Unter einer Obstipation wird die verzögerte Entleerung von trockenem und hartem Stuhl verstanden. Sie ist entweder auf eine verlangsamte Darmpassage (Transitstörung) oder einen gestörten Entleerungsreflex zurückzuführen. Die Ursachen sind vielfältig. In Betracht kommen unter anderem Lebensstil- und Ernährungsfaktoren (z. B. Hektik und Stress im Alltag, ballaststoffarme Kost, unzureichende Flüssigkeitszufuhr), Darmwandveränderungen (z. B. durch Tumoren, chronische Entzündungen), endokrine Störungen (z. B. Hypothyreose) sowie funktionelle und organische Störungen des Nervensystems (z. B. Wirbelsäulenverletzungen) [1].
Weitere Erkrankungen, physiologische Zustände oder sonstige Umstände, die Grund für das Auftreten einer Obstipation sein können, sind beispielsweise höheres Alter (durch altersbedingte Veränderungen der Organfunktionen und Darmaktivität, Amyloidose, Demenz, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Hyperparathyreodismus (Hyperkalziämie), Schwangerschaft (3. Trimenon; bedingt durch den Anstieg von Progesteron), weiblicher Zyklus (2. Zyklushälfte), Krankenhausaufenthalt (Immobilität), Dehydratation oder. Laxanzienabusus.
Ferner ist die Obstipation als Krankheitsbild auch im Bereich der psychosomatischen Medizin bekannt. Die Verdauungsstörung kann dabei sowohl Nebensymptom verschiedener seelischer Leiden (z. B. Depression) als auch eine isolierte chronische Störung sein, die in Verbindung mit weiteren Beschwerden wie Kopfschmerz und Müdigkeit auftritt. Auch hier sind Frauen im Allgemeinen häufiger betroffen.
Behandlung
Obstipation kann in der Regel mit OTC-Präparaten gut behandelt werden. Folgende Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen kommen dabei zum Einsatz:
Obstipation durch Arzneimittel
Eine Obstipation kann unter anderem eine unerwünschte Arzneimittelwirkung (UAW) sein. Folgende Wirkstoffe bzw. Wirkstoffgruppen können sie hervorrufen (Auswahl/Beispiele):
Akute vs. chronische Obstipation – das ist der Unterschied
In der Praxis wird zwischen akuter und chronischer Obstipation unterschieden. Die akute Form ist häufig auf den Lebensstil der Betroffenen zurückzuführen. Als chronisch bezeichnet man die Obstipation, wenn folgende drei Kriterien aktuell seit mindestens drei Monaten bestehen, wobei der initiale Beginn der Symptomatik laut Leitlinie wenigstens sechs Monate vor Diagnosestellung liegen sollte [2]. Zwei oder mehr der folgenden Symptome sollten vorhanden sein:
- Klumpiger oder harter Stuhl (nach der Bristol-Stuhlformen-Skala Typ 1 und 2) bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen
- Starkes Pressen bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen
- Subjektiv unvollständige Entleerung bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen
- Subjektive Obstruktion bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen
- Manuelle Manöver zur Erleichterung der Defäkation bei mehr als 25% der Stuhlentleerungen (digitale Manipulation, Beckenbodenunterstützung)
- Weniger als drei spontane Stuhlgänge pro Woche
- Die Kriterien für ein Reizdarmsyndrom sind nicht erfüllt.
Aus der ärztlichen und pharmazeutischen Praxis ist bekannt, dass Patient:innen mit chronischer Obstipation einen hohen Leidensdruck und eine schlechtere Lebensqualität als Personen ohne Obstipation haben. Das legen auch Studien nahe [3,4].
Grenzen der Selbstmedikation
Das pharmazeutische Personal sollte während des Beratungsgesprächs die richtigen Fragen stellen, um ausreichend Informationen sammeln. Danach sollte entschieden werden, ob die Selbstmedikation bei der Therapie der Obstipation vertretbar ist oder doch ärztlicher Rat eingeholt werden sollte.
Die Grenzen der Selbstmedikation sind erreicht bei:
- Wechsel von Diarrhoe und Obstipation (evtl. Hinweis auf Reizdarm)
- Obstipation bei Kindern unter sechs Jahren (idealerweise ärztliche Erstbehandlung)
- Fieber (> 39°C)
- Beschwerden, die länger als drei bis vier Tage andauern und sich nicht bessern
- Verdacht auf: Dehydratation bei Säuglingen oder Senior:innen, UAW, Laxanzienabusus, schwerwiegende Erkrankungen, bakteriell oder viral bedingte Intoxikation
- Kolikartige Abdominalschmerzen, Krämpfe, Übelkeit, Erbrechen
- Blutiger oder schleimiger Stuhl
- Aufenthalt im Ausland bzw. in den Tropen
Nichtmedikamentöse Maßnahmen und Beratungsvorschläge
- Auf ausreichende Flüssigkeitsaufnahme achten
- Körperliche Aktivität in den Alltag einbauen
- Gesunde, ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung mit Vollkornprodukten, Obst, Gemüse
- Langsam und gründlich kauen, nicht zu hastig essen
- Mehrere kleine Mahlzeiten statt drei große
- Regelmäßige Unterdrückung des Defäkationsreizes vermeiden