Phytopharmaka Husten

Pflanzliche Hustenpräparate lassen sich häufig nicht klar als pro- bzw. antitussiv bezeichnen, denn die verwendeten Extrakte enthalten häufig gleich mehrere potenzielle Wirkstoffe.

Hustensaft pflanzlich

Wirkstoffgehalt und Eigenschaften der Präparate hängen von zahlreichen Faktoren ab, unter anderem der Herkunft der Pflanze, der Extraktionsmethode und dem Herstellungsverfahren, weshalb verschiedene Extrakte aus ein und derselben Pflanze nicht ohne Weiteres austauschbar sind.

Die Wirkung von Phytopharmaka ist komplex und weist häufig neben sekretolytischen Effekten auch antientzündliche, antitussive und antivirale Eigenschaften auf. Anders als für die meisten chemisch-synthetischen Hustenmittel liegen zu Eintritt und Dauer der Wirkung kaum Erkenntnisse vor.

Phytopharmaka zur Hustenlinderung werden in verschiedenen Arzneiformen angeboten. So stehen diverse Pflanzenextrakte und ätherische Öle in Form von Kapseln, Tabletten, Lösungen, Sirup, Einreibungen, Badezusätzen, Teeaufgüssen und Inhalationen zur Verfügung:

  • Ätherische Öle von Anis, Eukalyptus (Cineol), Myrte, Pfefferminz, Spitzwegerich und Thymian
  • Saponine, z.B. Efeuextrakt in Form von Monopräparaten oder als Kombinationspräparat z.B. mit Thymian
  • Glykoside (und Saponine) der Primelwurzel in Kombination mit Thymian
  • Schleimstoffdrogen wie Eibisch, Spitzwegerich, Isländisch Moos
  • Gerbstoffe der Kap-Pelargonie

Kap-Pelargonie

  • Auszüge aus den Wurzeln der Kap-Pelargonie (Pelargonium sidoides, Umckaloabo) wirken antibakteriell, antiviral und immunstimmulierend, was vor allem den vorhandenen Gerbstoffen zugeschrieben wird.
  • Tropfen, Tabletten oder Saft werden dreimal täglich eingenommen.
  • Die Selbstmedikation sollte auf drei Wochen begrenzt bleiben.
  • Umckaloabo kann bereits Kindern im Alter von einem Jahr verabreicht werden, jedoch sollten Kinder unter 6 Jahren nur unter ärztlicher Aufsicht behandelt werden.
  • Es gibt Berichte über Fälle von Leberschäden und Hepatitis. Die Häufigkeit ist allerdings nicht bekannt.
  • CAVE: Bei Pelargonium kann eine Verstärkung der blutverdünnenden Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten nicht ausgeschlossen werden.

Ätherische Öle

  • Bei Myrtol (z.B. GeloMyrtol) handelt es sich um ein Destillat aus einer Mischung von rektifiziertem Eukalyptusöl, rektifiziertem Süßorangenöl, rektifiziertem Myrtenöl und rektifiziertem Zitronenöl (Spezialdestillat ELOM-080).
  • Gelomyrtol forte ist als einzige pflanzliche Zubereitung sowohl für akute entzündliche Erkrankungen der Bronchien als auch der Nasennebenhöhlen zugelassen.
  • Die ätherischen Öle begünstigen den Abtransport von Schleim aus den Bronchien durch Stimulation der mukoziliären Reinigung. Darüber hinaus wirken sie entzündungshemmend und abschwellend.
  • 1,8-Cineol (Sinolpan forte, Soledum forte) ist zwar auch für beide Indikationen geeignet und wird als pflanzliches Arzneimittel mit Evidenz aufgeführt, doch gilt als isolierte Monosubstanz nicht als Phytopharmakon, da diese definitionsgemäß Vielstoffgemische sind.
  • Aufgrund mangelnder Erfahrungen sollte Myrtol bei Kindern unter 6 Jahren nicht angewendet werden.
  • Ätherische Öle sind auch in diversen Erkältungssalben enthalten, die zu einer subjektiven Erleichterung des Atmens führen können.
  • Bei Säuglingen und Kleinkindern sind sie jedoch aufgrund des Risikos für Atemstillstand oder Glottisödem kontraindiziert.

Thymian

  • Hauptinhaltsstoff Thymian-haltiger Hustenpräparate (Thymian vulgaris, Aspecton Hustensaft oder -tropfen, Soledum Hustensaft) ist das expektorierend, entzündungshemmend und spasmolytisch wirkende Thymol.
  • Thymianpräparate werden in der Regel dreimal täglich verabreicht, Kindern zwischen 2 bis 4 Jahren nur zweimal täglich.
  • In Fertigarzneimitteln lassen sich häufig Kombinationen mit Extrakten aus Efeublättern (Bronchipret Saft) oder Primelwurzel (Bronchicum Saft oder Tropfen) finden.
  • Thymian-Extrakte können allergische Reaktionen auslösen.
  • CAVE: Thymian kann zu einer Wirkungsabschwächung von Barbituraten (insbesondere Antiepileptika) und Pyrazolonen (z.B. Metamizol) führen

Efeu

  • Efeu-Extrakte (Hedera helix, Prospan; in Kombination mit Thymian Bronchipret) wirken expektorierend und spasmolytisch, aber auch haut- und schleimhautreizend.
  • Die Tagesdosis wird auf 2 bis 3 Einzeldosen verteilt.
  • Kinder unter einem Jahr sollten nur unter ärztlicher Aufsicht mit einem Efeu-Extrakt therapiert werden.

