Phytopharmaka, Adsorbenzien und andere Substanzen

Phytopharmaka und Adsorbenzien haben bei der Behandlung des Durchfalls eine lange Tradition und werden zum Teil auch begleitend eingesetzt.

Kohle

Sie zählen traditionell gesehen zu den Klassikern der Durchfallbehandlung. Zu den Phytopharmaka der Durchfalbehandlung zählen die Uzarawurzel sowie Gerbstoffhaltige Pflanzen bzw. Pflanzenextrakte.

Adsorbenzien wie medizinische Kohle, (Apfel-)Pektin und Tannin-Eiweiß, auch kombiniert mit Ethacridinlactat werden nicht resorbiert, binden aber Wasser und andere Substanzen wie beispielsweise Toxine an ihrer Oberfläche. In Folgendem wird auf die verschiedenen Präparate eingegangen:

Uzarawurzel

  • Die Cardenolid-Glykoside Uzarin und Xysmalorin aus der Uzarawurzel (Uzara) sind chemisch betrachtet Verwandte der Digitalis-Glykoside.
  • Die glatte Muskulatur des Gastrointestinaltrakts (wie auch der ableitenden Harnwege und des Uterus) erschlafft unter ihrem Einfluss. Dadurch sollen Peristaltik und Stuhlfrequenz reduziert werden.
  • Darüber hinaus wird eine verminderte Sekretion von Wasser und Elektrolyten in das Darmlumen angenommen.
  • Wirkungen auf den Herzmuskel treten bei therapeutischen Dosierungen nicht auf. Dennoch darf es nicht gemeinsam mit herzwirksamen Glykosiden angewandt werden.

Gerbstoffhaltige Pflanzen(extrakte)

  • Die adstringierende Wirkung der Gerbstoffe soll zu einer Abdichtung der Schleimhäute bei akutem Durchfall führen.
  • Eingesetzt werden z.B. Heidelbeeren, Brombeerblätter und Frauenmantelkraut.
  • Extrakte der Eichenrinde wirken ebenfalls adstringierend sowie virustatisch.
  • Eine unterstützende Anwendung ist trotz Mangels an kontrollierten klinischen Studien möglich.

Pektin

  • Pektine (z.B. Diarrhoesan oder auch in Form von geriebenen Äpfeln oder Bananenbrei) können überschüssiges Wasser im Darm binden, wobei sie gelieren und für eine Verdickung des Darminhalts sorgen.

Ethacridin

  • Ähnlich wie Gerbstoffdrogen wirkt Ethacridin (in Kombination mit Tannin-Eiweiß z.B. in Tannacomp) adstringierend und führt so zu einer Abdichtung der Darmmukosa.
  • Kontaktallergien sind allerdings möglich und bei Überdosierungen auch Schleimhautschäden.

Medizinische Kohle (Aktivkohle)

  • Der poröse feinkörnige Kohlenstoff (z.B. Kohle-Compretten, Kohle-Hevert) besitzt eine große Oberfläche und wirkt adsorbierend.
  • Aktivkohle wird eingesetzt um Bakterien und Giftstoffe im Magen-Darm-Trakt zu binden und ist und ist ein altbewährtes Mittel, das auch für die Anwendung bei Kindern, Schwangeren und Stillenden geeignet ist.
  • Die Kohle wird nicht vom Körper aufgenommen, sondern zusammen mit den gebundenen Bakterien und Giftstoffen ausgeschieden.
  • Medizinische Kohle darf nicht bei fieberhaftem Durchfall zum Einsatz kommen.
  • Die Wirkung anderer Arzneimittel (CAVE: orale Kontrazeptiva!) kann durch medizinische Kohle herabgesetzt werden.

Studienlage

  • Kontrollierte klinische Studien sind kaum vorhanden.
  • Meist liegen nur Anwendungsbeobachtungen vor und eine Empfehlung kann nicht ausgesprochen werden.
  • Auch die Wirksamkeit von adsorbierend wirkenden Substanzen wie medizinischer Kohle oder Pektin konnte in klinischen Studien nicht abschließend nachgewiesen werden.
  • Gegen eine die Primärtherapie unterstützende Anwendung ist in der Regel nichts einzuwenden.
  • Insbesondere bei Adsorbenzien müssen jedoch pharmakokinetische Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln berücksichtigt werden.
Autor:
Stand:
09.10.2021
Quelle:
  1. Aktories K. et al., Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Elsevier, 12. Auflage 2017
  2. Hagel S. et al., S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen und Morbus Whipple, AWMF-Register-Nr.: 021-024, abgelaufen und derzeit in Überarbeitung
  3. Neubeck M., Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage 2021
  4. Sander M. und Gerlach K., S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), AWMF-Registrier-Nr.: 053-030
  5. Lübbert C. et al., Clostridium difficile infection – guideline-based diagnosis and treatment. Deutsches Ärzteblatt 2014; DOI: 10.3238/arztebl.2014.0723
  6. Brenner D.M. et al., Efficacy and safety of eluxadoline in patients with irritable bowl syndrome with diarrhea who report inadequate symptome control with loperamide: RELIEF Phase 4 Study. American Journal of Gastroenterology 2019, DOI: 10.14309/ajg.0000000000000327
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