Corona-Notfallsituation trotz ausreichend Impfstoff

Nach Ansicht von Virologe Prof. Christian Drosten befinden wir uns aktuell in einer »echten Notfall-Situation«, wie er im Coronavirus-Update von NDR Info berichtet. Grund hierfür sei vor allem die Delta-Variante, aber auch die Tatsache, dass sich viele Personen nicht gegen das Coronavirus impfen lassen.

Corona-Anstieg Deutschland

Ausbrüche in Pflegeheimen und Intensivstationen an ihrer Kapazitätsgrenze sind Bilder, die wir von letztem Winter bereits kennen. Doch auch nun scheinen diese Szenarien nicht vor uns Halt zu machen. So steigt der Inzidenzwert in Bayern auf ein Rekordhoch von 427,4, weshalb Markus Söder den Katastrophenfall in Bayern ausgerufen hat.

Insgesamt wurden (Stand 11.11.2021) in Deutschland innerhalb eines Tages 50.196 Neuinfektionen gemeldet, womit die Inzidenz auf 249,1 steigt und eine Überlastung der Intensivstationen nach Angaben der deutschen Krankenhausgesellschaft nicht mehr abzuwenden sei. Kliniken müssten nun planbare Operationen verschieben und unabhängig von der Anzahl an COVID-19-Patienten im eigenen Haus ihre Leistungen einschränken.

Was kann nun getan werden?

Die von vielen geforderte kostenlose Testpflicht sei nun nicht mehr zielführend, da diese nicht als Notbremse funktioniert, so Drosten. Darüber hinaus gelte auch zu bedenken, dass ein negativer Test Ungeimpfte nicht vor einer Ansteckung schütze, da die Mehrheit in sozialen Situationen wie Restaurants, Theatern, Konzerten geimpfte Personen seien, die trotz allem infektiös sein können.

Aber was kann denn getan werden? Oberstes Ziel müsse es sein, Infektionen zu vermeiden.

Doch auch Krankenhäuser müssten finanziell unterstützt werden, so dass es sich diese leisten können Intensivbetten freizuhalten. Eine ausgeweitete 2G-Regel führe nicht dazu die Inzidenz schnell genug zu senken. Vielmehr müsste eine Übertragungsreduktion durch gewisse Kontaktmaßnahmen erfolgen. In diesem Zusammenhang sei es enorm wichtig, der Bevölkerung die Ernsthaftigkeit der Lage vor Augen zu halten, damit diese die Situation ernster nehmen.

Ungeimpfte werden auch zuhause angesteckt

Wenn sich Kontakte ins Private verlagern, ist es möglich, dass Geimpfte das Virus zu Ungeimpften nach Hause bringen, weil diese trotz Impfung Überträger sein können. Würde man jetzt nicht mit härteren Maßnahmen reagieren, sieht Drosten angesichts der Erfahrungen aus England mit einer ähnlich hohen Impfquote, auch auf Deutschland bis zu 100.000 weitere Todesfälle zukommen.

Boosterung für alle wichtig

Um die Übertragungsrate zu senken seien mittelfristig Booster-Impfungen eine geeignete Strategie. Eine vollständige Corona-Impfung müsse als eine Impfung mit drei Dosen angesehen werden. Drosten betont: „Der Impfstoff war nicht gezielt für die Delta-Variante gemacht, sondern für ein Virus, das heute gar nicht mehr zirkuliert.“ Daher sei die dritte Dosis nun für alle notwendig, vorrangig aber für Ältere. Durch eine Boosterung könne dann der Übertragungseffekt wieder greifen, so dass Kontaktbeschränkungen dann nicht mehr in großem Ausmaß nötig seien. Allerdings handle es sich hier nicht um einen Ansatz, der in der jetzigen Notfallsituation einen Effekt bringen dürfte, sondern eher eine mittelfristige Lösung darstelle.

Der Zeitpunkt für die Boosterung sollte sich außerdem nach der Welle und nicht nach dem Datum im Impfpass richten und der Alterspyramide nach abgearbeitet werden.

Impflücken schließen

Langfristig müssten vor allem Impflücken geschlossen werden. Dabei liege das Hauptaugenmerk auf der älteren Bevölkerung, die ein höheres Risiko für schwerere Verläufe haben. Die aktuell diskutierten politischen Vorschläge wirkten jedoch genau dort nicht, wo die größten Sorgenfälle liegen. Diese könnten laut Drosten damit erreicht werden, indem man die Impfung ganz gezielt zu ihnen hinbringe oder eine Regelung schaffe, dass diese sich einfach impfen lassen müssen.

Maßnahmen in Österreich auch für Deutschland?

Aufgrund der rapide steigenden Corona-Infektionen erwägt die Regierung Österreichs einen Lockdown für Ungeimpfte zu veranlassen. In der Folge kam es zu einem massiven Anstieg an Impfungen der Österreicher. Auch für Deutschland sind nach Aussage des Bundesgesundheitsministeriums Maßnahmen unvermeidbar, eine geplante Maßnahme wie in Österreich sei derzeit allerdings nicht vorgesehen und gilt als unwahrscheinlich. Ungeimpfte müssten jedoch mit besonderen Verschärfungen rechnen. Regierungssprecher Steffen Seibert plädierte beispielsweise dafür 2G-Regeln in den Bundesländern auszuweiten.

Quelle:
  1. NDR: Drosten: "Wir haben eine echte Notfall-Situation",09.11.2021
  2. NDR: Coronavirus-Update Folge 102, 09.11.2021


 

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