
Mit dem Fortschreiten der Impfkampagne gegen das Coronavirus wird die mögliche Aufhebung bestimmter Freiheitsbeschränkungen für Geimpfte und von COVID-19 Genesenen diskutiert. Bis zum Sommer soll ein digitaler Impfnachweis, zur Verfügung stehen, der EU-weit kompatibel sein wird.
Lockerungen für Geimpfte und Genesene
Beim Impfgipfel am 26. April 2021 stellten Kanzlerin Merkel und die Minister eine Lockerung der Corona-Regeln für Geimpfte und Genesene in Aussicht. So sollen diese beispielsweise beim Friseurbesuch keinen negativen Corona-Test vorzeigen müssen. Weiterhin soll die Quarantäne nach Einreise aus dem Ausland für Geimpfte entfallen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn kündigte an, dass der Bundesrat am 28. Mai final zu einem Vorschlag der Bundesregierung entscheiden werde, der die Rechte der Geimpften regelt.
Druck auf Regierung durch Lockerungen in einzelnen Bundesländern
Allerdings haben einige Bundesländer wie Bayern, Hessen, Brandenburg, Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen im Laufe der Woche nach dem Impfgipfel bereits Lockerungen für Geimpfte durchgesetzt. Aus diesem Grund sieht die Bundesregierung nun ein beschleunigtes Verfahren für eine bundesweite Verordnung vor.
Was ist mit Personen ohne Impfangebot?
Zu bedenken gilt jedoch, dass bisher noch nicht alle Menschen die Möglichkeit hatten sich impfen zu lassen. Noch Anfang Februar hatte sich der deutsche Ethikrat daher gegen eine individuelle Rücknahme der Freiheitsbeschränkungen für Geimpfte entschieden. Allerdings steht zur Diskussion, ob man die Einschränkung von Grundrechten für Geimpfte bei steigender Impfquote weiter rechtfertigen kann, weshalb einige Bundesländer die Lockerungen bereits umsetzen.
Aufhebung der Priorisierung im Juni
Aktuell erhält die dritte Priorisierungsgruppe ein Impfangebot. Jens Spahn erwartet, dass im Mai ein Drittel der Bevölkerung mindestens einmal geimpft sein werde, derzeit sind es 22,2% (18,5 Millionen) Erwachsene. Im zweiten Quartal werden zudem 80 Millionen Impfdosen erwartet. Bis zum 25. April erhielt die Bundesrepublik mit knapp 30 Millionen deutlich weniger Dosen.
Der Gesundheitsminister und auch die Kanzlerin gehen davon aus, dass daher im Laufe des Junis die Priorisierungen aufgehoben werden können, sodass sich anschließend jeder um einen Impftermin bemühen könnte. Bis alle, die wollen auch geimpft sind, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Spahn spricht von Impfungen bis in den Sommer hinein, die Kanzlerin sogar von Impfangeboten bis Ende des Sommers.
Gleichstellung von Geimpften, Genesenen und Getesteten
Die Kanzlerin erklärt, „dass da, wo als Zugangsberechtigung Schnelltests erwartet werden, Geimpfte und Genesene diese Tests nicht beibringen müssen.“ Ziel sei es allen Menschen alle Lebensmöglichkeiten schnellstmöglich wiederzugeben.
Wann gilt man als geimpft/genesen/getestet?
Als Geimpfte gelten Personen, die über einen vollständigen Impfschutz mit einem in der EU zugelassenen Impfstoff verfügen. Nach Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) bedeutet das je nach Impfstoff eine oder zwei Impfungen und ein Zurückliegen des letzten Impftermins von 14 Tagen.
Als Genesene gelten Personen, die ein mindestens 28 Tage und maximal 6 Monate zurückliegendes positives PCR-Testergebnis nachweisen können. In diesem Zeitraum kann man von einer ausreichenden Immunität ausgehen. Ein Nachweis von SARS-CoV-2-Antikörpern reicht nach jetzigem Stand nicht aus, um eine sichere Aussage über den langfristigen Immunschutz zu treffen.
Als Getestete gelten Personen, bei denen ein negativer PCR-Test oder ein negativer Antigen-Schnelltest durch geschultes Personal festgestellt oder ein negativer Antigen-Selbsttest durch geschultes Personal überwacht wurde.
Kontrolle durch digitalen Nachweis
Die Frage nach der Kontrolle des Status eines Getesteten, Geimpften oder Genesenen bleibt derzeit noch offen. Bis zum Sommer soll ein digitaler Impfnachweis zur Verfügung stehen. Dies geht auf einen Beschluss des Europäischen Rates von Ende Januar 2021 zurück, nachdem ein Impfnachweis für medizinische Zwecke auf nationaler Ebene entwickelt werden soll, der nach Vorgaben der EU-Kommission standardisiert und somit EU-weit kompatibel sein wird. Das BMG hatte daraufhin Anfang März die Entwicklung eines digitalen Impfnachweises über eine sogenannte Dringlichkeitsvergabe in die Wege geleitet.
Digitaler Impfpass und digitaler grüner Nachweis
Die EU-Kommission schlug am 17. März die Einführung des digitalen grünen Nachweises vor. Dabei handelt es sich nicht nur um einen digitalen Impfpass, sondern vielmehr um einen digitalen Nachweis, der speziell auf die Bedürfnisse in der Coronapandemie ausgerichtet ist. Dort sollen sowohl Nachweise für eine COVID-19-Impfung als auch negative Corona-Testergebnisse sowie die Genesung von einer Infektion mit SARS-CoV-2 hinterlegt werden können. In Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation will die EU-Kommission sicherstellen, dass die Nachweise auch außerhalb der EU anerkannt werden.
Wie genau der digitale Nachweis aussieht wird sich zeigen. Das BMG kündigt auf seiner Website die Entwicklung einer Impfpass-App ähnlich dem gelben Impfnachweis im Papierformat an, in dem alle Impfungen hinterlegt werden können. Noch unklar ist wie Angaben über eine COVID-19-Genesung und Testergebnisse in die Anwendung einfließen werden.
Wer stellt den digitalen Nachweis aus?
Den digitalen Nachweis können nationale Behörden wie Krankenhäuser, Testzentren oder Gesundheitsbehörden ausstellen. Es sind sowohl eine digitale Version als auch eine Papierfassung vorgesehen, die einen QR-Code sowie ein Echtheitssiegel aufweisen.
Erstellung auch durch Apotheken
Jens Spahn zufolge sollen mit einer erneuten Änderung des Infektionsschutzgesetzes künftig auch Apotheken die digitalen Impfnachweise für bereits Geimpfte ausstellen können. Dies gilt insbesondere, wenn Eintragungen aus dem gelben Impfausweis in die digitale Version übertragen werden sollen. Spahn sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Der digitale Impfpass muss für alle leicht zugänglich sein. (…) Mit Änderungen am Infektionsschutzgesetz wollen wir die Weichen dafür schon jetzt stellen, damit im Sommer möglichst viele den digitalen Impfpass auch nutzen.“ Der digitale Impfpass soll zwischen Mitte Mai und Ende Juni zur Verfügung stehen.