Neue Alzheimer-Medikamente in fortgeschrittener Entwicklung

15 Medikamente zur Verlangsamung oder Prävention der Demenzprogression (davon 14 mit neuen Wirkstoffen) haben das letzte Stadium der klinischen Erprobung (Phase III) erreicht, ebenso vier Medikamente gegen psychische Begleitsymptome der Krankheit.

Demenz

Die Entwicklung neuer wirksamer Alzheimer-Medikamente hat bei den Pharmaunternehmen seit vielen Jahren hohe Priorität und das, obwohl etliche Medikamenten-Kandidaten der letzten Jahre keine Erfolge in der Erprobung mit Patienten verzeichnen konnten. In einer 2014 publizierten Untersuchung lag die Misserfolgsquote bei 99,6%. [1]

Forschung geht trotz Rückschlägen weiter

Trotz aller Rückschläge erproben 12 Mitgliedsunternehmen des vfa Mittel in Studien oder forschen an weiteren Medikamenten in einem ihrer Forschungslabors. Dazu kommen weitere Unternehmen weltweit. Diese Medikamente könnten in einigen Jahren die Zulassung erlangen, wenn sie sich in den Studien bewähren. Dazu kommen noch zahlreiche Medikamente in den Phasen II (Erprobung mit wenigen Kranken) und Phase I (Erprobung mit Gesunden).

Frühzeitiger Behandlungsstart ist wichtig

Eine wichtige Erkenntnis aus den Studien der letzten Jahre ist, dass die Behandlung wohl sehr frühzeitig begonnen werden muss, wenn sie noch wirksam ins Krankheitsgeschehen eingreifen soll, also nicht erst, wenn die Alzheimer-Symptome schon ausgeprägt sind. Das ist möglich geworden, weil sich sowohl Beta-Amyloid als auch Tau-Fibrillen mittlerweile mit nicht-invasiven bildgebenden Verfahren nachweisen lassen.

Studien künftig nur mit Patienten mit Alzheimer-Prozessen im Gehirn

Zudem konnten Forscher zeigen, dass nicht jede Demenz mit Alzheimer-haften Symptomen wirklich mit Alzheimer-Prozessen im Gehirn einhergeht. Man muss deshalb davon ausgehen, dass an vielen älteren Arzneimittelstudien nicht nur Alzheimer-Erkrankte im strengen Sinne teilgenommen haben. Das National Institute on Aging and Alzheimer's Association Research Framework empfiehlt deshalb, bei klinischen Studien nur noch mit Patienten zu arbeiten, die die für Alzheimer charakteristischen Gehirnveränderungen aufweisen; die dafür anzuwendende biologische statt symptombezogene Alzheimer-Definition hat das Research Framework 2018 veröffentlicht. [2]

Die Medikamente in Entwicklung greifen an verschiedenen Stellen in den Krankheitsprozess ein.

Hier eine Übersicht:

Alzheimer-Medikamente, in Phase III-Studien oder in Studien mit Personen mit hohem Alzheimer-Risiko

UnternehmenWirkstoff des neuen MedikamentsWirkungsweiseStand der Entwicklung
Lilly PharmaSolanezumabhemmt Bildung von Plaques durch Bindung an lösliches Beta-AmyloidPhase III*
Roche / MorphosysGantenerumabfördert Abbau von PlaquesPhase III
Eisai / BiogenElenbecestat (E2609)hemmt die Beta-Sekretase (BACE1) und damit die Bildung von PlaquesPhase III
Cytos Biotechnology / NovartisAmilomotid (CAD-106)therapeutischer Impfstoff gegen Beta-Amyloid-PlaquesPhase III
AZTherapiesNatrium-Cromolyn + Ibuprofenhemmt Polymerisierung von Beta-Amyloid-Peptiden zu PlaquesPhase III
AB ScienceMasitinibhemmt bestimmte KinasenPhase III
TauRx PharmaceuticalsLeuko-Methylthioniniumhemmt die Aggregation von Tau-FibrillenPhase III
CerecinCaprylat-Triglycerid (Tricaprilin)fördert Energieversorgung der NervenzellenPhase III
SK HoldingsSK-PC-B70M (aus der Pflanze Pulsatilla koreana)k. A.Phase III
vTv TherapeuticsAzeliragonwirkt als Antagonist am Rezeptor RAGEPhase III
GrifolsHumanalbuminentzieht dem Gehirn lösliches Beta-Amyloid; dazu wird wiederkehrend ein Teil des Blutplasmas durch Humanalbumin-Lösung (zugelassen zur Behandlung von Blutverlust) ersetztPhase III
Archer PharmaceuticalsNilvadipinentfernt Beta-Amyloid (zugelassen als Kalziumkanal-Antagonist gegen Bluthochdruck)Phase III
Biohaven PharmaceuticalsTrigliluzolAntagonist von Glutamat und bestimmten Dopaminrezeptoren und NatriumkanälenPhase III
BioArctic Neuroscience / Eisai / BiogenBAN-2401 (humanisierter IgG1-Antikörper)gegen lösliche Beta-Amyloid-Protofibrillen gerichtetPhase II
CortexymeCOR-388gegen das Bakterium Porphyromonas gingivalis gerichtet, das toxische Virulenzfaktorproteasen (Gingipains) sekretiert und in den Gehirnen von mehr als 90 % der Alzheimer-Patienten gefunden wurdePhase II/III
AgeneBioLevetiracetam (AGB-101)Acetylcholinrezeptor-Agonist; Verlangsamung des Fortschreitens der kognitiven und funktionellen EinschränkungPhase III
Changchun Huayang High-techOctohydroaminoacridinsuccinatAcetylcholinesterase-HemmerPhase III
Avanex Life SciencesAvanex-2-73Agonist und Antagonist des muskarinischen Acetylcholinrezeptors 2; Antagonist des muskarinischen Heterorezeptors 3, Sigma 1-Rezeptor-AgonistPhase IIb/III


*in Erprobung mit Alzheimer-Patienten im präklinischen Stadium der Krankheit oder mit Personen mit erhöhtem Alzheimerrisiko

Medikamente, die psychotische Begleitsymptome lindern sollen, wie sie manche Alzheimer-Patienten zeigen

Diese Medikamente sind teilweise gegen andere Krankheiten schon zugelassen. Die folgenden Medikamente haben Phase III erreicht.

UnternehmenWirkstoff des MedikamentsWirkungsweiseStand der Entwicklung
Otsuka Pharmaceutical / LundbeckBrexipiprazolezur Behandlung psychotischer Symptome; setzt an bestimmten Rezeptoren für Bostenstoffe im Gehirn anPhase III
Axsome TherapeuticsDextromethorphan (DM) and Bupropionzur Linderung von Symptomen wie AgitationPhase III
Concert Pharmaceuticals / Otsuka PharmaceuticalsDeuteriertes Dextromethorphan + Chinidinzur Linderung von Symptomen wie AgitationPhase III
Acadia PharmaceuticalsPimavanserinein 5-HT2A-Rezeptor-Invers-Agonist, zur Linderung von Symptomen wie AgitationPhase III

 

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