
Biosimilars sind wirtschaftlich und ökonomisch. Auch wenn sie nicht an die Einsparungen heranreichen können, die mit „echten Generika“ erzielt werden, ist ihr Wirtschaftlichkeits-Potential enorm. Aufgrund des sehr hohen Preisniveaus im biopharmazeutischen Sektor wirken sich selbst geringe Preissenkungen positiv auf das Gesundheitssystem aus. Das gilt insbesondere für Indikationen, bei denen Biologika als Therapeutika der ersten Wahl gelten. Fachleute prognostizieren für einzelne Klientelgruppen sogar hochsignifikante Einsparungen. Je häufiger Biosimilars anstelle von Originatormolekülen verordnet werden, umso stärker sinken die Kosten. Für eine konsequente Verordnung müssen jedoch die Voraussetzungen stimmen.
Biosimilar 2017 – ein Markt-Überblick
Biopharmazeutisch hergestellte Arzneimittel erzielten im Jahr 2017 einen Gesamtumsatz von 275 Milliarden US-Dollar (Herstellerabgabepreis). Der Umsatz mit Biosimilars machte dabei 520 Millionen Euro (Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Abzug von Rabatten bzw. Preisnachlässen) aus. Von 2016 zu 2017 haben Biosimilars ihren Marktanteil im Vergleich zum Vorjahr mit einem Plus von 95 Prozent nahezu verdoppeln können. Auslöser dafür war die Neueinführung von Infliximab-, Etanercept- und Rituximab-Biosimilars. Der Biosimilar-Markt in Deutschland rangiert im weltweiten Vergleich auf Platz 2 hinter den USA.1
Marktdurchdringung uneinheitlich
Die meisten Finanzexperten sind sich einig: Eine hohe und einheitliche Verordnung von Biosimilars sichert eine wirtschaftliche und effiziente Arzneimittelversorgung. Obwohl Deutschland diesbezüglich im internationalen Vergleich sehr weit vorn liegt, gibt es in vielen Regionen noch reichlich Luft nach oben. Die Marktdurchdringung von Biosimilars ist hierzulande nämlich sehr uneinheitlich. Gründe dafür gibt es viele. Mitunter sind Unterschiede in den Verordnungsanteilen aber auch nicht umfassend nachvollziehbar. „Bei Etanercept lagen die Anteile im Juli 2017 zwischen 12 Prozent in Brandenburg und 62 Prozent in Westfalen-Lippe“, führt Dr. rer. nat. Andreas Eberhorn, bis März 2018 Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Pro Biosimilars, als Beispiel an. Eberhorn weiter: „Diese Unterschiede lassen sich medizinisch natürlich nicht erklären.“2
Informationsintensität entscheidet über Verordnungszahlen
Fakt ist, verordnender Arzt und Patient müssen gleichermaßen von der Sicherheit, Qualität und Gleichwertigkeit eines Biosimilars überzeugt sein. Anderenfalls wird immer wieder auf das Original zurückgegriffen. Dagmar Wald-Eßler, Senior Manager Health Policy, Governmental Affairs bestätigt: „Neben dem Preis ist insbesondere die Einschätzung der Ärzte zu Qualität und Vergleichbarkeit von Biosimilars gegenüber Originalen entscheidend für den Einsatz von Biosimilars.“ Besonders hervorzuheben ist, dass der Erfolg der Biosimilars ausschließlich in der Hand des Arztes liegt. Im Vergleich zu niedermolekularen Generika ist der Austausch bzw. die Substitution von Biologika in Apotheken nicht zulässig. Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung und Krankenkassenverbände müssen also spezielle Strategien und Praktiken entwickeln, den Arzt entsprechend zu sensibilisieren. Permanenter fachlicher Austausch und fundierte Informationen geben Sicherheit im Umgang mit der Therapie-Alternative Biosimilar. Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, Facharzt für Innere Medizin und Vorsitzender der AkdÄ betont deshalb redundant und nachdrücklich: „Die in der Diskussion zum Einsatz von Biosimilars immer wieder als vermeintliche Nachteile von Biosimilars gegenüber den Referenzarzneimitteln geäußerten Bedenken sind unbegründet“. Neben der ärztlichen Aufklärung und Beratung sind gesundheitspolitische, nachhaltige Rahmenbedingungen in der Patientenversorgung entscheidend, um das wirtschaftliche Potential der Biosimilars umfänglich auszuschöpfen.
Kostenvorteile von Biosimilars
Nach Aussage des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kann die Verordnung von Biosimilars unnötige Kostenausgaben in Milliardenhöhe verhindern. Diese könnten wiederum für andere innovative Therapeutika verwendet werden. Eine entsprechende Statistik der Barmer Ersatzkasse von 2016 zeigt welche Einsparungen bei einer 100-prozentigen Umstellung auf Biosimilars hypothetisch zu erwarten sind. Bis zum Jahr 2021 prognostiziert die Barmer GEK einen rechnerischen Kostenvorteil für die Gesamtheit aller gesetzlichen Krankenversicherungen bei folgenden Wirkstoffen:
- Adalimumab: 977,41 Millionen Euro
- Etanercept: 794,82 Millionen Euro
- Interferon beta-1a: 783,27 Millionen Euro
- Trastuzumab: 710,36 Millionen Euro
- Infliximab: 524,95 Millionen Euro
- Rituximab 473,85 Millionen Euro. 3
Finanzielles Potential durch Wettbewerbsförderung ausschöpfen
In den letzten Jahren haben bereits viele führende Biologika ihren Patentschutz verloren. Bis 2020 läuft der Patentschutz weiterer umsatzstarker biopharmazeutischer Arzneimittel aus. Pharmafirmen wie Sandoz und Pfizer werden dies nutzen und ihr Produktportfolio an kostengünstigen Biosimilars weiter ausbauen. Die derzeitige positive Entwicklung muss erhalten und intensiviert werden. Bedarfsorientierte Quotenregelungen und regionale Zielvereinbarungen für die Verschreibung sind dabei wettbewerbspolitische Strategien, die jährlich anzupassen und sukzessive zu erhöhen sind. So gelingt es, Wirtschaftlichkeitsreserven freizusetzen und die Finanzierbarkeit der Krankenversicherungen (GKV wie PKV) nachhaltig zu stärken. Als besonders effiziente Programme werden derzeit folgende Beispiele hervorgehoben:
- Rheumavertrag der Techniker Krankenkasse auf Basis direkter Verträge mit Rheumatologen und speziellen Vergütungssystemen
- Biolike-Initiative der Barmer GEK, basierend auf Verträgen der Kasse mit Kassenärztlichen Vereinigungen über ein strukturiertes Arzneimittel-Management von Biologika und Biosimilars
- Pharmakotherapie-Workshop der KV Nordrhein zum Thema Biosimilars
- Außendienstmanagement der AOK Niedersachsen