Uterusmyom

Uterusmyome sind gutartige, hormonsensitive Tumoren, die von glatten Muskelzellen der Gebärmutter ausgehen. Die Symptomatik ist sehr variabel und reicht von lebenslanger Symptomfreiheit über Blutungsstörungen bis hin zu starken Schmerzen mit Fertilitätsstörungen, nicht selten machen Myome eine Operation notwendig.

Uterusmyom

Definition

Leiomyome des Uterus, kurz Myome, sind gutartige, hormonsensitive, knotige Neubildungen der Tunica muscularis der Gebärmutter in variabler Größe und mit variablen Beschwerden. Die Tumoren entstehen aus glatten Muskelzellen, in der Regel monoklonal aus einer Zelle. Häufig kommen Uterusmyome nicht einzeln, sondern mehrfach im Uterus vor, der  dann als „Uterus myomatosus“ bezeichnet wird.

Klassifikation

Nach der Klassifikation der Fédération Internationale de Gynécologie et d´Obstrétique (FIGO) lassen sich Myome in Abhängigkeit von ihrer anatomischen Lokalisation einteilen [8]:

Submuköses Myom:

Das submuköse Myom wächst von der Innenseite des Myometriums in Richtung Cavum uteri. Wegen des Kontakts mit dem Endometrium wird das submuköse Myom oft schon früh symptomatisch. Eine Sonderform des submukösen Myoms ist das Myoma in statu nascendi; hierbei handelt es sich um ein gestieltes Myom, welches bis in den Zervikalkanal und die Vagina wachsen kann.

  • FIGO Typ 0: gestielt intrakavitär
  • FIGO Typ 1: submukös, < 50% intramural
  • FIGO Typ 2: submukös, ≥ 50% intramural

Intramurales Myom:

Beim intramuralen Myom handelt es sich um die häufigste Myomform. Der Muskeltumor liegt hier mitten in der Wand des Uterus.

  • FIGO Typ 3: 100% intramural, Kontakt zum Endometrium
  • FIGO Typ 4: intramural

Subseröses Myom:

Das subseröse Myom liegt unterhalb des Perimetriums und wächst in Richtung Bauchhöhle. Ggf. kann es zu einer Verdrängung von Bauchorganen kommen.

  • FIGO Typ 5: subserös, ≥ 50% intramural
  • FIGO Typ 6: subserös, < 50% intramural
  • FIGO Typ 7: gestielt subserös

Andere:

  • FIGO Typ 8: andere (intraligamentär, zervikal etc.)

Hybrid-Myome (liegen in Endometrium und Serosa):

  • Der FIGO Typ wird durch zwei mit Bindestrich getrennten Ziffern angegeben.
  • Die erste Ziffer bezeichnet die Lage im Endometrium, die zweite in der Serosa, z. B. 2-5: submukös und subserös, jeweils mit weniger als der Hälfte Durchmesser in der endometrialen bzw. peritonealen Kavität.

Epidemiologie

Myome sind die häufigsten gutartigen Tumoren der Gebärmutter und finden sich bei ca. 70-80% aller Frauen weltweit, wobei etwa die Hälfte  keine  Symptome hat. Da Myome unter dem Einfluss von Hormonen wachsen, entstehen sie zwischen Pubertät und Menopause und bilden sich danach zurück. [6]. Der Häufigkeitsgipfel der Erkrankung liegt im Alter von 30-50 Jahren [11].

Ursachen

Die Entstehung von Myomen scheint von vielen Faktoren beeinflusst zu werden. Als prädisponierend gelten eine positive Familienanamnese, eine frühe Menarche, Nullparität, Adipositas, sowie Hormonersatztherapien [4]. Des Weiteren scheint die Ethnie eine Rolle zu spielen: Schwarze Frauen sind deutlich häufiger von der Erkrankung betroffen und haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf [9].

Pathogenese

Die Pathogenese von Uterusmyomen ist ein mehrstufiger Prozess und noch nicht gänzlich verstanden. Ausgehend von einer Stammzelle des Myometriums mit zunächst fehlenden Rezeptoren für gonadale Steroidhormone scheint sich unter dem Einfluss spezifischer Treibermutationen, Mechanismen des WNT-ß-Catenin-Signalwegs und durch die Sexualhormone Progesteron und Estrogen eine Vorläuferzelle für Myome zu entwickeln. Nach weiteren Differenzierungsschritten entsteht in Abhängigkeit verschiedener Wachstums- und Umweltfaktoren ein monoklonaler Tumor [10].

Das die Sexualhormone Estrogen und Progesteron essenzielle Wachstumsstimuli für das Wachstum von Myomen darstellen, erklärt sich das Auftreten der Tumore bei Frauen im gebärfähigen Alter. Ab der Menopause verlieren die Tumoren ihren Wachstumsreiz und schrumpfen [4].

