Komorbiditäten bei chronischer Urtikaria

Die vorliegende Übersichtsarbeit beschreibt die häufigsten Komorbiditäten der chronischen Urtikaria. Hierzu zählen insbesondere Autoimmunerkrankungen, atopische Erkrankungen und psychiatrische Erkrankungen.

Urtikaria Haut

Chronischen Urtikaria durch Autoimmunmechanismen

Die CU (chronische Urtikaria) ist eine chronisch-entzündliche primär Mastzell-vermittelte Erkrankung, die durch die Entwicklung von Quaddeln und Angioödemen für mehr als 6 Wochen charakterisiert ist. Die Patienten leiden unter anderem an Juckreiz und Schmerzen, aber auch an Angst, Stress und Schlaflosigkeit.

Die Erkrankung betrifft etwa 1-5% der Weltbevölkerung und stellt damit eine erhebliche Krankheitslast dar. Es sind insbesondere Patienten zwischen 30 und 50 Jahren betroffen. Die Pathophysiologie ist nicht vollständig bekannt, es werden Autoimmunmechanismen vermutet. Unter anderem spielen die Typ-I-Autoimmunität, bei der die Mastzell-Aktivierung durch eine IgE-vermittelte Reaktion getriggert wird, und die Typ-IIb-Autoimmunität eine Rolle [1]. Bei der Typ-IIb-Autoimmunität führen v.a. IgG-Autoantikörper, die gegen IgE oder seine Rezeptoren gerichtet sind, zu einer Mastzell-Aktivierung.

Patienten mit chronischer Urtikaria weisen häufig Komorbiditäten auf

Atopische und psychiatrische Erkrankungen sind häufige prävalente Komorbiditäten bei der CSU (chronisch spontanen Urtikaria). Das vorliegende Review fasst die wichtigsten Komorbiditäten der CU zusammen [2].

CSU und Autoimmunerkrankungen

Etwa 30% der CSU-Patienten leiden an mindestens einer Autoimmunerkrankung. Am häufigsten sind hier Schilddrüsenerkrankungen (wie Hashimoto-Thyreoiditis, Hypothyreoidismus), Vitiligo, perniziöse Anämie, rheumatoide Arthritis, Psoriasis, Zöliakie und Diabetes mellitus Typ I zu nennen [3]. Spezifische CSU-Endotypen sind mit Autoimmunerkrankungen assoziiert. Daher könnte die frühe Diagnose und therapeutische Intervention dieser assoziierten Erkrankungen entsprechend den Leitlinien einen Vorteil bringen [4].

Chronische Urtikaria und atopische Erkrankungen

Atopische Erkrankungen sind die häufigsten Komorbiditäten bei Patienten mit CU. Dies trifft insbesondere auf Asthma, allergische Rhinitis, atopische Dermatitis und Lebensmittelallergien zu [5]. Zudem konnte gezeigt werden, dass atopische Dermatitis in der Kindheit ein Risikofaktor für eine nachfolgende CSU-Entwicklung ist [6].

Trotz der robusten epidemiologischen Assoziation zwischen CU und atopischen Erkrankungen, konnte bisher keine kausale Beziehung entdeckt werden. Dennoch wurde ein TH2-Endotyp bei CSU-Patienten, der mit hohen IgE-Leveln einhergeht und mit Typ I Autoimmunität assoziiert ist, vorgeschlagen [7].

CU und psychiatrische Erkrankungen

Psychiatrische Erkrankungen sind häufige Komorbiditäten bei CU. Hier sind vor allem Schlafstörungen, Ängste und Depressionen zu nennen. Die zu Grunde liegenden pathogenetischen Mechanismen sind unklar, obwohl über ein Zusammenspiel zwischen dem Immun- und dem zentralen Nervensystem berichtet wurde [8].

CU und Malignome

Die Assoziation zwischen CU und malignen Erkrankungen bleibt kontrovers. Neoplasma scheinen entsprechend einer Studie CU zu induzieren. Die Hypothese dahinter könnte sein, dass sie eine Immun-Dysregulation induzieren und zu einer Mastzelldegranulation führen könnten [9].

