Gemeinsames Konzept für Impfungen in Arztpraxen

Die Standesvertretungen der Ärzte (KBV), Apotheker (ABDA) und des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO) haben gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit ein Organisationsmodell entwickelt, das Corona-Impfungen in Arztpraxen sicherstellen soll.

Zusammenarbeit

In der Bund-Länder-Konferenz vom 19. März 2021 wurde wiederholt verkündet, dass im Sommer des Jahres allen Bürgern ein Impfangebot gemacht werden soll. Erreicht werden soll dies vor allem durch die kontinuierlich steigende Menge an Corona-Impfstoffen sowie die Einbindung der niedergelassenen Ärzte in die Impfkampagne. Ab der 14. Kalenderwoche (5. bis 11. April) sollen zunächst etwa eine Millionen Impfdosen für die rund 50.000 Arztpraxen zur Verfügung gestellt werden. Ein Teil dieser Impfdosen soll aus einer Zusatzlieferung des Impfstoffes Comirnaty (BNT162b2) der Hersteller BioNTech/Pfizer stammen. Die gerechte Verteilung der Impfdosen an die Praxen soll durch den Großhandel und die Apotheken erfolgen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) und der Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels e.V. (PHAGRO) haben gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit ein Organisationsmodell entwickelt, das die Impfstoffbestellungen der Arztpraxen sowie die Belieferung durch die Apotheken sicherstellen soll. Ziele des Konzepts sind vor allem die Sicherstellung der Verimpfung sowie die Vermeidung des Verwurfs vorhandener Dosen.

Impfstoffmengen im April noch knapp

Die Durchführung der COVID-19-Schutzimpfungen in Arztpraxen soll ab dem 7. April starten. Da die Impfstoffmengen in diesem Monat noch knapp sein werden, sind die Praxen dazu aufgefordert zunächst besonders vulnerable Personen zu impfen. Zwar gilt die Prioritätsempfehlung der Ständigen Impfkommission, doch wird den Ärzten mehr Flexibilität bei der Patientenwahl eingeräumt. In den ersten beiden Wochen nach Impfbeginn wird voraussichtlich nur der mRNA-Impfstoff Comirnaty zur Verfügung stehen. In den folgenden Wochen sollen dann weitere Impfstoffe hinzukommen. Ab der letzten Aprilwoche könnten Arztpraxen dann deutlich mehr Impfdosen erhalten. Betriebsärzte sollen erst später am Impfgeschehen beteiligt werden, wenn ausreichend Impfdosen vorhanden sind.

Impfstoffbestellung

Die Impfstoff-Bestellungen der Ärzte müssen in den Apotheken bis spätestens Dienstag um 12 Uhr für die darauffolgende Woche erfolgen. Für den Impfstart wäre der letztmögliche Termin daher der 30. März. Die Praxen werden gebeten ihren Impfstoff von nur einer Apotheke zu beziehen. Die Apotheken sollen wiederrum die Bestellung noch am selben Tag bis 15 Uhr an ihren Hauptgroßhändler weiterleiten. Dies kann über das Warenwirtschaftssystem getrennt von den anderen Bestellungen erfolgen. Der Großhandel bestellt die Impfstoffe anschließend entweder direkt beim pharmazeutischen Unternehmer oder über ein Verteilerzentrum.

Bestellung auf Formular Muster 16

Die Ärzte können die Bestellung auf dem Arzneimittelrezept (Formular Muster 16) analog dem Sprechstundenbedarf tätigen. Als Kostenträger wird das Bundesamt für Soziale Sicherung (IK 100038825) angegeben. Für die Erstimpfung erfolgt eine generische Bestellung der Impfdosen ohne Angabe eines bestimmten Impfstoffs einschließlich des entsprechenden Impfzubehörs. Die Bestellung für die Zweitimpfung erfolgt impfstoffspezifisch mit einem entsprechenden Hinweis. Dabei ist zum einen zu beachten, dass derzeit keine Impfstoffdosen für die Zweitimpfung zurückgelegt werden müssen und zum anderen, dass die in der Coronavirus-Impfverordnung festgelegten Intervalle (wie z.B. Comirnaty 6 Wochen, AstraZeneca 12 Wochen) einzuhalten sind. In Zukunft soll auch bei der Erstimpfung eine impfstoffspezifische Bestellung ermöglicht werden.

Begrenzung der Bestellmengen

Aktuell ist die Bestellmenge zunächst auf 18 bis maximal 50 Impfdosen pro Woche begrenzt. Bei der Übermittlung der Bestellung an den Großhändler müssen die Apotheken darauf achten die angegebenen Impfdosen in die Anzahl der benötigten Vials umzurechnen. Aus einem Mehrdosenbehältnis von Comirnaty können beispielsweise 6 Impfdosen gewonnen werden. Es ist damit zu rechnen, dass es vor allem zu Impfbeginn vorkommen kann, dass die Praxen weniger Impfstoff erhalten als sie bestellt haben, insbesondere bei Bestellungen über 18 Dosen. Meldet der Großhändler den Apotheken, dass weniger Impfdosen als bestellt geliefert werden können, muss diese wiederum die ärztlichen Bestellungen gleichmäßig kürzen. Eine Rückmeldung an die Arztpraxen wie viel der bestellten Impfdosen geliefert werden können, soll spätestens bis Donnerstag der Bestellwoche durch die Apotheken erfolgen; In der ersten Impfwoche sogar bis Mittwoch.

