
Das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Schlaganfall und Herzinfarkt wird durch Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas und Rauchen gesteigert. Neben diesen klassischen Risikofaktoren rücken zunehmend sogenannte nicht-traditionelle Risikofaktoren in den Fokus. Unter diesen nicht-traditionellen Risikofaktoren werden Stress, Müdigkeit, Schlafstörungen und Erschöpfung aufgeführt.
Zunahme von Stress, Erschöpfung und Schlafstörungen
Auf der European Stroke Organisation (ESO) Conference 2021 präsentierte ein Team aus der Schweiz Daten, welche einen Anstieg dieser nicht-traditionellen Risikofaktoren vor allem bei Frauen zeigten [1].
Die Forscher ermittelten den Anstieg von Stress, Schlafstörungen & Co. aus Daten von insgesamt 22.000 Männern und Frauen. Diese wurden im Rahmen der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2007, 2012 und 2017 erhoben. Die Befragung wird in der Schweiz seit 1992 alle fünf Jahre vom Bundesamt für Statistik durchgeführt, um Daten zu Gesundheitszustand und gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen der Bevölkerung zu erfassen.
„Alarmierender“ Anstieg vor allem bei Frauen
Bei der Auswertung der Daten verzeichneten die Wissenschaftler einen „alarmierenden“ Anstieg in der Anzahl von Frauen, die über diese nicht-traditionellen Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen berichteten. Der Trend fiel mit der Zunahme von Vollzeitarbeit bei Frauen zusammen. Während im Jahr 2007 38% der Frauen in Vollzeit arbeiteten, waren es fünf Jahre später bereits 44%.
Durch die Arbeitsbelastung ausgelöster Stress wurde von Männern und Frauen berichtet, wobei sich eine Steigerung für beide Geschlechter von 59% im Jahr 2012 auf 66% im Jahr 2017 zeigte. Gleichzeitig stiegen Müdigkeit und Erschöpfung von 23% auf 29% an. Hier war die Verteilung zwischen den Geschlechtern unterschiedlich. 33% der Frauen und 26% der Männer klagten über Müdigkeit und Erschöpfung. Schlafstörungen stiegen ebenfalls an, von 24% auf 29%. Dabei berichteten Frauen häufiger über schwere Schlafstörungen als Männer (8% vs. 5%).
Traditionelle Risikofaktoren stabil
Die traditionellen Risikofaktoren zeigten sich in den Erhebungen stabil: 27% der Befragten litten unter Hypertension, 18% unter Hypercholesterinämie, 5% unter Diabetes und 11% unter Adipositas. Geraucht wurde insgesamt weniger, der Zigarettenkonsum fiel von 10,5 Zigaretten täglich auf 9,5 Zigaretten ab. Sowohl Adipositas als auch Rauchen war bei Männern häufiger.
Soziokulturelle und Gender-Aspekte berücksichtigen
Die Studienautoren Dr. Martin Hänsel, Neurologe am Universitätsspital Zürich, und Professor Dr. Susanne Wegener von der Universität Zürich sagten zu den Ergebnissen der Studie: „Unsere Studie ergab, dass Männer eher rauchen und fettleibig sind als Frauen. Frauen berichteten jedoch über einen größeren Anstieg der nicht-traditionellen Risikofaktoren für Herzinfarkte und Schlaganfälle, wie Arbeitsstress, Schlafstörungen und das Gefühl von Müdigkeit und Erschöpfung“, [2].
"Dieser Anstieg fällt mit der Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen zusammen. Das Jonglieren mit Arbeit und häuslichen Pflichten oder andere soziokulturelle Aspekte können ein Faktor sein, ebenso wie die besonderen gesundheitsbezogenen Ansprüche von Frauen, die in unserem geschäftigen Alltag vielleicht nicht berücksichtigt werden“, so die Autoren weiter.
Wegener weist in Anbetracht der Studienergebnisse darauf hin, dass Frauen in einigen Ländern bereits häufiger Schlaganfälle oder Herzinfarkte erleiden. Ein Grund mehr, geschlechtsspezifische Unterschiede und nicht-traditionelle Risikofaktoren näher zu untersuchen und das Wissen darüber in zukünftige Präventionsprogramme einfließen zu lassen.