Rote-Hand-Brief zu Dexmedetomidin

Die Zulassungsinhaber dexmedetomidinhaltiger Arzneimittel informieren über das Risiko von erhöhter Mortalität bei Intensivpatienten bis 65 Jahren.

Rote-Hand-Brief

Die Zulassungsinhaber dexmedetomidinhaltiger Arzneimittel informieren in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über das Risiko von erhöhter Mortalität bei Intensivpatienten ≤ 65 Jahren.

Zusammenfassung

  • Die Studie SPICE III war eine randomisierte klinische Studie, in der die Wirkung einer Sedierung mit Dexmedetomidin auf die Gesamtmortalität mit der Wirkung der "üblichen Standardbehandlung" bei 3904 beatmeten kritisch kranken erwachsenen Patienten auf der Intensivstation verglichen wurde.
  • Die Anwendung von Dexmedetomidin war im Vergleich zu anderen Sedativa in der Altersgruppe ≤ 65 Jahren mit einem höheren Mortalitätsrisiko assoziiert (Odds Ratio 1,26; 95% Glaubwürdigkeitsintervall 1,02 bis 1,56).
  • Diese altersbedingte Ungleichheit der Mortalitätsrate war bei Patienten, die aus anderen Gründen als zur postoperativen Versorgung aufgenommen wurden, am ausgeprägtesten. Mit zunehmendem APACHE-II-Score sowie mit jüngerem Alter stieg diese an. Der zugrundeliegende Mechanismus ist nicht bekannt.
  • Diese Ergebnisse sollten bei jüngeren Patienten bei der Abwägung des zu erwartenden klinischen Nutzens von Dexmedetomidin im Vergleich zu anderen Sedativa berücksichtigt werden.
  • Die Produktinformation dexmedetomidinhaltiger Arzneimittel wird um einen Warnhinweis ergänzt, der die Evidenz und Risikofaktoren für ein erhöhtes Mortalitätsrisiko bei Intensivpatienten im Alter von ≤ 65 Jahren beschreibt.

Hintergrund zu den Sicherheitsbedenken

 Dexmedetomidinhaltige Arzneimittel werden angewendet für:

  • die Sedierung erwachsener, intensivmedizinisch behandelter Patienten, die eine Sedierungstiefe benötigen, die ein Erwecken durch verbale Stimulation noch erlaubt (dies entspricht einer Klassifikation von 0 bis -3 nach der Richmond Agitation-Sedation Scale [RASS]).
  • die Sedierung erwachsener, nicht intubierter Patienten vor und/oder während diagnostischer oder chirurgischer Maßnahmen, die eine Sedierung erfordern, d. h. prozedurale Sedierung/Wachsedierung.

An der von einem akademischen Sponsor durchgeführten Studie SPICE III nahmen 4000 Intensivpatienten teil, die eine invasive Beatmung benötigten und nach dem Zufallsprinzip entweder einer Sedierung mit Dexmedetomidin als primärem Sedativum oder mit der Standardtherapie (Propofol, Midazolam) zugewiesen wurden. Obwohl der Zielbereich der Sedierung eine leichte Sedierung (RASS -2 bis +1) war, waren auch tiefere Sedierungen (RASS -4 bis -5) erlaubt. Die Applikation von Dexmedetomidin wurde je nach klinischem Bedarf nach der Randomisierung noch für bis zu 28 Tage fortgesetzt [1].


Insgesamt wurden 3904 Patienten in eine Intention-to-treat-Analyse einbezogen. Die Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle 1 zusammengefasst. Mit Blick auf die 90-Tage-Gesamtmortalität ergab die Studie keinen Unterschied zwischen der Dexmedetomidin- und der Standardtherapie-Gruppe (Propofol, Midazolam). Das mediane Alter der in die Analyse einbezogenen Patienten lag bei 63,7 Jahren [1].


In nachfolgenden Analysen wurde ein ungleichmäßiger Behandlungseffekt von Dexmedetomidin festgestellt.2 Bei Patienten im Alter von ≤ 65 Jahren wurde ein erhöhtes 90-Tage-Mortalitätsrisiko beobachtet (Odds Ratio 1,26 [95 % CrI 1,02–1,56]). Der zugrundeliegende Mechanismus ist zwar noch unklar, aber am stärksten ausgeprägt war die altersbedingte Ungleichheit der Auswirkungen auf die Mortalität bei Patienten, die aus anderen Gründen als zur postoperativen Versorgung aufgenommen wurden. Mit zunehmendem APACHE-II-Score sowie mit jüngerem Alter stieg diese an.


 Tabelle 1: 90-Tage-Mortalität

 Dexmedetomidin
n/Gesamtzahl (%)
Standardtherapie
n/Gesamtzahl (%)
Alle Gruppen566/1948 (29,1)569/1956 (29,1)
Subgruppen nach Alter  
≤ medianes Alter 63,7 Jahre219/976 (22,4)176/975 (18,1)
> medianes Alter 63,7 Jahre347/972 (35,7)393/981 (40,1)
 

 

Aktualisierung der Produktinformation

Die Produktinformation dexmedetomidinhaltiger Arzneimittel wird um einen Warnhinweis ergänzt, der ein erhöhtes Mortalitätsrisiko bei Intensivpatienten ≤ 65 Jahren beschreibt.

Aufforderung zur Meldung von Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an den Hersteller, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die entsprechende Arzneimittelkommission zu melden.

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