Sinusitis (akut)

Die akute Sinusitis, auch Nebenhöhlenentzündung, ist eine vorwiegend viral bedingte Infektion, die in den meisten Fällen selbstlimitierend verläuft. Prädisponierende Faktoren können u. a. anatomische Fehlbildungen der Nase oder ein geschwächtes Immunsystem sein.

ICD-10 Code
Sinusitis

Definition

Die Sinusitis ist eine Entzündung der Nasennebenhöhlenschleimhaut. Häufig synonym verwendet wird der Begriff Rhinosinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung), da die betroffenen Schleimhäute sowohl die Nase als auch die Nasennebenhöhlen auskleiden.

Eine Sinusitis wird in den meisten Fällen durch Viren, selten durch Bakterien oder Pilze hervorgerufen. Leitsymptome sind die nasale Obstruktion, die Rhinorrhoe sowie ein Druckgefühl oder Schmerz über der betroffenen Nasennebenhöhle.

Aufgrund klinischer Unterschiede kann die Sinusitis in die akute, subakute, akut rezidivierende und chronische Sinusitis eingeteilt werden. Bei der akuten Sinusitis kommt es zu einem plötzlichen Krankheitsbeginn, die Symptome bleiben weniger als 4 Wochen bestehen und bilden sich danach vollständig zurück. Die subakute Sinusitis dauert weniger als 12 Wochen.

Von einer akut rezidivierenden Sinusitis spricht man, wenn mindestens 4-mal in einem Jahr eine akute Sinusitis auftritt, die mindestens 7 Tage anhält. Bei der chronischen Sinusitis halten die Beschwerden über 12 Wochen oder länger an und es können Polypen auftreten [1].

Epidemiologie

Eine akute Sinusitis ist in der Regel selbstlimitierend und viele Patienten therapieren sich selbst mit rezeptfreien Arzneimitteln. Daher lässt sich die Inzidenz schlecht abschätzen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Sinusitis eine Erkrankung mit hoher Prävalenz ist. Es wird geschätzt, dass Erwachsene 2 bis 5-mal und Schulkinder 7 bis 10-mal im Jahr eine akute virale Rhinosinusitis durchmachen [2].

Die akute Sinusitis hat laut des European Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps (EPOS) 2020 eine Ein-Jahres-Prävalenz von 6-15% und tritt zumeist in Folge einer viralen Erkältung auf. In 0,5-2 % der akuten Form handelt es sich um eine bakterielle Sinusitis.

Von einer chronischen Sinusitis sind 5-12% der Gesamtbevölkerung betroffen. Die Prävalenz für die chronische Sinusitis bei Kindern wird mit 4 % geschätzt [2].

Zu den Risikofaktoren gehören [1]:

  • Anatomische Defekte wie Septumdeviationen, Polypen, Conchae bullosa, Traumata und Frakturen, die die Nasennebenhöhlen oder den sie umgebenden Gesichtsbereich betreffen
  • Gestörter Schleimtransport durch Krankheiten wie Mukoviszidose, Ziliendyskinesie Immunschwäche durch Chemotherapie, HIV, Diabetes mellitus etc.
  • Aufenthalt auf einer auf Intensivstation mit längerer Rückenlage, die die mukoziliäre Clearance beeinträchtigt.
  • Rhinitis medicamentosa, toxische Rhinitis, nasaler Kokainmissbrauch, Barotrauma, Fremdkörper
  • Ausgetrocknete Schleimhaut nach längerer Sauerstoffapplikation
  • Patienten mit nasogastraler oder nasotrachealer Sonde

Ursachen

Der Sinusitis geht häufig  eine Erkältung oder Grippe voraus.

Die akute Rhinosinusitis wird in den meisten Fällen durch Atemwegsviren wie Rhino-, Influenza- und Parainfluenzaviren sowie durch Adenoviren, dem RS-Virus (Respiratory Syncytial Virus), Coronavirus und Enterovirus hervorgerufen. Bei Erwachsenen verursachen am häufigsten Rhino- und Coronaviren eine Sinusitis [2]. Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis sind die häufigsten Erreger  einer akuten bakteriellen Sinusitis [2].

Neben Viren und Bakterien können auch Pilze eine Sinusitis auslösen das betrifft meist immungeschwächte Patienten.

Auch Allergene oder physikalische und chemische Reize, wie verschmutzte Luft, Rauch oder Staub begünstigen die Entstehung einer Sinusitis [1].

Pathogenese

Die akute Atemwegsinfektion führt zur Ödembildung und vermehrten Schleimproduktion. Die Schleimhäute schwellen an, es kommt zur Obstruktion der Ostien und Beeinträchtigung der mukoziliären Clearance. Das führt zu einem Sekretstau in den Nebenhöhlen und begünstigt Superinfektionen.

Betroffen sind vor allem die Kieferhöhlen und die Siebbeinzellen, seltener Stirn- oder Keilbeinhöhle.