Lieferung und Lagerung

Die pharmazeutischen Unternehmer liefern die Impfstoffe einmal wöchentlich an die Großhändler aus. Die Lieferung des Comirnaty-Impfstoffs zum Großhandel erfolgt mit Trockeneis bei einer Tiefsttemperatur von -75°C (±15°C). Da die Lagerung beim Großhändler im Kühlschrank (2°C bis 8°C) erfolgt, beginnt dementsprechend bereits hier der Auftauprozess dieses Impfstoffs. Daher liegt der Lieferung bei einer Bestellung von Comirnaty ein Begleitdokument bei, das Angaben zum Auftauzeitpunkt und dem entsprechenden Ende der Haltbarkeit enthält. Comirnaty muss immer in Kühlboxen transportiert und auch bei einer Zwischenlagerung in der Apotheke im Kühlschrank aufbewahrt werden.

Der Großhandel fügt der Impfstoffbestellung die entsprechende Menge Impfzubehör pro Einzelbestellung bei. Das Zubehör wurde durch KBV, ABDA und PHAGRO bereits impfstoffbezogen standardisiert. Die Lieferung an die Arztpraxen soll durch die Apotheken immer am Montagnachmittag der auf die Bestellung folgenden Woche erfolgen.

Die gelieferten Impfstoffe müssen in den Arztpraxen entsprechend der jeweiligen Fachinformation gelagert werden. Bei der Lagerung im Kühlschrank wird eine kontinuierliche Überwachung der Kühlschranktemperatur durch einen Datenlogger mit Alarmfunktion empfohlen. Die ungeöffneten Impfstoffe sollten außerdem vor Licht geschützt aufbewahrt werden. Folgende Haltbarkeiten sind zu beachten.

 Haltbarkeit ungeöffnetHaltbarkeit geöffnet
Comirnaty von BioNTech/Pfizer120 Stunden (5 Tage) bei 2°C bis 8°C inklusive Zeit für Auftauen und Transport
2 Stunden bei Raumtemperatur bis 30°C
6 Stunden bei 2°C bis 30°C ab dem Zeitpunkt der Verdünnung
COVID-19 Vaccine AstraZeneca6 Monate bei 2°C bis 8°C48 Stunden bei 2°C bis 8°C nach Entnahme der ersten Dosis bzw.
6 Stunden bei Raumtemperatur bis 30°C
COVID-19 Vaccine ModernaIm Gefrierschrank (-25°C bis -15°C) wie Verfallsdatum
Nach dem Auftauen:
30 Tage bei 2°C bis 8°C
12 Stunden bei 8°C bis 25°C
6 Stunden bei 2°C bis 8°C nach Entnahme der ersten Dosis
COVID-19 Vaccine JanssenIm Gefrierschrank (-25°C bis -15°C) wie Verfallsdatum
Nach dem Auftauen:
3 Monate bei 2°C bis 8°C
12 Stunden bei 9°C bis 25°C
6 Stunden bei 2°C bis 8°C nach Entnahme der ersten Dosis
3 Stunden bei Raumtemperatur bis 25°C

Wie aus der Tabelle ersichtlich muss der Impfstoff Comirnaty im aufgetauten Zustand innerhalb von 120 Stunden (Lagerung 2°C bis 8°C) verimpft werden. Da der Auftauvorgang bereits beim Großhändler beginnt, ist es wichtig die festgelegten Fristen des Organisationsmodells einzuhalten, um die vollständige Verimpfung der Dosen sicherzustellen.

Ausnahme zu Ostern

Bereits in der ersten Woche der Auslieferung kommt es zu einem Sonderfall: Aufgrund des Feiertages am 5. April (Ostermontag) kann die Auslieferung des Impfstoffs an die Praxen erst am Nachmittag des 6. Aprils (Dienstag) bzw. spätestens am 7. April (Mittwoch) bis 12 Uhr erfolgen.

Vorbereitung und Anwendung der Impfstoffe

Die Impfstoffe werden in Mehrdosenbehältnissen geliefert. Während Comirnaty vor der Verabreichung verdünnt werden muss, sind die anderen Präparate bereits gebrauchsfertig.

