Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson: Was erwartet uns?

In den USA wurde Ad26.COV2.S am 27. Februar 2021 eine Notfallgenehmigung erteilt. In Deutschland befindet sich die Vakzine seit dem 1. Dezember 2020 im Rolling-Review-Verfahren der EMA und der Hersteller beantragte am 16. Februar 2021 die Zulassung. Die EMA-Bewertung wird noch für März erwartet.

Corona-Impfstoff-Johnson

Bei Ad26.COV2.S handelt es sich um einen vektorbasierten Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson, der Mutterkonzern des forschenden belgischen Pharmaunternehmens Janssen. Die Vakzine nutzt die AdVac®-Impfstoffplattform des Unternehmens, die auch zur Entwicklung und Herstellung des Ebola-Impfstoffregimes von Janssen und zur Konstruktion der Impfstoffkandidaten Zika, RSV und HIV verwendet wurde.

Wie wirkt Ad26.COV2.S?

Der Impfstoff besteht aus einem replikationsinkompetenten rekombinanten Adenovirus Typ 26 (Ad26)-Vektor, der DNA enthält, welche das SARS-CoV-2-Spike (S)-Protein in einer stabilisierten Konformation exprimiert. Adenoviren können nicht in das Genom der Zelle integrieren und werden während der Zellteilung auch nicht repliziert. Die DNA des Vektors gelangt in den Zellkern, wo sie zunächst in mRNA umgeschrieben (transkribiert) wird, die die genetische Information für den Aufbau des Proteins trägt, welches dann in den Ribosomen produziert wird. Neben Ad26.COV2.S wird auch bei Sputnik V (Gam-COVID-Vac) auf eine Adenoviren basierende Vektorimpfung zurückgegriffen.

Nur eine Dosis erforderlich

Anders als bei den bisher in der EU zugelassenen Impfstoffen, bietet Ad26.COV2.S den Vorteil, dass er nicht zweimal appliziert werden muss. Für einen wirksamen Impfschutz wird nur eine Dosis benötigt. Ein weiterer Vorteil der Vakzine liegt darin, dass er wie auch AZD1222 zwischen 2°C und 8°C gelagert werden kann.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen von Ad26.COV2.S waren Schmerzen an der Injektionsstelle (48,6%), Kopfschmerzen (38,9%), Müdigkeit (38,2%) und Myalgie (33,2%). Diese waren überwiegend leicht und mittelschwer, wobei 0,7% bzw. 1,8% der lokal und systemisch aufgetretenen Nebenwirkungen als Grad 3 gemeldet wurden. Berichte über Nebenwirkungen waren bei Teilnehmern ab 60 Jahren weniger häufig.

Sicherheitsprofil

Erfahrungen mit der Ad26-Plattform wurden bereits durch den Ebola-Impfstoff Ad26.ZEBOV / MVA-BN-Filo (genehmigt von der Europäischen Arzneimittel-Agentur am 1. Juli 2020) und Prüfpräparaten gegen Zika, Filovirus, HIV, HPV, Malaria und respiratorisches Syncytialvirus gesammelt.

Der Sicherheitsdatenbankbericht für adenovirale Impfstoffe (AdVac), Version 4.0 (14. Mai 2019), enthält Daten aus 23 klinischen Studien für insgesamt 3912 Studienteilnehmer, die die folgenden Ad26-basierten Impfstoffe bekamen: Ad26.ZEBOV (Ebola-Programm), Ad26.ENVA.01, Ad26.Mos.HIV und Ad26.Mos4.HIV (HIV-Programm), Ad26.CS.01 (Malaria-Programm), Ad26. RSV.FA2 und Ad26.RSV.preF (RSV-Programm) und Ad26.Filo (Filovirus-Programm).

Aus diesen Studien wurden umfangreiche Daten zur Sicherheit und Immunogenität erhalten. Die Reaktogenität nach der Impfung nach Verabreichung von Ad26-basierten Impfstoffen bestand aus leichten bis mittelschweren unerwünschten Ereignissen, die 1–2 Tage nach der Impfung einsetzten und innerhalb von 1–3 Tagen verschwanden. Bis zum 4. September 2020 wurden mehr als 114.000 Personen Ad26-basierte Impfstoffe verabreicht. In klinischen Studien wurde gezeigt, dass sie ein akzeptables Sicherheitsprofil aufweisen und starke und dauerhafte humorale und zelluläre Immunantworten auslösen.

