Seit Mitte Januar 2022 sind die vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und Robert-Koch-Institut (RKI) festgelegten aktuellen wissenschaftlichen Vorgaben maßgeblich für den Nachweis eines vollständigen Impfschutzes gegen das Coronavirus sowie den Genesenenstatus. Das RKI hatte nach Erhalt der Zuständigkeit kurzfristig die Gültigkeit der Genesenenzertifikate aufgrund vermehrter Reinfektionen mit der Omikron-Variante von sechs auf drei Monate verkürzt.
Verkürzte Gültigkeit sorgt für Kritik
Das Apothekenportal zur Ausstellung der COVID-19-Zertifikate musste daher zeitnah angepasst werden und so wurden seit Mitte Januar zahlreiche Genesenenzertifikate mit der verkürzten Gültigkeitsdauer ausgestellt. Die kurzfristige Änderung hatte für Verunsicherung und Kritik in der Öffentlichkeit und gesorgt.
RKI präzisiert Vorgaben
Das RKI präzisierte daraufhin die fachlichen Vorgaben für die Genesenennachweise und erklärte, die verkürzte Gültigkeit von 90 Tagen gelte nur für Personen, die weder vor noch nach der Infektion geimpft wurden. Genesenenzertifikate für geimpfte Personen sind wieder sechs Monate lang gültig.
Erneute Änderung im Apothekenportal
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat das Tool zur Zertifikaterstellung im Apothekenportal nun erneut angepasst. Die Genesenenzertifikate können nach Vorlage eines PCR-Testergebnissens sowie anderer Nachweise, die mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT) durchgeführt wurden, wieder mit einer Gültigkeit von 180 Tagen ausgestellt werden. Allerdings ist eine Differenzierung zu einer verkürzten Gültigkeit für ungeimpfte Personen derzeit nicht möglich. Das bedeutet, dass auch ungeimpfte Genesene ein Zertifikat mit einem Ablaufzeitraum von sechs Monaten erhalten.
Prüfung der Gültigkeit bei Kontrolle
Die tatsächliche Prüfung der Gültigkeit der Zertifikate müsse daher im Rahmen anlassbezogener Kontrollen über die Check-Apps erfolgen, erklärte der Vizepräsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) Mathias Arnold gegenüber »MDR Aktuell«. "Wir haben das Anfang der Woche umgestellt, weil wir die Geimpften nicht benachteiligen wollten, zum Beispiel bei Auslandsreisen, denn für sie gilt ja dieses sechsmonatige Zertifikat".
Erneute Ausstellung möglich
Die seit Mitte Januar ausgestellten Genesenenzertifikate mit einer Gültigkeit von 90 Tagen können sich geimpfte Genesene in der Apotheke neu ausstellen lassen. Arnold empfiehlt generell alle Impfungen und das Genesenenzertifikat in die Corona-Warn- oder CoVPass-App eintragen zu lassen, damit die Zertifikat- und Check-Apps alle Antigenkontakte nachvollziehen können. Die Kommunikation mit dem RKI sei in diesem Fall suboptimal gewesen. Arnold erläutert jedoch, dass sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf die COVID-19-Pandemie stündlich erneuerten und dann umgesetzt werden müssten. Dies nehme dann einige Tage in Anspruch. Die Apotheken trügen dafür aber keine Verantwortung, betont der ABDA-Vizepräsident.
Genesenenstatus wieder über Rechtssetzungsverfahren
Ministerpräsident Hendrik Wüst erklärte im Zuge einer Pressekonferenz nach dem Bund-Länder-Treffen am 16. Februar: „Wir brauchen Verlässlichkeit und Klarheit in der Pandemiepolitik. Das gilt auch bei Fragen wie derjenigen, wie viele Monate ein Mensch seinen Genesenenstatus beibehält. Das Hin und Her in den letzten Wochen war nicht gut, es hat viele Menschen verunsichert.“ Aus diesem Grund plane der Bund die Regeln zum Genesenenstatus künftig nicht mehr vom RKI sondern wieder in einem geordneten Rechtssetzungsverfahren festzulegen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hält eine Änderung für sinnvoll und will Entscheidungen wie die Verkürzung des Genesenenstatus künftig selbst treffen.
DAV schlägt Update der Apps vor
Anfang Februar wurde aufgrund einer neuen EU-Verordnung die Darstellung der Zertifikate für Genesene mit anschließender Impfung in den Apps angepasst, um den Nachweis ihres Impfstatus besser erkennbar zu machen. Für Personen mit einer Durchbruchsinfektion steht bisher jedoch keine vereinfachte Darstellung zur Verfügung. Im Rahmen der Diskussion um die Gültigkeit der Genesenenzertifikate plädiert der Deutsche Apothekerverband (DAV) daher für ein Update der Corona-Warn-App, das verschiedene Impf- und Genesenenzertifikate zu einem aktuellen und leicht prüfbaren Statusnachweis zusammenführen soll.
Durch die neuen Regelungen ergeben sich immer neue Fallkonstellationen beim Impf- und Genesenenstatus, die zu erneuten Anpassungen der gesetzlichen Vorgaben führen. Diese müssen dann im Apothekenportal und den Handlungshilfen umgesetzt werden. „Das schafft zusätzlichen Aufwand in den Apotheken und Verunsicherung bei vielen Patientinnen und Patienten“, erläutert der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich in einem Interview mit der neuen Osnabrücker Zeitung.
Anzahl der Antigenkontakte entscheidend
Einen weiteren Vorschlag zur vereinfachteren Darstellung des Immunstatus brachte die Gesellschaft für Virologie in einer Stellungnahme vor. So sollte nach Ansicht der Fachgesellschaft deutschlandweit eine einheitliche Regelung geschaffen werden, die Personen mit drei Antigenkontakten gleichsetzt, unabhängig davon, ob diese Kontakte auf einer Impfung oder Infektion beruhen. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten, dass nicht die Art, sondern die Anzahl der Antigenkontakte entscheidend sei, um qualitativ hochwertige Antikörper gegen SARS-CoV-2 zu bilden, die auch die Omikron-Variante wenigstens teilweise neutralisierten können.