Symptome

Bei vielen Betroffenen bleiben Uterusmyome asymptomatisch und haben dann meist keinen Krankheitswert [4].

Leitsymptome bei symptomatischen Uterusmyomen sind Unterbauchschmerzen und Zyklusbeschwerden wie Hypermenorrhoe oder Dysmenorrhoe, wobei die Klinik von Uterusmyomen je nach Lokalisation und Größe der Tumore sehr variabel sein kann. Abhängig von der Lage der Myome kann es durch Druck auf Nachbarorgane  z.B. zu Obstipation, Dyspareunie, Rückenschmerzen oder Pollakisurie kommen [4].

Vor allem die submukösen und intramuralen Subtypen m können die Fertilität beeinträchtigen oder geburtshilfliche Komplikationen verursachen. Bei ca. 10% der betroffenen Patientinnen wird ein Schwangerschaftsverlauf durch vorhandene Uterusmyome negativ beeinflusst [5].

Diagnostik

Nach einer ausführlichen Anamnese sowie der bimanuellen Palpation sollte zur Diagnostik von Uterusmyomen eine transvaginale und abdominale Sonographie durchgeführt werden. Im Ultraschall können Anzahl, Größe und Lokalisation der Myome eingeschätzt und erste Aussagen zu therapeutischen Optionen getroffen werden.

Sind die Untersuchungsbefunde unklar, kann ggf. eine MRT-Untersuchung angeschlossen werden [4].

Bei Blutungsstörungen ist neben einems Hormonspiegel eine Laborkontrolle des Hämoglobin-, sowie Ferritinwerts sinnvoll [4].

Differentialdiagnostisch sollte bei Hypermenorrhö und Unterbauchschmerzen sowohl an strukturelle als auch an funktionelle Ursachen gedacht werden. Als Differentialdiagnosen kommen in Frage:

  • Ovarialtumoren
  • Uterusfehlbildungen
  • Adnexitis
  • Leiomyosarkom
  • Gerinnungsstörungen
  • ovarielle Dysfunktionen oder andere funktionelle Störungen des Endometriums sein [2,12].

Therapie

Während bei asymptomatischen Uterusmyomen bei Frauen ohne Kinderwunsch keine Therapie indiziert ist, stehen für die Behandlung symptomatischer Myome oder bei Fertilitätsstörungen medikamentöse, nicht-bzw. minimal-invasive sowie operative Maßnahmen zur Verfügung.

Die Auswahl einer geeigneten Therapie sollte immer in enger Absprache mit der Patientin und unter Abwägung ihrer Beschwerden und Bedürfnisse (z. B. Kinderwunsch) erfolgen. Sollte auf eine Therapie verzichtet werden, empfiehlt sich eine regelmäßige sonographische Kontrolle der Uterusmyome [4].

Medikamentöse Therapie

Medikamentös kann eine Blutungskontrolle durch orale Kontrazeptiva oder eine Hormonspirale erreicht werden. Zur symptomatischen Blutungstherapie kommt zudem Tranexamsäure in Frage. Mittels GnRH-Analoga (z. B. Leuprorelin) kann die Synthese und Freisetzung von Estrogenen vermindert und so der Wachstumsreiz für Myome verkleinert werden [3]. Da damit  jedoch auch klimakterische Beschwerden wie Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen einhergehen, ist die Anwendung in der Regel zeitlich begrenzt [7]. 

Seit September 2021 gibt es eine orale Kombinationstherapie aus dem GnRH-Rezeptorantagonisten Relugolix, Estradiol und Norethisteronacetat. Durch die Beigabe der Hormone werden die klimakterischen Beschwerden gemildert. Die Kombinationstherapie eignet sich, um myombedingte schwere menstruelle Blutungen und Schmerzen zu reduzieren [13].

Der früher eingesetzte Progesteron-Rezeptor-Modulator Ulipristalacetat ist seit Januar 2021 nur unter strenger Indikationsstellung zugelassen, da es zu Fällen mit schwerer Leberschädigung kam [1].

Interventionelle Therapien

Interventionelle Therapiemöglichkeiten sind z. B. die unter radiologischer Sicht durchgeführte Myomembolisation,  der fokussierte Ultraschall oder die transzervikale Radiofrequenzablation zur Ablation von Myomen [4].

Bei der Myomembolisation kann das Endometrium jedoch geschädigt werden; zudem wurden bei dieser Methode spätere Schwangerschaftskomplikationen beschrieben [7].

Operative Maßnahmen

Die Operation von Myomen kann als laparoskopische bzw. hysteroskopische Myomabtragung oder als komplette Gebärmutterentfernung, d. h. einer Hysterektomie erfolgen.

