
Hintergrund
Ein Forscherteam um Frida Nikesjö von der Universität Linköping in Schweden untersuchte die DNA von Long-Covid-Patienten auf epigenetische Biomarker. Bereits im letzten Jahr wurden charakteristische Veränderungen im DNA-Methylierungsstatus (DNAm) bei Genesenen nach einer akuten Corona-Infektion entdeckt [1]. Unbekannt war bislang, ob auch Post-/Long-Covid mit derartigen Auffälligkeiten assoziiert ist. Die Arbeitsgruppe identifizierte tatsächlich eine einzigartige DNAm-Signatur, die sich von coronanaiven Menschen und genesenen Personen unterschied. Die Ergebnisse der Studie sind im Wissenschaftsjournal „Clinical Epigenetics“ erschienen [2].
Vergleich von Genesenen, Nichtinfizierten und Long-Covid-Betroffenen
Ziel der Studie war es, epigenetische Unterschiede zwischen Post-Covid-Betroffenen, Covid-19-Genesenen und noch nie mit SARS-CoV-2 Infizierten zu finden. Dafür analysierten die Forschenden DNA-Anhänge der mononukleären Blutzellen von zehn Post-Covid-PatientInnen, deren Symptome mehr als zwölf Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion anhielten. Die Ergebnisse verglichen sie mit Proben von genesenen und coronanaiven Kontrollpersonen. Die Daten der Kontrollgruppen stammten aus früheren Studien.
Signifikante epigenetische Unterschiede im DNA-Methylierungsstatus
Zwischen den drei Gruppen fanden sich signifikante epigenetische Unterschiede im DNA-Methylierungsprofil (DNAm) der peripheren mononukleären Blutzellen. Hierzu zählen vor allem Lymphozyten und Monozyten. Verglichen mit den SARS-CoV-2-naiven Kontrollpersonen wiesen Post-Covid-Betroffene 98 zusätzliche Methylanlagerungen an ihrer DNA auf, im Vergleich zu den Genesenen waren es sogar 197 zusätzliche Methylgruppen. Viele dieser Veränderungen ließen sich spezifischen, mit Covid-19-verbundenen Genen und Signalwegen zuordnen.
Betroffene Erbgutregionen sind mit Post-Covid-Symptomatik assoziiert
Zu den betroffenen Erbgutregionen gehörten Gene, die die Expression des Angiotensin-2-Rezeptors (ACE2) regulieren – die Stelle, die SARS-CoV-2 für den Eintritt in die Zelle nutzt.
Darüber hinaus waren muskarinische Rezeptoren und Histamin-Signalwege betroffen. Die von den Muskarinrezeptoren regulierten Signalwege sind an der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung beteiligt. Dass Histamine bei Post-Covid eine Rolle spielen wird ersichtlich, da Antihistaminika häufig zu einer Symptomverbesserung führen. Dies konnte bereits in einer anderen Studie gezeigt werden [3].
Erschöpfung bei Post-Covid infolge mitochondrialer Dysfunktion
Andere Veränderungen betrafen Protein-Protein-Interaktionsnetzwerke, die die Vesikelbildung und die mitochondriale Funktion beeinflussen. Letzteres ist besonders in Bezug auf die oft starke Ermüdbarkeit bei Post-Covid interessant.
Schon frühere Untersuchungen hätten gezeigt, dass Mitochondrien bei PatientInnen mit chronischem Erschöpfungssyndrom Funktionseinschränkungen aufweisen, sagt Maria Lerm, Professorin für medizinische Mikrobiologie am Department of Biomedical and Clinical Sciences an der Universität Linköping. Die epigenetischen Veränderungen könnten die Fatigue-Symptomatik erklären, an der viele Post-Covid-Betroffene leiden [4].
Die Forschenden hoffen, dass ihre Erkenntnisse zur Entwicklung neuer Diagnoseinstrumente beitragen, um das Post-Covid-Syndrom und ähnliche Erkrankungen zu erkennen. Noch fehlen solche Testmethoden.