR-Mutationen oder ALK-Translokationen wurden von 41 Kliniken in Europa, Asien und den USA aufgenommen.

Die Wissenschaftler ordneten die Patienten nach dem Zufallsprinzip im Verhältnis 1:1 einer Behandlung mit Tiragolumab (600 mg) plus Atezolizumab (1.200 mg) oder mit Placebo plus Atezolizumab intravenös alle drei Wochen zu. Prüfärzte und Patienten wurden bezüglich der Behandlungszuweisung maskiert.

Die co-primären Endpunkte waren die vom Prüfarzt bewertete objektive Ansprechrate (objective response rate [ORR]) und das PFS gemäß den Bewertungskriterien für das Ansprechen solider Tumoren (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors, RECIST), Version 1.1, in der Intention-to-treat (ITT)-Population.

Die Wissenschaftler analysierten die Daten, nachdem etwa 80 PFS-Ereignisse in der Primärpopulation beobachtet worden waren. Die Sicherheit wurde bei allen Patienten untersucht, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten. Die Studie ist noch nicht abgeschlossen.

Ergebnisse

Zum Stichtag der Daten für die Primäranalyse waren 135 von 275 Patienten, die auf ihre Eignung für die Studienteilnahme hin untersucht worden waren, nach dem Zufallsprinzip der Tiragolumab-plus-Atezolizumab-Gruppe (67 [50%]) oder der Placebo-plus-Atezolizumab-Gruppe (68 [50 %]) zugeordnet.

In dieser Primäranalyse zeigten nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 5,9 Monaten (4,6-7,6) 21 Patienten (31,3% [95%-Konfidenzintervall {KI}: 19,5-43,2]) in der Tiragolumab-plus-Atezolizumab-Gruppe und 11 Patienten (16,2% [6,7-25,7]) in der Placebo-plus-Atezolizumab-Gruppe ein objektives Ansprechen (p=0,031; ITT-Population).

Das mediane PFS berechneten die Wissenschaftler mit 5,4 Monaten (95%-KI: 4,2-nicht schätzbar) in der Tiragolumab-plus-Atezolizumab-Gruppe und mit 3,6 Monaten (2,7-4,4) in der Placebo-plus-Atezolizumab-Gruppe (stratifizierte Hazard Ratio 0,57 [95%-KI:0,37-0,90], p=0,015).

14 (21%) Patienten, die Tiragolumab plus Atezolizumab, und 12 (18%) Patienten, die Placebo plus Atezolizumab erhalten hatten, erlitten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, die als in Zusammenhang mit der Behandlung stehend bewertet wurden. Das am häufigsten berichtete behandlungsbedingte unerwünschte Ereignis mindestens dritten Grades war der Anstieg der Lipasewerte (bei 6 [9%] Patienten in der Tiragolumab-plus-Atezolizumab-Gruppe und bei 2 [3%] Patienten in der Placebo-plus-Atezolizumab-Gruppe). In der Tiragolumab-plus-Atezolizumab-Gruppe traten zwei behandlungsbedingte Todesfälle (Pyrexie und Infektionen) auf.

Fazit

Die Wissenschaftler schlossen aus den Ergebnissen, dass Patienten mit chemotherapienaϊvem, PD-L1-positivem, rezidivierendem oder metastasierendem NSCLC mit Tiragolumab plus Atezolizumab in der CYITYSCAPE-Studie eine klinisch signifikante Verbesserung der ORR und des PFS gegenüber Placebo plus Atezolizumab erzielten.

Tiragolumab plus Atezolizumab wurde gut vertragen. Das Sicherheitsprofil ähnelte im Allgemeinen dem von Atezolizumab allein. Die Wissenschaftler meinen, dass Tiragolumab plus Atezolizumab aufgrund dieser Ergebnisse eine vielversprechende Kombination von Immuntherapien für die Behandlung von bisher unbehandeltem, lokal fortgeschrittenem inoperablem oder metastasierendem NSCLC sein kann.

Die Studie ist unter der Nummer NCT03563716 bei ClinicalTrials.gov registriert und wurde von der Genentech, Inc. finanziert.

Quelle:
  1. Harjunpää und Guillerey (2020): TIGIT as an emerging immune checkpoint. Clinical and Experimental Immunology, DOI: 10.1111%2Fcei.13407
  2. Roche, Pressemeldung, 30.03.2022
  3. Schlüssel (2021): Tiragolumab: Die erste Anti-TIGIT-Therapie. Gelbe Liste Online
  4. Cho et al. (2022): Tiragolumab plus atezolizumab versus placebo plus atezolizumab as a first-line treatment for PD-L1-selected non-small-cell lung cancer (CITYSCAPE): primary and follow-up analyses of a randomised, double-blind, phase 2 study. The Lancet Oncology, DOI: 10.1016/S1470-2045(22)00226-1

 

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