
Diabetes mellitus ist häufig mit Komorbiditäten vergesellschaftet. Dazu zählen unter anderem chronische Nierenerkrankungen. Das wirkt sich darauf aus, wie der Diabetes behandelt werden kann, denn: arbeiten die Nieren nicht mehr richtig, muss die Medikation eventuell angepasst werden. Die KDIGO (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) hat dazu neue Leitlinien herausgegeben und die zehn wichtigsten Take-Home-Messages formuliert.
1. Umfassende Betreuung
Diabetes mellitus in Kombination mit chronischen Nierenerkrankungen sollten möglichst umfassend betreut werden. Dazu zählen neben einer medikamentösen Therapie auch Lebensstilanpassungen wie eine gesunde Ernährung, Gewichtsmanagement und Rauchstopp sowie eine verbesserte kardiovaskuläre Einstellung mit Blutdruck, Blutfetten und Blutzucker.
2. Ernährung
Die Ernährung spielt sowohl für den Diabetes als auch für die Niere eine wichtige Rolle. Empfohlen werden 0,8 g Proteine pro kg Körpergewicht und Tag und weniger als 2 g Salz pro Tag. Die Nahrung sollte möglichst reich sein an Gemüse, Obst, Vollkorn, Fasern, Hülsenfrüchte, pflanzliche Proteine, ungesättigte Fettsäuren und Nüsse. Verarbeitetes Fleisch, raffinierte Kohlenhydrate und gesüßte Getränke sollten nur wenig konsumiert werden.
3. SGLT2-Inhibitoren
SGLT2-Inhibitoren reduzieren das Risiko für Herzversagen, eine Verschlechterung einer chronischen Nierenerkrankung und atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankungen deutlich. Deshalb sollten sie bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und einer chronischen Nierenerkrankung verordnet werden, solange die eGFR ≥20 ml/min/1,73m² ist. Sinkt die eGFR, nachdem der SGLT2-Inhibitor bereits angesetzt worden ist, kann das Arzneimittel auch bei niedrigerer eGFR noch weiter gegeben werden. Die positiven Effekte auf das Herz-Kreislauf-System und die Nieren entstehen auch bei bereits gut eingestelltem Blutzucker, sodass SGLT2-Inhibitoren unabhängig von der Diabeteseinstellung angewendet werden.
4. Metformin
Metformin gilt als sichere, effektive und kostengünstige Medikation bei Diabetes mellitus Typ 2, um den Blutzucker zu kontrollieren und Komplikationen des Diabetes zu reduzieren. Es kann bei bestehender chronischer Nierenerkrankung gegeben werden, solange die eGFR ≥30 ml/min/1,73m² ist.
5. Therapiemonitoring und Zielwerte
Bei Diabetes sollte der HbA1c kontrolliert werden. Welcher Wert als Ziel festgesetzt wird, sollte individuell entschieden werden. Normalerweise werden Werte zwischen <6,5% und <8,0% angesetzt. Aber Vorsicht: Die Zuverlässigkeit des HbA1c als Kontrollwert sinkt, je weiter eine chronische Nierenerkrankung fortschreitet. Vor allem bei dialysepflichtigen Patientinnen und Patienten können die Werte verfälscht sein. Hier können Systeme zur kontinuierlichen Blutzuckermessung (CGMs) hilfreich sein; ebenso kann es hilfreich sein, wenn Betroffene ihren Blutzucker selbst monitoren.
6. GLP-1-Rezeptoragonisten
Gelingt es mit Metformin und SGLT2-Inhibitoren nicht, den Diabetes gut einzustellen, werden langwirksame GLP-1-Rezeptoragonisten für Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und chronischer Nierenerkrankung empfohlen.
7. RAS-Blockade
Treten bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 oder Typ 2 Bluthochdruck und Albuminurie auf, sollten RAS-Inhibitoren in den Medikationsplan mit aufgenommen werden. Das können ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorblocker sein. Als Albuminurie gilt ein dauerhaftes Albumin zu Kreatinin-Verhältnis von mehr als 30 mg/d. Der RAS-Inhibitor sollte bis zur maximal tolerierten oder erlaubten Dosierung angewendet werden. Vorsicht: Serumkalium und Kreatinin müssen nun regelmäßig kontrolliert werden.
8. Nicht-steroidale Mineralcorticoid-Antagonisten
Auch nicht-steroidale Mineralcorticoid-Antagonisten können bei Diabetes mellitus Typ 2 und dauerhafter Albuminurie hilfreich sein. Sie senken das Risiko, dass eine chronische Nierenerkrankung fortschreitet und kardiovaskuläre Ereignisse auftreten. Bei Typ-2-Diabetes werden sie ab einem Albumin-Kreatinin-Verhältnis von ≥30 mg/d im Urin empfohlen, wenn weiterhin normale Serumkaliumwerte vorliegen. Serumkalium und Kreatinin müssen auch hier regelmäßig kontrolliert werden.
9. Managementansätze
Betroffene Patientinnen und Patienten sollten im Team betreut werden. Dazu zählen regelmäßige Überprüfungen, Kontrolle verschiedener Risikofaktoren und eine strukturierte Patientenedukation, damit Betroffene lernen, ihre Nieren eigenständig zu schützen und das Risiko für Komplikationen zu verringern.
10. Forschungsempfehlungen
Es gibt nur wenig Daten dazu, wie ein Diabetes bei Nierenversagen optimal behandelt werden sollte. Deshalb wird empfohlen, in zukünftigen Studien hierauf einen Schwerpunkt zu legen und auch Dialyse und Transplantationen mit einzubeziehen.