
Nachdem die neue Coronavirus-Testverordnung am 30. Juni in Kraft trat, hatten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) gemeinsam in einem Brandbrief an den Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach gewandt.
Die neue Testverordnung beinhaltet die Einschränkung der Bürgertestungen auf zehn Fallgruppen als Anspruchsberechtigte. Die KBV und KVen kritisierten, dass diese Regelungen im Abrechnungsprozess, für den die KVen verantwortlich sind, nicht nachprüfbar seien und Betrug und normwidriges Verhalten begünstigten. Die Vereinigungen drohten mit einem Abrechnungsstopp, der nicht nur die testenden Arztpraxen, sondern auch andere Leistungserbringer wie Apotheken betroffen hätte. In einem Gespräch mit dem Gesundheitsminister einigten sich die Vorstände der KBV und KVen nun auf ein Verfahren.
KVen prüfen Abrechnungen rechnerisch
In einer gemeinsamen Erklärung der KBV und des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) heißt es, dass die KVen weiterhin die Auszahlungen sowie die Prüfung des Vorliegens einer Akkreditierung und der rechnerischen Richtigkeit der Abrechnungen übernehmen werden. Nach der Auszahlung werden die Daten der Testzentren an den Bund weitergeleitet, der für die Kontrolle der Plausibilität der durchgeführten Tests und Ergebnisse zuständig ist. Auffälligkeiten werden an die verantwortlichen Ordnungsbehörden der Kommunen weitergegeben. Diese benachrichtigen wiederum die KVen, falls eine Zahlungsrückforderung erfolgen soll.
„Wir kombinieren unbürokratische Verwaltung mit effektiver Kontrolle. (…) Betrug mit Bürgertests darf sich nicht mehr lohnen.“, so Lauterbach.
KVen nicht für Betrugsfälle verantwortlich
„Entscheidend ist, dass die KVen - solange an den Bürgertestungen festgehalten wird - für Betrugsfälle, denen falsche oder gefälschte Angaben von Getesteten oder Teststellen zugrunde liegen, weder verantwortlich sind noch dafür im Nachhinein verantwortlich gemacht werden.“, erklärt der KBV-Vorstand.
KV Nordrhein: Einigung war bitter nötig
Dr. med. Frank Bergmann Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO), begrüßt die Entscheidung von KBV und BMG: „Wir werten es als äußerst positiv, dass nun der Bund die Plausibilität der in der Testverordnung enthaltenen Voraussetzungen für einen Bürgertest prüfen wird. Rechtlich gesehen hätten sich die nordrheinischen Praxen ständig in einer Grauzone bewegt, wer sich unter welchen nachvollziehbaren Vorgaben testen lassen darf. Nicht zuletzt deswegen ist diese Einigung bitter nötig gewesen.“
Weiterhin Belastung für Arztpraxen
Die Einigung stößt jedoch nicht nur auf positive Kritik. Seitens des Deutschen Hausärzteverbandes heißt es vom Bundesvorsitzenden Ulrich Weigeldt: "Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind aus dem Schneider, die Ärztinnen und Ärzte vor Ort sind die Gelackmeierten. Das ist das Ergebnis der Einigung zwischen BMG und KBV.“
Zwar löse die Einigung das Problem der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für die KVen, das gelte allerdings nicht für die Ärztinnen und Ärzte vor Ort. Diese müssen in Zukunft Barkassen für die Eigenbeteiligung von drei Euro führen und die Anspruchsberechtigung beispielsweise durch das Vorzeigen von Eintrittskarten prüfen. „Diese Regelungen sind absurd, in der Praxis nicht durchführbar und belasten die sowieso schon sehr stark geforderten Hausarztpraxen noch weiter.“, so Weigeldt.