Histopathologie

Gewebe- und Kulturergebnisse zeigen [1]:

  • 15% der Aspirate enthalten Viren
  • Streptococcus pneumoniae 3%, Haemophilus influenzae 21%, Anaerobier 6%, Staphylococcus aureus 4%, Streptococcus pyogenes 2 %, Moraxella 2%
  • Bei chronischer Entzündung: S. aureus 20%, Anaerobier 3%, S. pneumoniae 4%, multiple Organismen 16%
  • Die Pilzinzidenz beträgt 2% bis 7%, am häufigsten wird Aspergillus nachgewiesen, betroffen von Pilzinfektionen der Nebenhöhlen sind vor allem immungeschwächte Patienten.

Symptome

Bei einer Sinusitis treten folgende typische Symptome auf:

  • Schmerzen und Stauungsgefühl im Gesichtsbereich
  • Vermehrte Nasensekretion
  • Kopfschmerzen
  • nasale Obstruktion
  • Eitriger Schnupfen
  • Anteriore und/oder posteriore Sekretion (nasaler Drip)
  • Einschränkung bis Verlust des Geruchssinnes
  • Husten (häufig bei Kindern)
  • Fieber

Diagnostik

Die Sinusitis wird bevorzugt anhand von und klinischer Untersuchung gestellt.

Patienten fallen durch eine verstopfte Nase, Nasenausfluss, Gesichtsschmerzen oder Druckgefühl, sowie eine Geruchsminderung bis Verlust auf. Als charakteristisch für die Entzündung des Erwachsenen gelten zwei oder mehr Symptome.  Eines davon sollte nasale Blockade/Obstruktion/Kongestion oder Nasensekretion sein. Dazu können Schmerzen/Druckgefühl im Gesicht oder Minderung/Verlust des Geruchssinns kommen Für die Diagnose braucht man dann noch endoskopische Hinweise (z.B. Polypen, mukopurulentes Sekret, Ödem) und/oder sichtbare Schleimhautveränderungen in der CT [2].

Goldstandard der bildgebenden Verfahren in der Diagnose von Erkrankungen der Nase ist die CT, sie hilft insbesondere bei chronischer Sinusitis, anhaltenden Symptomen trotz Behandlung oder beim Auftreten von Komplikationen, evtl kann auch eine MRT durchgeführt werden. Bei akuter Sinusitis wird die CT nicht empfohlen [2].

Konventionelle Röntgenaufnahmen sind nicht länger indiziert [2].

Abstriche aus der Nase zur mikrobiologischen Untersuchung werden in der Regel nicht durchgeführt und empfohlen. Bei Verdacht auf eine bakterielle oder Pilzsinusitis, sowie bei chronischer Sinusitis kann eine Probenentnahme indiziert sein [1].

Wesentliche Erkrankungen, die in der Differentialdiagnostik oder als Komplikationen der Sinusitis einbezogen werden sollten, sind [1,2]:

  • Infektion der oberen Atemwege
  • allergische Rhinitis
  • Zahnerkrankungen
  • Vaskuläre Kopfschmerzen, Spannungskopfschmerzen
  • Gesichtsschmerzsyndrome
  • Hirnabzess, Epiduralabzess
  • Subdurales Empyem
  • Fehlbildungen (z. B. Ziliendyskinesien, Mukoviszidose)
  • Mechanische Ursachen (wie z. B. Fremdkörper, Polypen)
  • Sekundäre Rhinitis/Rhinosinusitis (z. B. M. Wegener, Sarkoidose)
  • Spezifische Infektionen (wie z.B. Meningitis)

Therapie

Die Therapie richtet sich nach den bestehenden Symptomen. Dabei wird zwischen einer Behandlung der akuten und der chronischen Sinusitis unterschieden.

Akute Sinusitis

Die akute Sinusitis heilt in den meisten Fällen ohne Behandlung problemlos vollständig aus. Nach 7- 10 Tagen kommt es häufig zu einer Symptombesserung [3]. Es ist allerdings sinnvoll den Sekretstau in den Nasennebenhöhlen aufzulösen und somit für eine verbesserte Nasenatmung zu sorgen. Dadurch werden Komplikationen vermieden und die Lebensqualität der Patienten verbessert.

Lokale oder systemische Dekongestiva werden in der akuten Phase häufig eingesetzt, um eine bessere Belüftung zu erreichen. Die Dauer der topischen Anwendung sollte sich auf maximal drei Tage beschränken. Eine orale Gabe für einen kurzen Zeitraum von 3 bis 5 Tagen kann für Patienten nützlich sein, wenn die Funktion der eustachischen Röhre gestört ist. Kontraindikationen und unerwünschte Nebenwirkungen sind zu beachten [3].

