Rote-Hand-Brief zu Rubraca – August 2022

Der Hersteller informiert darüber, dass Rubraca (Rucaparib) nicht mehr als Drittlinientherapie bei platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen angewendet werden sollte.

Rote-Hand-Brief

Bereits im Mai 2022 hatte die Firma Clovis Oncology Ireland Ltd in einem Rote-Hand-Brief über Hinweise auf einen nachteiligen Effekt von Rubraca (Rucaparib) als Drittlinientherapie in der Post-Approval-Studie CO 338-043 (ARIEL4) informiert. In Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kommt der Zulassungsinhaber nun zu folgendem Schluss.

Zusammenfassung

  • Rubraca sollte nicht mehr als Monotherapie bei erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen (Keimbahn und/oder somatisch) angewendet werden, die mit zwei oder mehr vorherigen platinbasierten Chemotherapielinien behandelt wurden und keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren.
  • In der finalen Analyse von Daten der Phase-III-Studie CO-338-043 (ARIEL4) zur Behandlung von Patientinnen mit fortgeschrittenem, rezidivierendem Ovarialkarzinom wurden nachteilige Auswirkungen von Rucaparib auf das Gesamtüberleben (OS) im Vergleich zur Chemotherapiekontrolle festgestellt (HR 1,31; 95%-KI 1,00 bis 1,73).
  • Laufende Behandlungen bei diesen Patientinnen sollten neu überdacht und die Patientinnen über die neuesten Daten und Empfehlungen informiert werden.
  • Rubraca ist weiterhin zugelassen als Monotherapie zur Erhaltungsbehandlung erwachsener Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom, die (vollständig oder partiell) auf die platinbasierte Chemotherapie ansprechen.

Hintergrund zu den Sicherheitsbedenken

Basierend auf den Ergebnissen zur Gesamtansprechrate (ORR) einer gepoolten Population in zwei einarmigen Phase-II-Studien (CO-338-010 und CO-338-017) erhielt Rucaparib im Mai 2018 für folgende Indikation eine bedingte Marktzulassung (CMA): „Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem oder progressivem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom mit BRCA-Mutationen (Keimbahn und/oder somatisch), die mit zwei oder mehr vorherigen platinbasierten Chemotherapielinien behandelt wurden und keine weitere platinhaltige Chemotherapie tolerieren“.

Phase-III-Studie sollte bedingte Zulassung stützen

Diese bedingte Zulassung erfolgte vorbehaltlich einer Bestätigung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von Rucaparib in der Studie CO-338-043 (ARIEL4), einer multizentrischen, offenen, (2:1) randomisierten Phase-III-Studie zu Rucaparib 600 mg BID (N=233) im Vergleich zur Chemotherapie (N=116) an Patientinnen mit rezidiviertem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiteroder primärem Peritonealkarzinom, die zuvor mit zwei oder mehr Chemotherapielinien behandelt wurden. Die in die Studie aufgenommenen Patientinnen wurden zum Zeitpunkt der Randomisierung nach Platinsensitivität stratifiziert (vollständig platinsensitiv vs. partiell platinsensitiv vs. platinresistent). Zusätzlich hatten Patientinnen, die ursprünglich in die Chemotherapie-Gruppe randomisiert worden waren, nach einer Krankheitsprogression die Option, zu einer Therapie Rucaparib zu wechseln (cross-over). Bei der finalen OS-Analyse hatten 69% der Patientinnen (n=80/116) im Kontrollarm eine spätere Behandlung mit Rucaparib erhalten.

Nachteilige Effekte in der finalen Analyse

In der ITT-Population der ARIEL4-Studie wurde, in Bezug auf den primären Endpunkt des vom Prüfer bewerteten progressionsfreien Überlebens (invPFS), ein Unterschied zugunsten von Rucaparib beobachtet. Dabei betrug das mediane invPFS 7,4 Monate für die Rucaparib-Gruppe im Vergleich zu 5,7 Monaten für die Chemotherapie-Gruppe (HR 0,665: 95%-KI 0,516 bis 0,858; p=0,0017).

Allerdings wurde in der finalen Analyse des sekundären Endpunkts des OS bei den für Rucaparib randomisierten Patientinnen ein nachteiliger Effekt beobachtet. Das mediane OS in der Rucaparib-Gruppe lag bei 19,4 Monaten im Vergleich zu 25,4 Monaten in der Chemotherapie-Gruppe, woraus eine HR von 1,31 resultiert (95%-KI 1,00 bis 1,73; p=0,0507). Die HRs für das OS in den Untergruppen der vollständig platinsensitiven, partiell platinsensitiven und platinresistenten Patientinnen lagen jeweils bei 1,24 (95%-KI 0,62 bis 2,50; p=0,5405), 0,97 (95%-KI 0,58 bis 1,62; p=0,9129) und 1,51 (95%-KI 1,05 bis 2,17; p=0,0251).

Ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis als Drittlinienbehandlung

Es wird anerkannt, dass die Untergruppe der platinsensitiven Patientinnen (vor allem die der partiell platinsensitiven) im Kontext der zugelassenen Behandlungsindikation die relevanteste Population darstellt. Wenngleich keine statistisch signifikanten Unterschiede im OS festgestellt wurden (HR 1,07; 95%-KI 0,71 bis 1,62; p=0,5405), wurden die Ergebnisse in dieser Untergruppe (kombinierter) platinsensitiver Patientinnen nicht als ermutigend eingestuft. Angesichts dieser o. g. Daten kann das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Rucaparib in der Indikation der Drittlinienbehandlung nicht länger als günstig angesehen werden.

Bestehende Indikationen

Rucaparib ist weiterhin zugelassen als Monotherapie zur Erhaltungsbehandlung erwachsener Patientinnen mit platinsensitivem, rezidiviertem high-grade epithelialem Ovarial-, Eileiter- oder primärem Peritonealkarzinom, die (vollständig oder partiell) auf die platinbasierte Chemotherapie ansprechen.

Aufforderung zur Meldung von Nebenwirkungen

Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung an den Hersteller, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die entsprechende Arzneimittelkommission zu melden.

PDF öffnenRote-Hand-Brief zu Rubraca – August 2022

Autor:
Stand:
08.08.2022
Quelle:

Clovis Oncology Ireland Ltd: Rote-Hand-Brief zu Rubraca – August 2022

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