Comirnaty wird in Trockeneis mit Temperaturen von -75°C (±15°C) ausgeliefert und muss zunächst über 3 Stunden im Kühlschrank (2°C bis 8°C) oder 30 Minuten bei Raumtemperatur aufgetaut werden. Letzteres wird vom Hersteller allerdings nicht empfohlen. Nach dem Auftauen wird der Impfstoff unter aseptischen Bedingungen in der Durchstechflasche mit 0,9%iger Natriumchloridlösung verdünnt. Die Verdünnung sollte bei Raumtemperatur erfolgen, wobei alle Komponenten diese Temperatur haben sollten. Um den durch das Verdünnen entstandenen Druck zu mindern, wird mit der Spritze etwas Luft aus dem Vial entfernt. Anschließend wird der Inhalt geschwenkt. Das Mischen darf keinesfalls durch Schütteln erfolgen, da der Impfstoff sonst unbrauchbar wird. Auch Erschütterungen sollen vermieden werden.

Der AstraZeneca-Impfstoff ist gebrauchsfertig, die Injektionssuspension darf weder verdünnt noch geschüttelt werden.

Die Impfstoffe der Firmen Moderna und Janssen sind ebenfalls gebrauchsfertig, müssen vor der Anwendung jedoch aufgetaut werden.

  • Die Moderna-Vakzine kann entweder über 2,5 Stunden im Kühlschrank oder über eine Stunde bei Raumtemperatur aufgetaut werden.
  • Janssen-Vakzinen wird bei Raumtemperatur (maximal 25°C) über eine Stunde (einzelnes Vial) bzw. 2 Stunden (Packung mit 10 Vials) oder im Kühlschrank bei 2°C bis 8°C über 2 Stunden (einzelnes Vial) bzw. 12 Stunden (Packung mit 10 Vials) aufgetaut.
  • Vor der Entnahme einer Dosis sollen die Mehrdosenbehältnisse vorsichtig geschwenkt werden.

Anschauliches Informationsmaterial verfügbar

Neben den Bundesvereinigungen und -verbänden (ABDA, KBV, PHAGRO) stellen auch die Hersteller BioNTech, AstraZeneca, Moderna und Janssen auf ihren Webseiten anschauliches Informationsmaterial zum Umgang mit den Impfstoffen für Ärzte und Apotheker zur Verfügung. Die Fach- und Gebrauchsinformationen können auf der Webseite des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) eingesehen werden.

Dokumentation und Abrechnung

Mit der Beteiligung der niedergelassenen Ärzte am Impfgeschehen bedarf es einer erneuten Änderung der Corona-Impfverordnung (CoronaImpfV). Ein Referentenentwurf soll laut ABDA bereits vorliegen und die neue Verordnung am 1. April 2021 in Kraft treten.

Die Dokumentation der Impfungen in den Arztpraxen soll mithilfe des Software-Tools der KBV erfolgen, das die Daten an das Robert-Koch-Institut (RKI) zur Beobachtung des Impfgeschehens übermittelt. Dabei wird täglich die Anzahl der Erst- und Zweitimpfungen je Impfstoff sowie die Anzahl der über 60-Jährigen je Erst- und Zweitimpfung dokumentiert. Die Abrechnung erfolgt auch für nicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte über die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung (KV). Mit der Quartalsabrechnung werden zusätzliche Angaben wie die Impfindikation sowie die Chargennummer erfasst und durch die KV an das RKI übermittelt.

Die Abrechnung der Vergütung der Apotheken sowie des möglichen Vergütungsanteils der Großhändler sollen voraussichtlich über die Apotheken bzw. deren Rechenzentren erfolgen.

Impfstoffe erhalten Bund-PZN

Zum 1. April erhalten die Corona-Impfstoffe zur Vereinfachung der Bestellung und Abrechnung eine Bund-Pharmazentralnummer (Bund-PZN). Die Rezepte werden dann gemäß der CoronaImpfV mit einer Sonder-PZN bedruckt.

ImpfstoffBund-PZN
Comirnaty von BioNTech/Pfizer17377571 (195 St.)
17377588 (1 St.)
COVID-19 Vaccine AstraZeneca17377619 (10x5 ml)
17377625 (1x5 ml)
COVID-19 Vaccine Moderna17377594 (10x5 ml)
17377602 (1x5 ml)
COVID-19 Vaccine Janssen17377631 (10x2,5 ml)
17377648 (1x2,5 ml)

 

Autor:
Stand:
26.03.2021
Quelle:
  1. Bundesregierung: Beschluss der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 19. März 2021
  2. KBV: Praxisinformation – COVID-19-Schutzimpfung in Arztpraxen: Impfstoffe und Zubehör
  3. KBV: Praxisinformation – COVID-19-Schutzimpfung in Arztpraxen: Abrechnung und Dokumentation
  4. ABDA: Lieferung COVID-19-Impfstoffe an die Arztpraxen
  5. BioNTech: Comirnaty – Handlungshilfe für die Impfstation
  6. BioNTech: Comirnaty – Handlungshilfe für die Apotheke
  7. AstraZeneca: COVID-19 Vaccine AstraZeneca – Hinweise zur Anwendung und Lagerung
  8. Moderna: COVID-19 Vaccine Moderna – Lagerung und Handhabung
  9. Janssen: COVID-10 Vaccine Janssen -  Aufbewahrung, Dosierung und Verabreichung
  10. DrugBase: Aktuelle Informationen vom 25.03.2021
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