Eine Nasenspülung mit Kochsalz, hypertone oder isotone Nasensprays sowie das Inhalieren von Dampf werden ebenfalls eingesetzt. Sie führen beim Patienten zu einem vorübergehenden Gefühl der Symptomlinderung [2,3]. Einige freiverkäufliche Phytopharmaka beeinflussen die Symptome einer akuten Rhinosinusitis signifikant positiv.

Die Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika oder Paracetamol wird in der akuten Phase bei bestehenden Schmerzen, wie Kopf-, Ohren-, Muskel- und Gelenkschmerzen empfohlen.

Antihistaminika verbessern zwar die Symptome zu Beginn der Erkrankung, allerdings haben sie keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Obstruktion, den Schnupfen oder die Rhinorrhoe. Zusätzlich müssen die Nebenwirkungen von oralen Antihistaminika beachtet werden.

Ipratropiumhaltige Nasensprays reduzieren die Rhinorrhoe, haben aber wohl keinen Einfluss auf das Symptom der verstopften Nase [2,3].

Antibiotika können bei einer akuten bakteriellen Sinusitis verschrieben werden, wenn sich die Symptome verschlechtern oder sich innerhalb von 7 Tagen nach der Diagnose durch einen Arzt keine Besserung einstellt [3].

In den meisten Fällen ist aber bei einer akuten bakteriellen Sinusitis, wie auch bei der viralen, eine rein symptomatische Behandlung ausreichend [3].

Chronische Sinusitis

Zur Behandlung der chronischen Sinusitis werden in der EPOS Leitlinie 2020 nasale Kortikosteroide empfohlen. Sie führen zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome und somit zu einer höheren Lebensqualität. Bei Patienten mit Polypen können Kortikosteroide deren Größe reduzieren. Die Anwendung wird auch nach operativer Entfernung von Nasenpolypen zur Verringerung des Wiederauftretens eingesetzt [2].

Orale Kortikosteroide können für 1 bis 2 Zyklen pro Jahr mit oder ohne zusätzliche nasale Anwendung angewendet werden. Sie führen zu einer signifikanten Reduktion der Symptome. Bei einer systemischen Anwendung sind die starken Nebenwirkungen zu beachten [2].  

Dekongestiva sollten bei chronischer Sinusitis nur temporär bei einer Blockade der Nasenatmung angewendet werden. Eine Nasenspülung mit Kochsalz oder Ringerlactat zeigt eine gute Wirksamkeit und wird empfohlen [2].

Für Erwachsene mit schwerer chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen, die mit systemischen Kortikosteroiden und/oder chirurgischem Eingriff nicht ausreichend kontrolliert werden kann, wurde 2019 der rekombinante, humane monoklonaler IgG4-Antikörper Dupilumab als Add-on-Therapie zu intranasalen Kortikosteroiden zugelassen [2].

Prognose

Die akute virale/bakterielle Sinusitis ist i. d. R. selbstlimitierend und heilt in den meisten Fällen problemlos vollständig aus.

In seltenen Fällen kommt es nach einer akuten Sinusitis zu einer bakteriellen Infektion über die Nasenhöhle hinaus in das umliegende Gewebe. Mögliche Komplikationen sind z. B. intrakranieller Abszess, präseptale oder orbitale Cellulitis und Meningitis. Mögliche Warnsymptome sind u. a. ein periorbitales Ödem, Doppeltsehen oder reduzierte Sehschärfe, reduziertes Bewusstsein, schwere einseitige oder beidseitige Stirnkopfschmerzen, hohes, anhaltendes Fieber. Patienten mit diesen Symptomen müssen umgehend ins Krankenhaus eingewiesen werden [2]. 

Prophylaxe

Eine echte Vorbeugung gegen eine viral oder bakteriell hervorgerufene Sinusitis existiert nicht. Eine Impfung steht Im Gegensatz zu der gegen Influenza nicht zur Verfügung.

Autor:
Stand:
19.12.2022
Quelle:
  1. Battisti et al  (2022);  Sinusitis - StatPearls - NCBI Bookshelf (nih.gov).
  2. Fokkens et al. (2020): European Position Paper on Rhinosinusitis and Nasal Polyps 2020 (EPOS).
  3. Patel (2022), Uncomplicated acute sinusitis and rhinosinusitis in adults: Treatment - UpToDateICD-10-GM-2022 Code Suche Akute Sinusitis.
  4. ICD-10-GM-2022 Code Suche Chronische Sinusitis.
  5. Leitlinie„Rhinosinusitis“ der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie Im Fokus Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie Stand: 22.05.2007 Revision: 3 Jahre nach Veröffentlichung, bei Erscheinen substanziell neuer Evidenzen ggf. früher Verantwortlich für die Überarbeitung: Prof. Dr. med. K. Hörmann.
  6. Richard M. Rosenfeld et al. (2015): Clinical Practice Guideline (Update): Adult Sinusitis Otolaryngology– Head and Neck Surgery 2015, DOI: 10.1177/0194599815572097.
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