Bisacodyl und Natriumpicosulfat

Bisacodyl (Dulcolax) und Natriumpicosulfat (Laxoberal) sind antiresorptiv oder hydragog wirkende Laxanzien, die beide zu dem aktiven Metaboliten Bis-(p-Hydroxyphenyl)-pyridyl-2-methan (BHPM) hydrolysiert werden.

Natriumpicosulfat 3D

Ihre abführende Wirkung beruht auf einer Stimulation der Dickdarmmuskulatur, wodurch die Motilität gesteigert wird sowie auf einer Hemmung der Wasserresorption. Beide Wirkstoffe werden im Dickdarm in ihre Wirkform dem Diphenol BHPM metabolisiert. Nach oraler Anwendung wirkt Natriumpicosulfat tendentiell etwas schneller als Bisacodyl, da dieses nach Einnahme zunächst in der Leber verstoffwechselt wird, also dem enterohepatischen Kreislauf unterliegt, bevor es zu seinem Wirkort dem Dickdarm gelangt. Ein weiterer Unterschied der beiden Präparate bilden die Anwendungsmöglichkeiten: Während Natriumpicosulfat in Form von Tabletten und Tropfen auf dem Markt ist, gibt es von Bisacodyl Tabletten und Zäpfchen.

Darüber hinaus gilt in der Beratung zu beachten, dass die Wirkung von Natriumpicosulfat vom Zustand der Darmflora bzw. den Darmbakterien abhängig ist, da der Wirkstoff durch diese in die aktive Form umgewandelt wird. Bei Antibiotikatherapie kann deshalb die Wirkung von Natriumpicosulfat beeinträchtigt sein. Bisacodyl besitzt diese Einschränkung nicht, da der Essigsäureester durch Esterasen der Darmmukose in BHPM hydrosisiert wird.

Bisacodyl

Bisacodyl (z. B. in Dulcolax, Laxans AL) ist ein Prodrug und wirkt lokal im Darm nach Hydrolyse durch Esterasen der Darmmukosa. Der Wirkstoff steigert die Peristaltik des Kolons und fördert die Ansammlung von Wasser und nachfolgend Elektrolyten im Dickdarmlumen. Daraus ergeben sich eine Anregung der Peristaltik, Reduzierung der Kolontransitzeit und eine Konsistenzverminderung sowie Volumenvermehrung des Stuhls. Bisacodyl beeinflusst nicht die Aufnahme von Kalorien oder von essenziellen Nährstoffen im Dünndarm, da es im Dickdarm wirkt [14].

Was ist zu beachten?

Bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, starken Bauchschmerzen und Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes sollte Bisacodyl nicht angewendet werden. Bei Kindern unter zwei Jahren ist der Wirkstoff kontraindiziert. Nach ärztlicher Rücksprache kann Bisacodyl in der Schwangerschaft eingesetzt werden [14].

Studienlage

Eine randomisierte, placebokontrollierte Studie zeigt, dass Bisacodyl bei Patient:innen mit chronischer Obstipation wirksam und gut verträglich ist. Der Wirkstoff verbessert signifikant die Darmfunktion, verstopfungsbedingte Symptome und die Lebensqualität [15]. Daher können Bisacodyl-haltige Präparate zur Therapie der Obstipation empfohlen werden.
Klinische Daten zeigen außerdem, dass weder der aktive Metabolit von Bisacodyl noch dessen Glucuronide in die Muttermilch übertreten. Eine Anwendung während der Stillzeit ist daher möglich [14; 16].

Natriumpicosulfat

Natriumpicosulfat (z. B. in Laxoberal) ist ein lokal wirkendes Laxans. Der Wirkstoff regt nach bakterieller Metabolisierung im Kolon die Mukosa des Dickdarms an. Dies führt zu einer Anregung der Peristaltik und fördert die Ansammlung von Wasser und Elektrolyten im Kolonlumen. Folglich wird die Defäkation angeregt, die Transitzeit reduziert und die Konsistenz des Stuhls vermindert. Wie Bisacodyl beeinflusst auch Natriumpicosulfat nicht die Aufnahme von Kalorien oder von essenziellen Nährstoffen im Dünndarm [17].

Was ist zu beachten?

Natriumpicosulfat sollte bei Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, starken Bauchschmerzen und Störungen des Wasser- und Elektrolythaushaltes nicht angewendet werden. Im Vergleich zu Bisacodyl ist Natriumpicosulfat bei Kindern unter vier Jahren kontraindiziert. Die Fachinformation empfiehlt aus Sicherheitsgründen, während der Schwangerschaft möglichst auf die Anwendung zu verzichten. Während der Stillzeit ist eine Anwendung hingegen möglich [17].

Studienlage

In einer randomisierten doppelblinden Parallelgruppenvergleichsstudie mit 367 chronisch obstipierten Patient:innen führte die tägliche Einnahme von Natriumpicosulfat zu einem signifikanten Anstieg der Anzahl kompletter Stuhlgänge pro Woche im Vergleich zur Placebogruppe. Die Überlegenheit von Natriumpicosulfat gegenüber Placebo wurde in allen Behandlungswochen nachgewiesen [17].

In einer anderen Studie wurden Sicherheit und Wirksamkeit von Bisacodyl und Natriumpicosulfat bei der Behandlung von chronischer Obstipation über einen Zeitraum von vier Wochen miteinander verglichen. Beide Wirkstoffe waren bei der Behandlung gleichermaßen gut verträglich und wirksam [18].

