
Eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität Berlin, sind im medizinischen Fachmagazin The Lancet Respiratory Medicine veröffentlicht worden. Ausgewertet wurden Daten von 10.021 Patienten mit bestätigtem Covid-19, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Krankenhäusern aufgenommen und bereits wieder entlassen wurden oder im Krankenhaus verstorben sind.
Ergebnisse
Von den 10.021 Krankenhauspatienten mussten 1727 Patienten (17%) mechanisch beatmet werden und hatten ein Durchschnittsalter von 72 Jahren:
- 422 Patienten [24%] waren zwischen 18 und 59 Jahre alt
- 382 Patienten [22%] waren zwischen 60 und 69 Jahre alt
- 535 Patienten [31%] waren zwischen 70 und 79 Jahre alt
- 388 Patienten [23%] waren ≥ 80 Jahre alt
Risikofaktoren
Männer und Frauen waren in der nicht beatmeten Gruppe gleichermaßen vertreten, während doppelt so viele Männer wie Frauen beatmet werden mussten. Die Wahrscheinlichkeit beatmet zu werden betrug für Frauen 12% (580 von 4822) und 22% (1147 von 5199) für Männer. Die häufigsten Begleiterkrankungen waren:
- Bluthochdruck (5575 [56%]),
- Diabetes (2791 [28%]),
- Herzrhythmusstörungen (2699 [27%]),
- Nierenversagen (2287 [23%]),
- Herzinsuffizienz (1963 [20%]) und
- chronische Lungenerkrankung (1358 [14%]).
Bei 599 Patienten (6% aller Patienten) und bei 469 (27%) der 1727 beatmeten Patienten war eine Dialyse erforderlich. Die mittlere Beatmungsdauer betrug 13,5 Tage (SD 12,1).
Mortalität
Die Mortalität im Krankenhaus betrug insgesamt 22% (2229 Patienten), wobei sie zwischen den Gruppen sehr unterschiedlich ausfiel:
- Für nicht beatmete Patienten: 16% (1323 von 8294)
- Für Patienten mit nicht-invasiver Beatmung: 50% (70 von 141)
- Für Patienten mit invasiver mechanischer Beatmung 53% (696 von 1318)
- Für beatmete Dialyse-Patienten: 73% (342 von 469)
Die Mortalität war bei Patienten mit mechanischer Beatmung besonders hoch (53%) und erreichte 63% bei Patienten im Alter von 70 bis 79 Jahren und 72% bei Patienten im Alter von 80 Jahren und älter. Diese Sterblichkeitsraten sind höher als die des schweren akuten Atemnotsyndroms (ARDS).
Bei Patienten ohne Beatmung war die Mortalität innerhalb gleicher Altersgruppen verglichen mit beatmeten Patienten niedriger:
- bei Patienten im Alter von 18 bis 59 Jahren: 1% (18 von 2474)
- bei Patienten im Alter von 60 bis 69 Jahren: 5% (67 von 1239)
- bei Patienten im Alter von 70 bis 79 Jahren: 15% (237 von 1623)
- bei Patienten im Alter von 80 Jahren oder älter: 34% (1001 von 2958)
Aussicht
Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin und Autor der Analyse sagte zu den Ergebnissen: „Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor. So fallen pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage an. Dies sind für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemie-Welle wichtige Zahlen. Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten.“