Corona: Budesonid ein Game-Changer?

Nachdem am 9. April Ergebnisse der britischen Studie STOIC veröffentlicht wurden, die zeigten, dass Budesonid bei leichtem COVID-19 das Risiko für einen schweren Verlauf senken könne, wurde das Medikament direkt als Game-Changer gefeiert. Doch was ist dran?

Asthmaspray

So teilte SPD-Gesundheitsexperte und Mediziner Karl Lauterbach am 11. April 2021 via Twitter  mit: „Meines Erachtens ein „Game Changer“ weil Studie gut gemacht wurde und relevante Hausarzt Früh Behandlung zeigt.“ Aber langsam, was wurde denn tatsächlich gezeigt und um was für eine Studie handelt es sich?

Als Hintergrund der Studie geben die Autoren an, dass frühe Berichte von Personen, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, zeigten, dass Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen in diesen Kohorten signifikant unterrepräsentiert waren. Daher wurde die Hypothese aufgestellt, dass Verwendung von inhalativen Glukokortikoiden bei diesen Patienten für diesen Befund verantwortlich sein könnte. Die Studie wurde am 9. April in The Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht.

STOIC-Studie

Es handelt sich um eine offene, randomisierte, kontrollierte Phase-II-Studie namens STOIC (Steroide in COVID-19; NCT04416399), die eine Behandlung mit inhaliertem Budesonid gegenüber der Standardbehandlung bei Erwachsenen innerhalb von sieben Tagen nach Auftreten milder COVID-19-Symptome untersuchte. Die Standard-Behandlung bestand aus fiebersenkenden und schmerzstillenden Medikamenten wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen sowie Honig gegen den Husten.

Insgesamt nahmen 146 Probanden an der Studie teil, von denen 73 Personen der Interventionsgruppe angehörten und zweimal täglich 800 µg Budesonid-Trockenpulver unter Verwendung eines Turbohalers (Pulmicort Turbuhaler) inhalierten. Die Probanden wiesen im Mittel seit drei Tagen Symptome auf. Nach 28 Tagen wurden die Ergebnisse ausgewertet. Der primäre Endpunkt war definiert als COVID-19-bezogene Arztbesuche, einschließlich Aufsuchen der Notaufnahme oder Hospitalisierung.

Ergebnisse

Der Anteil der Patienten, die wegen einer Verschlechterung der Symptome notfallmäßig im Krankenhaus aufgenommen werden mussten, ging von 14% (10 Patienten) auf 1% (1 Patient) zurück. Für die Per-Protokoll-Population (n=139) trat der primäre Endpunkt bei zehn Teilnehmern der Standardbehandlung (14%) auf und bei einem Teilnehmer (1%) der Budesonid-Behandlung, was einer relativen Risikoreduktion von 91% für Budesonid entspricht. Darüber hinaus war die Zeit bis zur klinischen Genesung in der Budesonid-Gruppe ein Tag kürzer als unter Standardbehandlung: Median 7 Tage [95% CI 6 bis 9] in der Budesonid-Gruppe gegenüber 8 Tagen [7 bis 11] unter Standardbehandlung [1].

Auch der mittlere Anteil von Tagen mit Fieber war in den ersten 14 Tagen unter Budesonid niedriger als unter Standardbehandlung (2%, SD 6 vs. 8%, SD 18; Wilcoxon-Test p=0,051). Keinen unterschiedlichen Einfluss hatte Budesonid auf die Blutsauerstoffsättigung und die SARS-CoV-2-Viruslast. Nach Ansicht der Autoren deuten die Ergebnisse der Studie außerdem darauf hin, dass Budesonid eine effektive Behandlung für die Vorbeugung von Langzeitfolgen der COVID-19-Erkrankung (Long-COVID) sein könnte.

Limitationen

Eine wichtige Limitation der Studie ist, dass es sich um eine offene Studie handelt, die nicht placebokontrolliert war. Die Probanden waren also darüber informiert, dass sie zum normalen Behandlungsstandard ein zusätzliches, Medikament bekamen, was zu Verzerrungen führen kann. Auch die Teilnehmerzahl war mit 146 Probanden recht gering.

Fazit

Viele Experten waren sich nach Publikation der Studie einig, dass es sich hier um vielversprechende Ergebnisse handelt. Der Intensivmediziner und Pneumologe Dr. Stefan Kluge gibt allerdings zu bedenken, dass die Studie klein angelegt sei und insofern größere Studien durchgeführt werden müssen, um diese Ergebnisse zu bestätigen, bevor man diese inhalative Kortison-Therapie empfehlen könne. Auch der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), Klaus Friedrich Rabe, sieht die Studie kritisch: Ein Problem sei vor allem darin zu sehen, dass es keine Vergleichsgruppe gegeben habe, die ein Placebo bekommen hätte. Zudem sei die Tatsache, dass die Studie von AstraZeneca gesponsort wurde, "zumindest erwähnenswert". So stammte der verwendete Budesonid-Inhalator von dem schwedisch-britischen Pharmaunternehmen [2].
Alles in allem bleibt also abzuwarten, was weitere und vor allem größere klinische Studien zeigen werden. Positiv sind die Daten zunächst aber auf jeden Fall.

Quelle:
  1. Ramakrishnan S, Nicolau DV, Langford B, et al. Inhaled budesonide in the treatment of early COVID-19 (STOIC): a phase 2, open-label, randomised controlled trial. The Lancet Respiratory Medicine 2021;0.
  2. ZDF: Asthma-Spray als "Game-Changer" gegen Corona?
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