Chemisch-synthetische Expektoranzien

Bei einem produktiven Husten sollen Expektoranzien die Sekretion von Bronchialflüssigkeit fördern (Sekretolytika) und/oder die Viskosität des zähen Bronchialschleims herabsetzen (Mukolytika).

Lunge Schleim

Durch Förderung des Abhustens und Elimination von Sekret werden die Hustenrezeptoren entlastet, infolgedessen auch der Hustenreiz gelindert wird. Damit können sie zur subjektiven Verbesserung der Hustensymptomatik beitragen. Die kombinierte Gabe von Expektoranzien und Antitussiva ist nicht empfohlen, da die Gefahr eines Sekretstaus besteht.

Neben der protussiven Wirkung besitzen einigen Expektoranzien (z.B. Ambroxol und N-Acetylcystein) auch antientzündliche, antioxidative, lokalanästhetische oder antivirale Effekte, die die Wirksamkeit auch bei der Linderung des Hustenreizes erhöhen.

Ohne ärztlichen Rat sollte die Einnahme von chemisch-synthetischen Expektoranzien auf vier bis fünf Tage beschränkt bleiben. In der Selbstmedikation am häufigsten eingesetzt werden in Deutschland Ambroxol und N-Acetylcystein, in englischsprachigen Ländern dagegen Guaifenesin und Kaliumjodid.

Ambroxol, Bromhexin

  • Bei Erwachsenen und Kindern (Dosierung in Abhängig vom Alter) wird die entsprechende Tagesmaximaldosis von Ambroxol (Mucosolvan) auf 2-3 Einnahmen pro Tag verteilt.
  • Kinder unter 2 Jahren dürfen im Rahmen der Selbstmedikation nicht mit Ambroxol behandelt werden.
  • Die Wirkung tritt in der Regel innerhalb von 30 Minuten nach peroraler Gabe ein und dauert 6 bis 12 Stunden an.
  • Bei Bromhexin handelt es sich um ein Prodrug. Aktiver Metabolit ist das bezüglich Wirksamkeit, Bioverfügbarkeit und Verträglichkeit bessere Ambroxol.
  • Bromhexin (Bisolvon) wird dreimal täglich verabreicht. Daten zu Eintritt und Dauer der Wirkung liegen nicht vor.

N-Acetylcystein

  • Die Einnahme einer entsprechenden Dosis N-Acetylcystein (ACC) erfolgt 2- bis 3-mal täglich. Erkenntnisse zu Eintritt und Dauer der Wirkung nach peroraler Gabe liegen nicht vor.
  • Die Behandlung von Kindern unter 2 Jahren ist zulässig, ausreichende Erfahrungen zur Behandlung von Neugeborenen gibt es aber nicht.
  • Eine orale Gabe von Antibiotika sollte zeitlich getrennt mit einem mindestens zweistündigen Abstand erfolgen, da Ergebnisse von in-vitro-Versuchen auf eine mögliche Inaktivierung der Antibiotika hindeuten.
  • CAVE: Potenzielle Verstärkung des vasodilatierenden Effekts von Nitroglycerin.

Guaifenesin

  • Guaifenesin (Fagusan Lösung, WICK Husten Löser) ist für Erwachsene und Jugendliche über 14 Jahren zugelassen.
  • Die Einnahme erfolgt in der Regel alle 4 Stunden und nicht mehr als 6-mal täglich.
  • Guaifenesin wirkt in höheren Dosen dämpfend und zentral muskelrelaxierend, weshalb besondere Vorsicht bei der gemeinsamen Anwendung mit Sedativa und Muskelrelaxantien geboten ist.
  • CAVE: Kombination mit Sedativa und Muskelrelaxanzien, da Guaifensin in höheren Dosen zentral muskelrelaxierend und dämpfend wirkt.

Studienlage

Außer einer akzeptablen randomisierten Studie zu Ambroxol aus dem Jahr 2000 gibt es nur wenig akzeptable randomisierte kontrollierte Studien zu den Expektoranzien, und Übersichtsarbeiten zeigen eine unklare Evidenzlage. Eine klinisch relevante Wirkung von Expektoranzien bei akutem Husten und Erkältungskrankheiten ist nicht ausreichend belegt. Ihr Einsatz bei akutem Husten im Rahmen eines akuten Atemwegsinfekts wird daher in der aktuellen DEGAM-Leitlinie „Akuter und chronischer Husten“ nicht empfohlen.

Autor:
Stand:
23.09.2021
Quelle:
  1. Aktories K. et al., Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Elsevier, 12. Auflage 2017
  2. Krüger K. et al., S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), AWMF-Registrier-Nr.: 053-013
  3. Kardos P. et al., S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit Husten, 01/2019, AWMF-Register-Nr.: 020-003
  4. Landesapothekerkammer Hessen, Neues zum Thema Husten, LAK aktuell Mai 2019
  5. Neubeck M., Evidenzbasierte Selbstmedikation, Deutscher Apotheker Verlag, 5. Auflage 2021
  6. Morice A. und Kardos P., Comprehensive evidence-based review on European antitussives, BMJ Open Respiratory Research 2016, DOI: 10.1136/bmjresp-2016-000137
  7. Kurzprotokoll der 84. Sitzung (13. Juli 2021) des Sachverständigen-Ausschusses für Verschreibungspflicht nach §53 Absatz 2 AMG, www.bfarm.de
  8. DEGAM: S3-Leitlinie: Akuter und chronischer Husten
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