Wirksamkeit

Aktuell läuft in den USA, Südafrika, Brasilien, Chile, Argentinien, Kolumbien, Peru und Mexiko die multizentrische, randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie (ENSEMBLE, NCT04505722) mit 44.325 Personen. Untersucht werden die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffkandidaten im Hinblick auf den Schutz vor einer mittelschweren bis schweren COVID-19-Infektion 14 und 28 Tage nach der Impfung. Die Randomisierung erfolgte nach Alter (18-59 Jahre, 60 Jahre und älter) und Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Komorbiditäten. Die Studie ermöglichte die Einbeziehung von Personen mit stabilen vorbestehenden Erkrankungen, definiert als Krankheit, die keine signifikante Änderung der Therapie drei Monate vor der Impfung erforderte, sowie von Personen mit einer stabilen Infektion mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV).

Ergebnisse

Die Population der primären Wirksamkeitsanalyse von 39.321 Personen (19.630 in der Janssen COVID-19-Impfstoffgruppe und 19.691 in der Placebogruppe) umfasste 38.059 SARS-CoV-2 seronegative Personen zu Studienbeginn und 1.262 Personen mit unbekanntem Serostatus. Die demografischen und grundlegenden Merkmale waren bei Personen, die den Janssen COVID-19-Impfstoff erhielten, und bei Personen, die Placebo erhielten, vergleichbar. Unabhängige Gutachter hatten keine Sicherheitssignale detektiert.

Insgesamt zeigte der Impfstoff in der Studie nach 28 Tagen einen zu 66% wirksamen Schutz vor einer moderaten bis schweren COVID-19-Infektion. Ein Einsetzen der Schutzwirkung wurde bereits nach 14 Tagen beobachtet. 28 Tage nach der Impfung betrug der Schutz in den USA 72%, in Lateinamerika 66% und in Südafrika 57%. Die Schutzwirkung zeigte sich konsistent bei allen ethnischen Gruppen und Altersgruppen (inkl. Erwachsene über 60 Jahre (n=13.610)) sowie im Hinblick auf die Wirksamkeit gegen neu auftretende Stämme des Coronavirus, darunter einige hochinfektiöse Varianten, die in den USA, Lateinamerika und Südafrika vorkommen.

Die Wirksamkeit im Hinblick auf Schutz vor schweren COVID-19 betrug bei allen Erwachsenen ab 18 Jahren nach 28 Tagen 85% und nahm im Laufe der Zeit zu. Nach Tag 49 wurden bei geimpften Teilnehmern keine entsprechenden Fälle mehr gemeldet. 28 Tage nach der Impfung zeigte Ad26.COV2.S einen vollständigen Schutz vor COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalten und Todesfällen. Die Anzahl der COVID-19-Fälle, die eine medizinische Intervention wie z.B. einen Krankenhausaufenthalt, die Aufnahme auf der Intensivstation, mechanische Beatmung oder eine extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) erforderten, ging deutlich zurück. Bei den Studienteilnehmern, die den Impfstoffkandidaten erhalten hatten, wurden 28 Tage nach der Impfung keine Fälle gemeldet, in denen solche medizinischen Interventionen notwendig waren. Wie lange der Impfschutz anhält, ist derzeit nicht bekannt.

Wirksamkeit bei Älteren

Von den 21.895 Personen, die eine Einzeldosis des Janssen COVID-19-Impfstoffs in der Studie COV3001 erhielten, waren 19,5% (n=4.259) 65 Jahre und älter und 3,7% (n=809) 75 Jahre und älter. Nach bisherigen Erkenntnissen scheint die Wirksamkeit in den Untergruppen (Alter, Komorbidität, ethnische Zugehörigkeit) in der gesamten Studienpopulation ähnlich zu sein. Eine niedrigere Wirksamkeit wurde jedoch für die Untergruppe der Teilnehmer ab 60 Jahren mit Komorbiditäten im Vergleich zur Gesamtbevölkerung beobachtet. Doch trotz der geringeren Wirksamkeit, gab es bei Teilnehmern ab 60 Jahren keine COVID-19-Todesfälle und keine COVID-19-Fälle, bei denen eine medizinische Intervention erforderlich war. Die Wirksamkeitsergebnisse bei Teilnehmern ≥ 75 Jahre sind nach Angaben des FDA Briefing Dokuments nur begrenzt interpretierbar. Die Daten reichen noch nicht aus, um die Wirksamkeit zu bewerten.

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