Gastrointestinale Symptome bei Long-Covid möglich

Zu den Langzeitfolgen einer Infektion mit SARS-CoV-2 (Long-Covid) könnten einer Studie zufolge auch gastrointestinale Manifestationen wie gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) und Magengeschwüre gehören. Sie scheinen insgesamt aber selten zu sein.

Magenschmerzen

Hintergrund

Mittlerweile haben sich typische Beschwerden bei Long-Covid herauskristallisiert. Zu den häufigen Symptomen zählen Atemwegsprobleme und rasche Erschöpfbarkeit als Zeichen einer noch nicht vollständig regenerierten Lungenfunktion. Beim sogenannten „Brain Fog“ werden Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, aber auch Schlafstörungen beschrieben.

Ebenso können psychische Probleme wie depressive Symptome und ein verstärktes Angstempfinden auf eine Beteiligung des Gehirns hindeuten. Riech- und Geschmacksstörungen sprechen für eine nicht abgeschlossene Heilung des Riechepithels.

Eine neue US-amerikanische Studie zeigte, dass auch gastrointestinale Beschwerden mit Long-Covid assoziiert sein können. Die Ergebnisse wurden in „Nature Communications“ publiziert [1].

Daten von mehr als 11 Millionen Veteranen ausgewertet

Ein Team um Ziyad Al-Aly von der Washington University in St. Louis untersuchte eine Gruppe von 154.068 Personen, die im ersten Pandemiejahr an Covid-19 erkrankt waren, hinsichtlich des Risikos von gastrointestinalen Symptomen im Jahr nach der Coronaerkrankung. Als Vergleich dienten zwei Kontrollkohorten aus rund 5,6 Millionen Veteranen, die sich 2020 nicht mit SARS-CoV-2 infiziert hatten, und aus 5,8 Millionen Veteranen aus der vorpandemischen Zeit. Alle Daten entstammten den nationalen Gesundheitsdatenbanken des US-amerikanischen „Department of Veterans Affairs“.

Häufig gestellte gastrointestinale Diagnosen

An Covid-19 erkrankte Menschen, die die ersten 30 Tage überlebten, wiesen ein erhöhtes Risiko für Magen-Darm-Erkrankungen auf, schreibt das Autorenteam. Folgende Diagnosen wurden häufiger gestellt:

Gastrointestinale Störungen bei Long-Covid möglich, aber selten

Die zusätzliche Krankheitslast („burden of disease“) lag nach den Berechnungen der Forschenden bei 17,37 Erkrankungen auf 1.000 Covid-19-Patienten. Das absolute Risiko, im Rahmen von Long-Covid eine gastrointestinale Erkrankung zu entwickeln, läge demnach im Bereich von 1–2%. Damit sind Magen-Darm-Pathologien als langfristige Folge nach einer SARS-CoV-2-Infektion möglich, wenn auch selten. Das erfordere Strategien für die Long-Covid-Behandlung, die auch gastrointestinale Manifestationen berücksichtigen, so Al-Aly und Team.

Auffällig veränderte Laborparameter nach Covid-19

Darüber hinaus detektierten die Forschenden nach einer Covid-19-Erkrankung häufiger auffällige Laborwerte. Dazu gehörten:

  • Gerinnungsparameter wie eine verlängerte Prothrombinzeit (HR 1,61) und verlängerte partielle Thromboplastinzeit (HR 1,49) sowie eine erhöhte INR (HR 1,48)
  • erhöhte Leber-Gallenwerte wie Alanin-Transaminase (HR 1,25), Gamma-GT (HR 1,30), alkalische Phosphatase (HR 1,28) oder Gesamtbilirubin (HR 1,22)
  • das C-reaktive Protein (HR 1,63)
  • das Pankreasenzym Lipase (HR 1,49)

Erklärungsversuche

Als Ursache der gastrointestinalen Manifestationen wurden mehrere Hypothesen diskutiert. So könnte eine Dysbiose des Darmmikrobioms, die Persistenz von SARS-CoV-2 an immunprivilegierten Stellen und die anschließende chronische Entzündung zu Organschäden führen. Denkbar wären auch Autoimmunmechanismen und Gewebeschäden in der akuten Phase, die zu klinischen Folgeerscheinungen in der postakuten Phase der Krankheit führen.

Andere mutmaßliche Mechanismen könnten mit dem Angiotensin-konvertierenden Enzym 2 (Angiotensin-converting enzyme 2 [ACE2]) zusammenhängen, das konstitutiv an der Bürstengrenze der Dünndarmschleimhaut und verschiedenen anderen gastrointestinalen Zelltypen exprimiert wird, so das Forscherteam.

Zudem würden sich die Hinweise verdichten, dass:

  • SARS-CoV-2 einen Tropismus zu Leber und anderen gastrointestinalen Geweben aufweist.
  • virale Antigene in gastrointestinalen und hepatischen Geweben verbleiben.
  • SARS-CoV-2 in Reservoirs des Gastrointestinaltrakts persistiert und sich in der postakuten Phase der Krankheit im Blinddarm repliziert.
  • das Darmmikrobiom bei Menschen mit Long-Covid verändert ist.

Einschränkungen der Studie

Mit der epidemiologischen Untersuchung kann eine Kausalität nicht sicher belegt werden. Ein häufiger Bias ergibt sich daraus, dass Covid-19-Patienten nach der Diagnose öfter auf andere Krankheiten hin untersucht werden. Zudem sind Fehlklassifizierungen und Restverfälschungen nicht vollständig auszuschließen.

Außerdem ist unklar, wie sich die Zusammenhänge von postakuten gastrointestinalen Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion während der Omikron-Welle und der zunehmenden Verbreitung von Impfstoffen und Virostatika entwickelt haben, heißt es in der Studienpublikation.

Autor:
Stand:
14.03.2023
Quelle:

Xu, E. et al. (2023): Long-term gastrointestinal outcomes of COVID-19. Nature Communications, DOI: 10.1038/s41467-023-36223-7.

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