CU-Patienten scheinen ein erhöhtes Risiko für Karzinome, hämatologische Tumore und non-Hodgkin- Lymphome zu haben [10]. Andere Studien berichten über ein Sistieren der CU nach Chemotherapie oder Tumorentfernung. Dies hat die Frage aufgeworfen, ob die CU auch als paraneoplastisches Phänomen auftreten kann.  Ebenso wird ein Wiederauftreten der CU bei einem Tumorrezidiv beschrieben [11]. Andere Studien hingegen zeigten keine Assoziation zwischen Malignomen und CU [12].

CU und Hypertension, Hyperlipidämie, metabolischem Syndrom und kardiovaskulären Erkrankungen

Die Assoziation zwischen CU und kardiovaskulären Erkrankungen ist unklar und bedarf weiterer Forschung. Eine mögliche Hypothese wäre, dass durch die Veränderungen im Lipid-Stoffwechsel und einer ko-existierenden Obesitas eine Immunsystemdysregulation auftreten und dies zu Autoimmunerkrankungen führen könnte [13].

CU und weitere Komorbiditäten

CU-Patienten weisen eine erhöhte Prävalenz an entzündlichen Erkrankungen wie beispielsweise peptischen Ulcera, Hepatitis oder Parodontitis auf.

Fazit

CU ist mit diversen Komorbiditäten wie Autoimmunerkrankungen, psychiatrischen und atopischen Erkrankungen assoziiert. Es bleiben viele unbeantwortete Fragen, wie beispielsweise, ob therapeutische Interventionen bezüglich der Komorbiditäten auch die CU beeinflussen könnten und andersherum.

Autor:
Stand:
16.03.2023
Quelle:
  1. Konstantinou et al. (2013): EAACI Taskforce position paper: evidence for autoimmune urticaria and proposal for defining diagnostic criteria. Allergy, DOI: https://doi.org/10.1111/all.12056
  2. Papapostolou et al. (2022): Comorbidities of Chronic Urticaria: A glimpse into a complex relationship. Frontiers in Allergy, DOI: https://doi.org/10.3389/falgy.2022.1008145
  3. Kolkhir et al. (2017): Autoimmune comorbidity in chronic spontaneous urticaria: a systematic review. Autoimmunity Reviews, DOI:  https://doi.org/10.1016/j.autrev.2017.10.003
  4. Kolkhir et al. (2021): Autoimmune diseases are linked to type IIb autoimmune chronic spontaneous Urticaria. Allergy Asthma & Immunology Research, DOI: https://doi.org/10.4168/aair.2021.13.4.545
  5. Thomsen et al. (2017): Chronic urticaria in the real-life clinical practice setting in Sweden, Norway and Denmark: baseline results from the non-interventional multicentre AWARE study. Journal of the European Academy of Dermatology and Venereology, DOI: https://doi.org/10.1111/jdv.14210
  6. Kitsioulis et al. (2018): Assessment of atopic dermatitis as a risk factor for chronic spontaneous urticaria in a pediatric population. Allergy & Asthma Proceedings, DOI: https://doi.org/10.2500/aap.2018.39.4166
  7. Bracken, Abraham, MacLeod (2019): Autoimmune theories of chronic spontaneous Urticaria. Frontiers in Immunology, DOI: https://doi.org/10.3389/fimmu.2019.00627
  8. Ben-Shoshan, Blinderman, Raz (2013): Psychosocial factors and chronic spontaneous urticaria: a systematic review. Allergy, DOI: https://doi.org/10.1111/all.12068
  9. Varricchi et al. (2017): Are mast cells MASTers in cancer? Frontiers in Immunology, DOI: https://doi.org/10.3389/fimmu.2017.00424
  10. Chen et al. (2012): Cancer risk in patients with chronic urticaria: a population-based cohort study. Archives of Dermatology Research, doi: 10.1001/archdermatol.2011.682
  11. Napolitano, Patruno (2018):. Chronic urticaria can be caused by cancer and resolves with its cure. Allergy, DOI: https://doi.org/10.1111/all.13477
  12. Lindelöf et al. (1990): Chronic urticaria and cancer: an epidemiological study of 1155 patients. British Journal of Dermatology, DOI: https://doi.org/10.1111/j.1365-2133.1990.tb01449.x
  13. Vena, Cassano (2017): The link between chronic spontaneous urticaria and metabolic syndrome. European Annals of Allergy and Clinical Immunology, DOI: 10.23822/EurAnnACI.1764-1489.12
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