
Mehr als 90% der Kopf-Hals-Tumoren sind Plattenepithelkarzinome (head and neck squamos cell carcinomas /HNSCC). HNSCC sind die sechsthäufigste Tumorart weltweit. Bisherige Therapien umfassten chirurgische Interventionen, Chemotherapie, Radiotherapie, Radiochemotherapie und den Einsatz von Cetuximab, einem monoklonaler Antikörper gegen den Epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR). Professor Dr. Ulrich Keilholz, Direktor des Charité Comprehensive Cancer Center, stellte in seinem Vortrag auf dem ESMO Kongress 2018 in München die Entwicklung der Therapieoptionen in den vergangenen Jahren dar und zeigte Ansätze für neue Therapiestrategien auf.
Therapieprotokoll 2014
Bei rekurrierenden oder metastasierenden Tumoren wurde die Erstlinienbehandlung mit einer Induktionschemotherapie eingeleitet und mit einer Radiochemotherapie oder einer Radiotherapie in Kombination mit Cetuximab ergänzt. Die Responserate bei der Chemotherapie betrug 70-80%. Mit der kombinierten Radiotherapie konnten je nach Studie Heilungsraten von 30%-80% erreicht werden. Die mediane Gesamtüberlebenszeit betrug bei der Erstlinienbehandlung 10 Monate, bei einer Zweitlinienbehandlung 5 Monate.
Therapieprotokoll 2016
Nachdem man die Induktionschemotherapie ersatzlos gestrichen hatte, konnte allein mit der kombinierten Radiotherapie bei gleichbleibenden Heilungsraten die mediane Gesamtüberlebenszeit sogar verlängert werden: Bei der Erstlinienbehandlung auf 14 Monate und bei der Zweitlinienbehandlung auf 7-9 Monate.
Wie geht es weiter?
Der nächste Schritt könnte darin bestehen, dass die kombinierten Radiotherapien durch neue zielgerichtete immunoonkolgische Behandlungen(z.B. mit Nivolumab, Durvalumab, Avelumab, Atezolizumab) als Monotherapeutika oder in Kombination mit synergistischen Wirkstoffen abgelöst werden. Aktuelle Studien ermutigen zu diesem Schritt. Allerdings ist eine insgesamt systematischere und präzisere Herangehensweise an die Entwicklung der neuen Therapiestrategien nötig fordert Kleinholz und erklärt: In vielen Studien wurden beispielsweise die Patientengruppen nicht ausreichend spezifisch ausgewählt. So wurden die Ergebnisse hinsichtlich der Wirksamkeit der spezifischen Wirkstoffe verfälscht
Vorschlag für eine systematische Weiterentwicklung
Keilholz schlägt folgende Punkte für eine systematische Weiterentwicklung gezielter Therapiestrategien vor:
- Die Grundvoraussetzung ist, dass die klinischen Studien auf den Krankheitsentitäten basieren müssen.
- Der Einfluss der Biologie und die Heterogenität der Krankheit müssen spezifisch analysiert werden.
- Anhand von Prädiktoren müssen die Behandlungsstrategien an die Krankheitscharakteristika angepasst werden.
- Tumor- und patientenabhängige Faktoren können die Wirkweise von Therapien beeinflussen und ihre Wirksamkeit beeinträchtigen. Diesen Faktoren ist, zum Beispiel durch gezielte Kombinationen synergistischer Wirkstoffe, entgegenzutreten.
Das Ziel dieser Punkte ist die Entwicklung und Etablierung einer personalisierten Präzisionsmedizin zur Therapie von Kopf-Hals-Tumoren.