Rote-Hand-Brief zu Chlormadinonacetat und Nomegestrolacetat

Die Zulassungsinhaber chlormadinonacetat- und nomegestrolacetathaltiger Arzneimittel informieren über das Risiko für die Entwicklung eines Meningeoms nach der Behandlung mit den entsprechenden Medikamenten.

Rote-Hand-Brief

Die Zulassungsinhaber chlormadinonacetat- und nomegestrolacetathaltiger Arzneimittel informieren in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über Folgendes.

Zusammenfassung

  • Arzneimittel, die Chlormadinonacetat (5-10 mg/Tablette) oder Nomegestrolacetat (3,75-5 mg/Tablette) enthalten, sind nur dann angezeigt, wenn andere Maßnahmen als ungeeignet angesehen werden. Die Behandlung sollte auf die niedrigste wirksame Dosis und die kürzeste Dauer beschränkt werden.
  • Nach der Anwendung von Chlormadinonacetat oder Nomegestrolacetat besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Meningeomen (einzeln oder multipel), vor allem bei hohen Dosen über einen längeren Zeitraum. Das Risiko steigt mit der kumulativen Dosis.
  • Produkte, die Chlormadinonacetat oder Nomegestrolacetat enthalten, sind bei Patientinnen mit einem bestehenden Meningeom oder einem Meningeom in der Vorgeschichte kontraindiziert.
  • Die Patientinnen sollten in Übereinstimmung mit der klinischen Praxis auf Meningeome überwacht werden.
  • Wenn bei einer mit Chlormadinonacetat oder Nomegestrolacetat behandelten Patientin ein Meningeom diagnostiziert wird, muss die Behandlung dauerhaft eingestellt werden.

Über Chlormadinon und Nomegestrol

Die auf nationaler Ebene zugelassenen Arzneimittel und der Wortlaut der Indikationen sind in den einzelnen EU-Ländern unterschiedlich. In Deutschland sind lediglich niedrig dosierte chlormadinon- oder nomegestrolhaltige Arzneimittel zugelassen.

Indikationsgebiete

Zu den Anwendungsgebieten einer niedrigdosierten (2 mg) Chlormadinonacetat-Monotherapie gehören:

  • Zusatz zur Substitutionstherapie mit Estrogenen z. B. in der Postmenopause, bei Gonadendysgenesie
  • Sekundäre Amenorrhoe nach positivem Gestagentest
  • Dysfunktionelle Blutungen insbesondere nach der Menarche oder im Klimakterium, in anovulatorischen Zyklen, bei Follikelpersistenz
  • Unregelmäßige Zyklen und Menstruationsbeschwerden, z. B. Oligomenorrhoe, Polymenorrhoe, Hypermenorrhoe, Zwischenblutungen, prämenstruelle Schmierblutungen und Dysmenorrhoe
  • Mastodynie
  • Gestagentest zur Diagnostik

Chlormadinonacetat oder Nomegestrolacetat in niedriger Dosierung in Kombination mit einem Estrogen sind als hormonelle Verhütungsmittel zugelassen.

Über das Meningeom

Ein Meningeom ist ein seltener, meist gutartiger Tumor, der sich aus den Meningen bildet. Die klinischen Anzeichen und Symptome eines Meningeoms können unspezifisch sein und Sehveränderungen, Hörverlust oder Ohrensausen, Geruchsverlust, sich mit der Zeit verschlimmernde Kopfschmerzen, Gedächtnisverlust, Krampfanfälle oder Schwäche der Extremitäten umfassen.

Hintergrund zu den Sicherheitsbedenken

Vor Kurzem wurde in zwei französischen epidemiologischen Kohortenstudien ein kumulativer, dosisabhängiger Zusammenhang zwischen Chlormadinonacetat oder Nomegestrolacetat und Meningeomen beobachtet. Diese Studien basierten auf Daten der französischen Krankenkasse (CNAM) und umfassten eine Population von 828.499 Patientinnen für Chlormadinonacetat und 1.060.779 für Nomegestrolacetat. Die Inzidenz eines mittels Operation oder Strahlentherapie behandelten Meningeoms wurde verglichen zwischen Frauen, die hochdosiertem Chlormadinonacetat (kumulative Dosis >360 mg) oder hochdosiertem Nomegestrolacetat (kumulative Dosis >150 mg) ausgesetzt waren, und Frauen, die lediglich eine geringe Exposition gegenüber Chlormadinonacetat (kumulative Dosis ≤360 mg) oder Nomegestrolacetat (kumulative Dosis ≤150 mg) hatten.

Ergebnisse Chlormadinonacetat

Bei Patientinnen mit einer kumulativen Chlormadinonacetat-Exposition ≤360 mg wurde eine Inzidenz für das Auftreten eines Meningeoms von 6,8/100.000 Patientenjahre ermittelt. Bei Patientinnen mit einer kumulativen Dosis des Wirkstoffs >360 mg lag die Inzidenz bei 18,5/100.000 Patientenjahre (auf Grundlage des Alters bereinigte Hazard Ratio [HR] 4,4; 95%-Konfidenzintervall [KI] 3,4 bis 5,8).

Ergebnisse Nomegestrolacetat

Bei Patientinnen mit einer kumulativen Nomegestrolacetat-Exposition ≤150 mg wurde eine Inzidenz für das Auftreten eines Meningeoms von 7,0/100.000 Patientenjahre ermittelt. Bei Patientinnen mit einer kumulativen Dosis des Wirkstoffs >150 mg lag die Inzidenz bei 19,3/100.000 Patientenjahre (HR 4,5; 95%-KI 3,5 bis 5,7).

Anwendungsbeschränkungen

Angesichts dieser Daten sollte die Behandlung mit hochdosiertem Chlormadinonacetat oder hochdosiertem Nomegestrolacetat auf Situationen beschränkt werden, in denen alternative Maßnahmen als ungeeignet erachtet werden. Die Behandlung sollte auf die niedrigste wirksame Dosis und die kürzeste Dauer beschränkt werden.

Kontraindikation Meningeom

Es konnten keine neuen Sicherheitsbedenken hinsichtlich eines Meningeomrisikos im Zusammenhang mit der Anwendung von chlormadinonacetathaltigen Arzneimitteln in niedriger Dosierung (2 mg) oder nomegestrolacetathaltigen Verhütungsmitteln in niedriger Dosierung (2,5 mg) festgestellt werden. Da jedoch das Risiko eines Meningeoms mit zunehmender kumulativer Dosis von chlormadinonacetat- oder nomegestrolacetathaltigen Arzneimitteln ansteigt, sind niedrigdosierte Produkte bei Patientinnen mit bestehendem Meningeom oder einem Meningeom in der Vorgeschichte kontraindiziert und die Behandlung sollte bei Anzeichen und Symptomen eines Meningeoms dauerhaft eingestellt werden.

Aufforderung zur Meldung von Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an den Hersteller, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die entsprechende Arzneimittelkommission zu melden.

Weitere Informationen zu den Studienergebnissen sowie die Kontaktdaten der Zulassungsinhaber können dem beigefügten Rote-Hand-Brief entnommen werden.

PDF öffnenRote-Hand-Brief zu Chlormadinonacetat und Nomegestrolacetat

Autor:
Stand:
09.11.2022
Quelle:

Zulassungsinhaber chlormadinon- und nomegestrolhaltiger Arzneimitteln: Rote-Hand-Brief zu chlormadinon- und nomegestrolhaltigen Arzneimitteln

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