Hysteroskopische Abtragungen kommen bei submukösen Myomen, laparoskopische Myomenukleationen bei intramuralen und subserösen Myomen in Frage [4].

Die Hysterektomie kann bei abgeschlossener Familienplanung bei Patientinnen mit schwerer Symptomatik in Erwägung gezogen werden. Die Entfernung der gesamten Gebärmutter ist mittels verschiedener Verfahren möglich. Hierzu zählen die vaginale Hysterektomie, die laparoskopisch assistierte vaginale Hysterektomie, die totale laparoskopische Hysterektomie und die laparoskopische suprazervikale Hysterektomie [4].

Uterusmyome OP

Prognose

Der Verlauf von Myomerkrankungen ist sehr variabel und lässt sich nicht sicher voraussagen. Bei medikamentös therapierten Patientinnen kommt es nach Absetzen der Therapie meist zu einem erneuten Wachstum der Myome. Auch bei operativ oder interventionell behandelten Patientinnen ist ein erneutes Wachstum möglich.

Grundsätzlich wachsen Myome jedoch eher langsam, lassen sich gut diagnostizieren bzw. kontrollieren und nach der Menopause ist mit einem Rückgang der Erkrankung zu rechnen [4].

Prophylaxe

Protektiv gegen das Auftreten bzw. Wachstum von Myomen gilt ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger sportlicher Aktivität. Vitamin-D-Mangel, Rauchen, Übergewicht sowie die Einnahme von Hormonpräparaten scheinen die Entwicklung von Uterusmyomen zu fördern [5].

Hinweise

Da aufgrund des Wegfalls ihres primären Wachstumsstimulus (Estrogen, Progesteron) Uterusmyome postmenopausal sehr selten sind, sollten zu diesem Zeitpunkt neu entstandene Uterusmyome stets als suspekt eingestuft werden. Die Differenzierung des Sarkoms von einem Myom gelingt allerdings oft nur histopathologisch nach operativer Entfernung des Tumors [4].

Es ist zu beachten, dass eine myombedingte Blutungssymtomatik ggf. durch die Einnahme von hormonellen Kontrazeptiva maskiert werden kann. Die Beschwerden treten dann häufig erst nach Absetzen der Pille auf [4].

Autor:
Stand:
24.11.2022
Quelle:
  1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. 2021. Rote-Hand-Brief zu Ulipristalacetat 5 mg Tabletten: Indikationseinschränkung bei der Behandlung von Gebärmuttermyomen aufgrund von Bedenken hinsichtlich schwerer Leberschädigungen (2021). Retrieved November 5, 2022.
  2. Chen et al. 2015. Medical treatment for heavy menstrual bleeding. Taiwanese journal of obstetrics & gynecology 54, 5, 483–488. DOI.
  3. Dr. med. Matthias David. Aktuelles Behandlungsspektrum bei Myomen. Gynäkologie & Geburtshilfe 2016, Band 21, Nummer 2. DOI.
  4. Fehm et al. 2022. Checkliste Gynäkologie. Checklisten der aktuellen Medizin. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  5. Felix Neis, Christoph Oettling, Katrin Neis. 2020. Uterus myomatosus - Diagnostik und Therapie insbesondere bei Kinderwunsch. Frauenheilkunde up2date, 14, 579–595.
  6. Emma Giuliani, Sawsan As-Sanie, and Erica E. Marsh. 2020. Epidemiology and management of uterine fibroids. International journal of gynaecology and obstetrics: the official organ of the International Federation of Gynaecology and Obstetrics 149, 1, 3–9. DOI.
  7. Katrin Breitling, Tobias Felix, Markus Eberhard. Moderne Myomtherapie. Schweizer Zeitschrift für Gynäkologie 04/2017 2017.
  8. Munro et al. 2011. FIGO classification system (PALM-COEIN) for causes of abnormal uterine bleeding in nongravid women of reproductive age. International journal of gynaecology and obstetrics: the official organ of the International Federation of Gynaecology and Obstetrics 113, 1, 3–13. DOI.
  9. Elizabeth A. Stewart. 2001. Uterine fibroids. The Lancet 357, 9252, 293–298. DOI.
  10. Elizabeth A. Stewart, Shannon K. Laughlin-Tommaso, William H. Catherino, Sujata Lalitkumar, Devashana Gupta, and Beverley Vollenhoven. 2016. Uterine fibroids. Nat Rev Dis Primers 2, 1, 16043. DOI.
  11. Bernhard Uhl. 2018. Gynäkologie und Geburtshilfe compact. Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
  12. Gelbe Liste Krankheiten Uterusmyom
  13. EMA
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