ESMO 2022: Kombinierte adjuvante Immuntherapie scheitert beim RCC

Die Standardtherapie beim lokal begrenzten, nicht-metastasierten RCC ist die radikale oder partielle Nephrektomie. Bei Stadium-II- und –III-Tumoren ist allerdings das Risiko hoch, danach ein Rezidiv zu entwickeln. Deshalb kann eine adjuvante Therapie sinnvoll sein.

Nierenerkrankung

Zugelassen zur adjuvanten Therapie beim lokalen Nierenzellkarzinom (RCC) mit hohem Rezidivrisiko ist bereits Pembrolizumab, berichtete Professor Dr. Robert J. Motzer vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York [1, 2]. Er stellte anlässlich des ESMO Congress 2022 Ergebnisse der Studie CheckMate 914 zur placebokontrollierten Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit der Immuntherapie-Kombination Nivolumab-Ipilimumab vor. Ein weiterer Teil der Studie umfasst die placebokontrollierte Prüfung von Nivolumab adjuvant, diese Daten stehen aber noch aus.

Hintergrund: CheckMate 214

Die Kombination Nivolumab/Ipilimumab hatte in der Studie CheckMate 214 bei fortgeschrittenen RCC in der Erstlinie das Gesamtüberleben gegenüber einer Therapie mit Sunitinib signifikant verbessern können [3]. Besonders betonte Motzer das lange Andauern des Ansprechens auf die Immuntherapie-Kombination: 56% der Patientinnen und Patienten sprachen nach 60 Monaten noch an. Deshalb wurde die Immuntherapiekombination auch in der adjuvanten Situation beim RCC untersucht. Allerdings entwickelten schon in CheckMate 214 48% der damit Behandelten unerwünschte Ereignisse im Zusammenhang mit der Behandlung mit Nivolumab/Ipilimumab und  23% brachen die Therapie deswegen ab.

Design von CheckMate 912 – Teil A

Für die randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie CheckMate 914 wurden Patientinnen und Patienten nach radikaler oder partieller Nephrektomie mit negativem Schnittrand rekrutiert, die eine vorrangig klarzellige Histologie aufwiesen und bei denen klinisch und radiologisch kein Beleg für ein Residuum oder eine Metastasierung vorhanden war. Der geforderte ECOG-Performancestatus (PS) lag bei 0 oder 1. Nivolumab wurde zwölf Mal in einer Dosis von 240 mg i.v. alle zwei Wochen verabreicht, Ipilimumab in einer Dosis von 1 mg/kg i.v. alle sechs Wochen. In der Placebogruppe erfolgte die entsprechende Gabe von zwei Placebos. Primärer Endpunkt der Studie war das krankheitsfreie Überleben (engl. Disease-free survival, DFS) nach einer verblindeten zentralen Begutachtung.

DFS nicht signifikant verbessert

405 Patientinnen und Patienten waren in den Immuntherapie -, 411 in den Placeboarm randomisiert worden. Die von Motzer vorgestellte primäre Analyse fand nach median 37 Monaten Beobachtungsdauer statt. Das mediane DFS war mit Nivolumab plus Ipilimumab noch nicht erreicht und lag mit Placebo bei 50,7 Monaten.
Eine signifkante DFS-Verbesserung ergab sich durch die kombinierte Immuntherapie aber nicht (Hazard Ratio [HR] 0,92; 95% Konfidenzintervall [KI] 0,71–1,19; p=0,5347). Nach 24 Monaten war die DFS-Rate in beiden Gruppen vergleichbar (Immuntherapie: 76,4%, Placebo: 74,0%).

Eine Erklärung: Toxizität reduzierte Adhärenz

Die mediane Behandlungsdauer war in beiden Armen gleich (5,1 Monate). Nur 57% der Patientinnen und Patienten im Immuntherapie-Arm erhielten allerdings alle geplanten Dosen von Nivolumab und Ipilimumab, 43% brachen die Studienmedikation ab – fast immer wegen behandlungsassoziierter Nebenwirkungen. Einen Grad ≥3 erreichten behandlungsabhängige unerwünschten Ereignisse bei 28% unter Nivolumab plus Ipilimumab (Placebo: 2%).

Besonders häufig waren Pruritus, Fatigue, Diarrhö, Hautausschläge, Hyper- und Hypothyreose, Nausea und Asthenie. Motzer geht davon aus, dass Patientinnen und Patienten in der adjuvanten Situation bei resektablem RCC die doch erheblichen Nebenwirkungen von Nivolumab zusammen mit Ipilimumab weniger tolerieren als in der Situation eines fortgeschrittenen RCC. Vier Patientinnen/Patienten verstarben im Nivolumab-Ipilimumab-Arm im Rahmen der Studie an behandlungsbedingten Nebenwirkungen.

Steroidgabe kann Immuntherapie-Effekt schwächen

23% der Patientinnen und Patienten im Immuntherapie-Arm erhielten wegen immunbedingter Nebenwirkungen hochdosiert Steroide (≥40 mg Prednisonäquivalent pro Tag). Die Behandlung vieler weiterer Patientinnen und Patienten mit niedriger dosierten Steroiden wurde nicht erfasst, ist aber wahrscheinlich. Das könnte die Effektivität der Immuntherapie weiter beeinträchtigt haben, meinte Professor Dr. James Larkin vom Krebsforschungsinstitut des Royal Marsden NHS Foundation Trust in London in seinem Kommentar. Er empfiehlt für die Zukunft eine bessere Selektion von Patientinnen und Patienten, die wegen eines besonders hohen Risikos wirklich zusätzlich zu einem PD1-Inhibitor auch noch Ipilimumab mit seiner zusätzlichen Toxizität benötigen. Biomarker dafür fehlen allerdings bislang.

Die Studie CheckMate 912 ist auf ClinicalTrials.gov unter der Nummer NCT03138512 registriert. Sie wurde von Bristol Myers Squibb finanziert.

Autor:
Stand:
16.09.2022
Quelle:
  1. Prof. Dr. Robert J. Motzer: „Adjuvant nivolumab plus ipilimumab (NIVO+IPI) vs placebo (PBO) for localized renal cell carcinoma (RCC) at high risk of relapse after nephrectomy: results from the randomized, phase 3 CheckMate 914 trial“, ESMO Congress 2022, Abstract LBA4, Paris, 11. September 2022. Annals of Oncology. DOI: 10.1016/j.annonc.2022.08.069
  2. EMA, Produktinformation KEYTRUDA, letztes Update 26.07.2022
  3. Motzer RJ, McDermott DF, Escudier B et al. (2022) Conditional survival and long-term efficacy with nivolumab plus ipilimumab versus sunitinib in patients with advanced renal cell carcinoma. DOI: 10.1002/cncr.34180.
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