Weiterhin wurde die Anwendung von Natriumpicosulfat, PEG und Lactulose bei Krebspatient:innen mit einer Opioid-Therapie in einer randomisierten, kontrollierten, prospektiven Open-Label-Studie analysiert. Natriumpicosulfat und PEG erwiesen sich dabei wirksamer als Lactulose [19].

Autor:
Stand:
03.02.2022
Quelle:
  1. Lehrbuch Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, von Gerd Geisslinger/Sabine Menzel/Thomas Gudermann/Burkhard Hinz/Peter Ruth, 11. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  2. Aktualisierte S2k-Leitlinie chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutsche Gesellschaft für Neurogastroenterologie & Motilität (DGNM); Konsultationsfassung, https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2021/11/Leitlinie-LL-chronische-Obstipation_16.11.21-1.pdf
  3. Wald, A., et al., The burden of constipation on quality of life: results of a multinational survey. Aliment Pharmacol Ther, 2007. 26(2): p. 227-36.
  4. Muller-Lissner, S.A., et al., Myths and misconceptions about chronic constipation. Am J Gastroenterol, 2005. 100(1): p. 232-42.
  5. Fachinformation Lactulose
  6. Lederle FA, Busch DL, Mattox KM, West MJ, Aske DM. Cost-effective treatment of constipation in the elderly: a randomized double-blind comparison of sorbitol and lactulose. Am J Med. 1990 Nov;89(5):597-601. doi: 10.1016/0002-9343(90)90177-f. PMID: 2122724. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2122724/
  7. Müller-Lissner S, Bassotti G, Coffin B, et al. Opioid-Induced Constipation and Bowel Dysfunction: A Clinical Guideline. Pain Med. 2017;18(10):1837-1863. doi:10.1093/pm/pnw255
  8. Fachinformation Movicol®
  9. Lee-Robichaud H, Thomas K, Morgan J, Nelson RL. Lactulose versus Polyethylene Glycol for Chronic Constipation. Cochrane Database Syst Rev. 2010 Jul 7;(7):CD007570. doi: 10.1002/14651858.CD007570.pub2. PMID: 20614462. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20614462/
  10. Fachinformation Agiocur® Madaus
  11. Suares NC, Ford AC. Systematic review: the effects of fibre in the management of chronic idiopathic constipation. Aliment Pharmacol Ther 2011;33:895-901.
  12. Bove A, Bellini M, Battaglia E, et al. Consensus statement AIGO/SICCR diagnosis and treatment of chronic constipation and obstructed defecation (part II: treatment). World J Gastroenterol 2012;18:4994-5013.
  13. Mueller-Lissner SA, Wald A. Constipation in adults. BMJ Clin Evid 2010;2010.
  14. Fachinformation Dulcolax® Dragées
  15. Kamm MA, Mueller-Lissner S, Wald A, Richter E, Swallow R, Gessner U. Oral bisacodyl is effective and well-tolerated in patients with chronic constipation. Clin Gastroenterol Hepatol. 2011 Jul;9(7):577-83. doi: 10.1016/j.cgh.2011.03.026. Epub 2011 Mar 25. PMID: 21440672.
  16. Friedrich C, Richter E, Trommeshauser D, de Kruif S, van Iersel T, Mandel K, Gessner U. Absence of excretion of the active moiety of bisacodyl and sodium picosulfate into human breast milk: an open-label, parallel-group, multiple-dose study in healthy lactating women. Drug Metab Pharmacokinet. 2011;26(5):458-64. doi: 10.2133/dmpk.dmpk-11-rg-007. Epub 2011 Jun 21. PMID: 21697613.
  17. Fachinformation Laxoberal® Abführ-Tropfen / Abführ-Tabletten
  18. Kienzle-Horn S, Vix JM, Schuijt C, Peil H, Jordan CC, Kamm MA. Comparison of bisacodyl and sodium picosulphate in the treatment of chronic constipation. Curr Med Res Opin. 2007 Apr;23(4):691-9. doi: 10.1185/030079907x178865. PMID: 17407625.
  19. Wirz S, Nadstawek J, Elsen C, Junker U, Wartenberg HC. Laxative management in ambulatory cancer patients on opioid therapy: a prospective, open-label investigation of polyethylene glycol, sodium picosulphate and lactulose. Eur J Cancer Care (Engl). 2012 Jan;21(1):131-40. doi: 10.1111/j.1365-2354.2011.01286.x. Epub 2011 Aug 31. PMID: 21880080.
  20. SPEARE GS. Melanosis coll; experimental observations on its production and elimination in twenty-three cases. Am J Surg. 1951 Nov;82(5):631-7. doi: 10.1016/0002-9610(51)90432-1. PMID: 14885613.
  21. Fachinformation Neda® Früchtewürfel
  22. Fachinformation Kräuterlax®
  23. Agra Y, Sacristán A, González M, Ferrari M, Portugués A, Calvo MJ. Efficacy of senna versus lactulose in terminal cancer patients treated with opioids. J Pain Symptom Manage. 1998 Jan;15(1):1-7. doi: 10.1016/S0885-3924(97)00276-5. PMID: 9436336.
  24. Fachinformation Obstinol® M
  25. AWMF: Leitlinien
  26. Lauer-Taxe: Lecicarbon® Laxans
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