
Das deutsche biopharmazeutische Unternehmen Atriva Therapeutics aus Tübingen berichtet über vielversprechende Ergebnisse seines neuen Kinasehemmers Zapnometinib (derzeitige Bezeichnung ATR-002). Untersuchungen zeigen eine starke präklinische Evidenz für die universelle Wirksamkeit von Zapnometinib gegen besorgniserregende Coronavirus-Varianten (variants of concern), selbst gegen den Omikron-Stamm von SARS-CoV-2.
Externes Labor bestätigt Wirksamkeit
Zapnometinib ist der am weitesten entwickelte Corona-Medikamentenkandidat von Atriva zur Behandlung von COVID-19. Laut aktueller Pressemitteilung wurde dessen starke antivirale Wirksamkeit bei besorgniserregenden Coronavirus-Varianten – einschließlich Omikron – nun von einem beauftragten externen Forschungslabor bestätigt. Omikron zeigt die Grenzen der antiviralen monoklonalen Antikörpertherapie bei COVID-19 auf, erklärt Dr. Stephan Stenglein, Chief Medical Officer von Atriva Therapeutics. Hier sieht der CMO eine klare Chance für Wirtszell-gerichtete Arzneimittel wie Zapnometinib.
Wirkweise
Zapnometinib überzeugt mit einem dualen Wirkmechanismus. Genauer ist der MEK-Inhibitor gegen den intrazellulären Raf/MEK/ERK-Signalweg gerichtet. Dieser ist für die Replikation zahlreicher RNA-Viren von zentraler Bedeutung. Dazu gehören neben dem SARS-CoV-2-Virus Influenzaviren, das Hantavirus oder das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). In mit Influenzavirus-infizierten Zellen verhindert Zapnometinib den Export der viralen Genomproteinkomplexe (Ribonukleoprotein, RNP) aus dem Zellkern in das Zytoplasma und blockiert so die Bildung funktioneller neuer Viruspartikel. Dadurch wird die Viruslast im Körper reduziert. Darüber bremst Zapnometinib die Zytokinreaktion, indem es die Genexpression einiger der beteiligten Zytokine wie TNF-α, IL-1ß, IP-10, IL-8, MCP-1 und MIP-1a inhibiert. So kann eine überschießende pulmonale Entzündungsreaktion von Patienten mit schwerem Influenza- oder COVID-19-Verlauf abgemildert werden.
Vorteile gegenüber MAb-Therapien
Bei fast allen bisher zugelassenen viralen monoklonalen Antikörpertherapien wurde ein teilweiser oder vollständiger Verlust der Wirksamkeit gegen Omikron beobachtet. MAb-Therapien sind in erster Linie gegen das Spike-Protein auf der Oberfläche von SARS-CoV-2 gerichtet. Das Protein vermittelt die Anheftung des Virus an die Wirtszelle und stellt ein wichtiges Ziel der adaptiven Immunantwort des Wirts dar. Im Gegensatz dazu greift Zapnometinib das Virus selbst nicht an. Vielmehr blockiert es einen zellulären Faktor, den das Virus für seine Replikation benötigt. Deshalb ist Zapnometinib nicht anfällig für antivirale Resistenzen, die die Wirksamkeit monoklonaler Antikörper beeinträchtigen, erklärt Rainer Lichtenberger, Chief Executive Officer von Atriva. Wirtszell-gerichtete Ansätze erhalten ihre Wirksamkeit auch gegenüber mutierten Viren – ein Problem, das sich häufig beim Influenza-Virus und leider auch bei SARS-CoV-2 zeigt. Sollten die Studienergebnisse wie erhofft ausfallen, könnte Zapnometinib unabhängig vom genetischen Subtyp der zugrundeliegenden Virusvariante ein wirksames Mittel gegen COVID-19 sein, so Lichtenberger.
Über Atriva Therapeutics
Atriva Therapeutics forscht schwerpunktmäßig an Wirkstoffen, um komplizierte, durch RNA-Viren ausgelöste Atemwegserkrankungen zu behandeln. Leitsubstanz ist Zapnometinib. Derzeit läuft eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte, internationale, multizentrische klinische Phase-II-Studie an 220 hospitalisierten Patienten mit mittelschwerer bis schwerer COVID-19-Erkrankung. Diese Studie soll das breite therapeutische Potenzial von Zapnometinib aufzeigen.
Im Januar erhielt Zapnometinib den Orphan-Drug-Status (Orphan Drug Designation, ODD) der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zur Behandlung von Hantavirus-Infektionen.