Rote-Hand-Brief zu Fluoropyrimidinen

Die Zulassungsinhaber informieren über Sicherheitsbedenken und Vorgehensweisen für 5-Fluorouracil- (i.v.), Capecitabin- und Tegafur-haltige Arzneimittel bei DPD-Mangel.

Rote-Hand-Brief

Zusammenfassung

Patienten mit partiellem oder vollständigem Dihydropyrimidin-Dehydrogenase-Mangel (DPD-Mangel) haben bei der Behandlung mit Fluoropyrimidinen darunter 5-Fluorouracil (5-FU) und seine Prodrugs Capecitabin und Tegafur ein erhöhtes Risiko für eine schwere Toxizität.

Folgende Hinweise sind deshalb zu beachten:

  • Vor Beginn der Behandlung mit Fluoropyrimidinen sollte der Phänotyp und/oder Genotyp bestimmt werden.
  • Die Behandlung mit 5-FU-, Capecitabin- oder Tegafur-haltigen Arzneimitteln ist bei Patienten mit bekanntem vollständigem DPD-Mangel kontraindiziert.
  • Bei Patienten mit identifiziertem partiellem DPD-Mangel ist eine reduzierte Anfangsdosis in Betracht zu ziehen.
  • Bei Patienten, die kontinuierliche 5-Fluorouracil-Infusionen erhalten, kann die therapeutische Arzneimittelüberwachung (Therapeutic Drug Monitoring, TDM) von 5-Fluorouracil die klinischen Ergebnisse verbessern.

Hintergrund der Sicherheitsbedenken

Fluoropyrimidine gehören zur Wirkstoffgruppe der Zytostatika und sind in unterschiedlichen Darreichungsformen erhältlich:

  • Parenterales 5-FU: Ein Bestandteil der Standardtherapie für eine Vielzahl von bösartigen Tumoren, darunter Dickdarm-, Bauchspeicheldrüsen-, Magen-, Brust- sowie Kopf-Hals-Krebs, meist in Kombination mit anderen Arzneimitteln gegen Krebs angewendet;
  • Capecitabin: Ein orales Prodrug von 5-FU, indiziert für die Behandlung von Dickdarm-, Magen- und Brustkrebs;
  • Tegafur: Ein orales Prodrug von 5-FU, erhältlich als Kombination mit zwei Modulatoren des 5-FU-Stoffwechsels, Gimeracil und Oteracil, zur Behandlung von Magenkrebs.

Pharmakologie der DPD

Die Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD) ist das geschwindigkeitsbestimmende Enzym im Katabolismus von 5-FU. Die DPD-Aktivität unterliegt einer großen Variabilität, wobei ein vollständiger DPD-Mangel selten ist (0,01 - 0,5 % der Kaukasier). Etwa 3–9% der kaukasischen Bevölkerung sind von einem partiellen DPD-Mangel betroffen.

Eine eingeschränkte DPD-Enzymfunktion führt bei Patienten, die mit 5-FU oder dessen Prodrugs behandelt werden, zu einem erhöhten Risiko für eine schwere oder lebensbedrohliche Toxizität. Trotz negativer Testergebnisse für einen DPD-Mangel kann es dennoch zu einer schweren Toxizität kommen.

Sicherheitsbedenken

Bei der Behandlung bestehen folgende Sicherheitsbedenken:

  • Patienten mit vollständigem DPD-Mangel haben ein hohes Risiko für lebensbedrohliche oder tödliche Toxizität und dürfen nicht mit Fluoropyrimidinen behandelt werden.
  • Patienten mit partiellem DPD-Mangel haben ein erhöhtes Risiko für schwere und potenziell lebensbedrohliche Toxizität. Eine reduzierte Anfangsdosis sollte in Betracht gezogen werden, um das Risiko einer schweren Toxizität zu begrenzen. Nachfolgende Dosen können erhöht werden, wenn keine schwerwiegende Toxizität vorliegt, da die Wirksamkeit einer reduzierten Dosierung nicht bewiesen ist.

Empfehlungen

Prüfung der DPD-Aktivität vor Beginn der Behandlung

Um Patienten zu identifizieren, bei denen ein Risiko für schwere Toxizität besteht, wird trotz Unsicherheiten bezüglich der optimalen Testmethodik vor Start der Behandlung ein Test auf einen DPD-Mangel empfohlen.

Sowohl die Genotypisierung des DPD-kodierenden Gens (DPYD) als auch die Phänotypisierung durch Messung des Uracilspiegels im Blut sind akzeptable Methoden.

Genotypisierung

Vier Varianten des DPYD-Genotyps (c.1905+1G>A, c.1679T>G, c.2846A>T und c.1236G>A/HapB3) werden mit einem erhöhten Risiko für schwere Toxizität in Verbindung gebracht.

Andere seltene Varianten des DPYD-Genotyps können ebenfalls mit einem erhöhten Risiko schwerer Toxizität assoziiert sein.

Phänotypisierung

Ein DPD-Mangel geht mit erhöhten Uracil-Spiegeln im Plasma vor Behandlungsbeginn einher. Ein Uracil-Blutspiegel ≥ 16 ng/ml und < 150 ng/ml ist ein Indikator für einen partiellen DPD-Mangel, während ein Uracil-Blutspiegel ≥ 150 ng/ml als Indikator für einen vollständigen DPD-Mangel anzusehen ist.

Therapeutisches Arzneimittelmonitoring

Im Vorfeld der Therapie kann ergänzend zum Testen auf DPD ein TDM von 5-FU die klinischen Ergebnisse bei Patienten, die kontinuierlich mit intravenösem 5-FU behandelt werden, verbessern.
Die angestrebte AUC soll zwischen 20 und 30 mg x h/l liegen.

Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen

Angehörige der Heilberufe sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem entsprechenden Zulassungsinhaber bzw. dessen Vertreter anzuzeigen, Alternativ können Verdachtsfälle von unerwünschten Wirkungen auch dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet werden.

PDF öffnenRote-Hand-Brief 5-Fluorouracil

Quelle:

Rote-Hand-Brief BfArM

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