Neueinführung Voxzogo bei Achondroplasie

Mit Voxzogo (Vosoritid) ist seit dem 1. Oktober 2021 ein neues Medikament zur Behandlung von Achondroplasie bei Patienten ab dem 2. Lebensjahr, bei denen die Epiphysen noch nicht geschlossen sind, auf dem deutschen Markt verfügbar.

Kleinwuchs

Achondroplasie ist eine seltene genetisch bedingte Erkrankung, die zu Kleinwuchs führt. Die Lebenserwartung der an Achondroplasie leidenden Patienten bleibt grundsätzlich unbeeinflusst. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch dysproportionierten Kleinwuchs und vor allem proximal verkürzte Extremitäten. Die geschätzte Prävalenz beträgt weltweit etwa 1/25.000.

Eine Gain-of-Function-Mutation im Fibroplasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 3 (FGFR3) bewirkt bei Patienten mit Achondroplasie eine negative Regulation des endochondralen Knochenwachstums.

Infolgedessen kommt es zu Kleinwuchs, verkürzten Extremitäten, Makrozephalie aber auch Hypotonie. Die Diagnose basiert auf radiologischen und klinischen Befunden.

Was ist Voxzogo und wofür wird es angewendet?

Voxzogo mit dem Wirkstoff Vosoritid des US-amerikanischen Biotechnologieunternehmens BioMarin Pharmaceutical ist ein Analogon des natriuretischen Peptids vom Typ C (CNP), das zur Behandlung von Achondroplasie bei Patienten ab dem 2. Lebensjahr, bei denen die Epiphysen noch nicht geschlossen sind, indiziert ist. Die Diagnose Achondroplasie muss durch einen entsprechenden Gentest verifiziert werden.

Wie wird Voxzogo angewendet?

Das Arzneimittel ist in der Darreichungsform Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung auf dem Markt:

  • 0,4 mg Pulver in 0,5 ml Lösung (0,8 mg/ml nach Rekonstitution)
  • 0,56 mg Pulver in 0,7 ml Lösung (0,8 mg/ml nach Rekonstitution)
  • 1,2 mg Pulver in 0,6 ml Lösung (1,2 mg/ml nach Rekonstitution)

Die Behandlung mit Vosoritid muss von einem Arzt begonnen und geleitet werden, der angemessen im Management solcher Wachstumsstörungen oder skelettalen Dysplasien qualifiziert ist.

Dosierung

Die empfohlene Dosierung orientiert sich am Körpergewicht des Patienten und der Vosoritid-Konzentration. Üblicherweise wird eine Dosis von 15 µg/kg Körpergewicht empfohlen. Unter Berücksichtigung gewichtsbedingter Veränderungen der Pharmakokinetik können der Fachinformation Volumina der Einzeldosis in Abhängigkeit vom Körpergewicht entnommen werden.

Die Behandlungsdauer richtet sich nach dem individuellen Wachstumspotenzial der Patienten. Die Behandlung mit Voxzogo sollte beendet werden, sobald bestätigt ist, dass kein weiteres Wachstumspotenzial mehr besteht. Dies zeigt sich durch eine Wachstumsgeschwindigkeit von <1,5 cm/Jahr und dem Schließen der Epiphysen.

Wie wirkt Voxzogo?

Bei Vosoritid handelt es sich um ein modifiziertes natriuretisches Peptid vom Typ C (CNP), das als Agonist am Rezeptor B für natriuretische Peptide (NPR-B) fungiert. Durch Bindung an NPR-B hemmt Vosoritid die Signalkaskade des Fibroplasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor 3 (FGFR3), die bei Achondroplasie durch eine Gain-of-Function-Mutation negativ reguliert ist.

Dabei werden die extrazelullär Signal-regulierten Kinasen 1 und 2 (ERK1/2) im sich überschneidenden MAP-Kinase-Signalweg (MAPK) „Downstream“ der Rezeptoren als Folge der Hemmung der Serin/Threonin-Kinase Rapidly-Accelerated-Fibrosarcoma (RAF-1) inhibiert. Somit dient das CNP Analogon Vosoritid wie das physiologische CNP als positiver Regulator des endochondralen Knochenwachstums, indem es die Proliferation und Differenzierung von Chondrozyten stimuliert.

Vosoritid

Gegenanzeigen

Voxzogo darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels.

Nebenwirkungen

Die häufigsten Nebenwirkungen, die unter einer Therapie mit Vosoritid auftreten können, sind:

  • Reaktionen an der Injektionsstelle
  • Erbrechen
  • Hypotonie
  • Schwindelgefühl und Synkope

Das Arzneimittel ist darüber hinaus mit dem schwarzen Dreieck gekennzeichnet und wird dementsprechend stetig auf weitere, neu auftretende Nebenwirkungen überwacht.

Wechselwirkungen

Bisherige Untersuchungen deuten darauf hin, dass CYP- oder Transporter-bedingte Wechselwirkungen unwahrscheinlich sind.

Studienlage

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Vosoritid bei Patienten mit Achondroplasie mit bestätigter FGFR3-Mutation wurde in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten 52-wöchigen Studie (NCT03197766) beurteilt. Die Probanden erhielten entweder Vosoritid in einer Dosis von 15 μg/kg einmal täglich (n=60) oder Placebo (n=61).

Vor der Randomisierung nahmen alle Patienten mindestens 6 Monate lang an einer Beobachtungsstudie (NCT04035811) teil, in der die Stehhöhe bei Baseline und andere Wachstumsuntersuchungen vor der Behandlung erfasst wurden.

Die Studie umfasste eine 52-wöchige, placebokontrollierte Behandlungsphase, gefolgt von einer offenen Verlängerungsstudie, bei der alle Patienten Vosoritid erhielten.

Der primäre Endpunkt zur Beurteilung der Wirksamkeit war die Veränderung der annualisierten Wachstumsgeschwindigkeit (AGV) in Woche 52 gegenüber dem Baseline-Wert im Vergleich zu Placebo. 

Ergebnisse

Die adjustierte mittlere Differenz der AGV zwischen den Patienten der Vosoritid-Gruppe und der Placebo-Gruppe betrug 1,57 cm/Jahr zugunsten von Vosoritid (95%-KI [1,22–1,93]; p<0,0001). Die beobachtete Zunahme des Wachstums trat hierbei proportional sowohl in der Wirbelsäule als auch in den unteren Gliedmaßen auf.

Quelle:
  1. EMA: Fachinformation Voxzogo
  2. Savarirayan R et al., Once-daily, subcutaneous vosoritide therapy in children with achondroplasia: a randomised, double-blind, phase 3, placebo-controlled, multicentre trial. Lancet. 2020 Sep 5;396(10252):684-692. doi: 10.1016/S0140-6736(20)31541-5
  3. Pauli, Richard M. Achondroplasia: a comprehensive clinical review. Orphanet journal of rare diseases vol. 14,1 1. 3 Jan. 2019, doi:10.1186/s13023-018-0972-6
  4. Högler, W., Ward, L.M. New developments in the management of achondroplasia. Wien Med Wochenschr 170, 104–111 (2020), doi:10.1007/s10354-020-00741-6

Abbildung:

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