Eibisch, Spitzwegerich und Isländisch Moos

  • Die Schleimstoffdrogen kommen insbesondere als Demulzenzien z.B. in Form von Hustensirups oder Pastillen zur Anwendung.

Was gibt es bei der Anwendung zu beachten?

Bei der Anwendung von Phytotherapeutika müssen aufgrund der Komplexität Sicherheitsaspekte bedacht werden. Insbesondere ätherische Öle weisen unerwünschte Ereignisse wie Haut- und Schleimhautreizungen sowie Magen-Darm-Beschwerden auf. Bei einigen Personengruppen ist möglicherweise der Alkoholgehalt einiger Zubereitungen zu berücksichtigen (z.B. Kinder, Schwangere, Alkoholiker). Vorsicht ist besonders bei Kombinationspräparaten geboten, denn hier kann es naturgemäß vermehrt zu Nebenwirkungen kommen.

Studienlage der Phytopharmaka

Die Wirksamkeit zahlreicher Phytopharmaka auf Dauer und Intensität eines akuten Erkältungshustens ist in randomisierten Placebo-kontrollierten Studien nachgewiesen worden und die Datenlage ist laut S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie besser als für chemisch-synthetische Expektoranzien.

Grundsätzlich gelten Studienergebnisse zu Phytopharmaka nur für das getestete Präparat und lassen sich nicht verallgemeinern. Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen zu einzelnen pflanzlichen Wirkstoffen sind deshalb methodisch schwierig und weisen oftmals Mängel auf.

Schweregrad und Häufigkeit der Hustensymptome können verbessert werden

  • Studien zu verschiedenen ätherischen Ölen zeigen, dass diese neben Schweregrad und Häufigkeit der Hustensymptome unter anderem auch die Auswurfkonsistenz, Auskultationsbefund, Dyspnoe und Gesamtsymptomwerte der Patienten verbessern.
  • Die laut DEGAM-Leitlinie sehr geringe Studienqualität der Untersuchungen zu Efeu-Monopräparaten liefert trotz positiver Ergebnisse keine überzeugende Evidenz für eine Wirksamkeit bei akutem Husten.
  • Kombinationspräparate mit Thymian bzw. Thymian und Primel zeigten in Placebo-kontrollierten Studien zwar ihre Überlegenheit, der Stellenwert der Präparate ist jedoch aufgrund uneinheitlicher Beurteilungen als ungeklärt zu bewerten.
  • Moderate Evidenz für eine Wirksamkeit bezüglich Schwere und Frequenz der Hustensymptomatik konnte dagegen für Pelargoniumwurzelextrakt in Placebo-kontrollierten Studien gezeigt werden. Das Nutzen-Risiko-Verhältnis kann jedoch aufgrund einer möglichen Hepatotoxizität noch nicht abschließend beurteilt werden und die Droge ist deshalb nur bedingt zu empfehlen.

Keine Evidenz für Echinacea

  • Mehrere Studien wurden auch zu Echinacea durchgeführt. Eine Evidenz für die Wirksamkeit bei Husten zeigte sich nicht.
  • Für andere, zentral wirksame Phytopharmaka, wie z.B. Alkaloide aus der Mohnpflanze, gibt es trotz jahrhundertelanger Anwendung z.B. in der traditionellen chinesischen oder ayurvedischen Medizin aber auch in westlichen Ländern, keine kontrollierten Studien, die heutigen Standards entsprechen.
Autor:
Stand:
23.09.2021
Quelle:
  1. Aktories K. et al., Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Elsevier, 12. Auflage 2017
  2. Krüger K. et al., S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), AWMF-Registrier-Nr.: 053-013
  3. Kardos P. et al., S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten, 01/2019, AWMF-Register-Nr.: 020-003
  4. Landesapothekerkammer Hessen, Neues zum Thema Husten, LAK aktuell Mai 2019
  5. Neubeck M., Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage 2021
  6. Morice A. und Kardos P., Comprehensive evidence-based review on European antitussives, BMJ Open Respiratory Research 2016, DOI: 10.1136/bmjresp-2016-000137
  7. Kurzprotokoll der 84. Sitzung (13. Juli 2021) des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht nach §53 Absatz 2 AMG, www.bfarm.de
  8. DEGAM: S3-Leitlinie: Akuter und chronischer Husten
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