
Zunächst wurde Anfang Dezember ein Entwurf bekannt gegeben, über den wir hier berichtet haben. Nun ist die Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 veröffentlicht worden und tritt rückwirkend zum 15. Dezember in Kraft.
Das BMG geht davon aus, dass am 27.12.2020 mit dem Impfen in den Bundesländern begonnen werden kann und dass bis Ende Januar deutschlandweit 3 bis 4 Millionen Impfdosen zur Verfügung stehen werden. Die Lieferungen werden nach ihrem Bevölkerungsanteil an die Bundesländer verteilt. Für das gesamte erste Quartal wird mit 11 bis 13 Millionen Impfdosen gerechnet.
Hausärzte werden in der Impfverordnung nicht in der höchsten Priorität aufgeführt. Nach Angaben von Gesundheitsminister Jens Spahn habe dies jedoch nichts mit mangelnder Wertschätzung zu tun: „Beim Impfen geht es nicht um Wertschätzung, sondern in erster Linie um Schutz. Jemand der dement ist kann sich nicht so gut schützen wie jemand, der medizinisches Personal in einer Praxis ist. Ich kann den Ärztinnen und Ärzten sagen, wir wollen sie schnellst möglich auch impfen.“
Wer wird zuerst geimpft?
Die Reihenfolge der Impfungen ist in der Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums festgelegt, die auf der Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut (RKI) aufbaut. Laut Impfverordnung werden zuerst die über 80-Jährigen sowie Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen und Einrichtungen für geistig Behinderte geimpft. Auch das Personal dieser Häuser sowie Menschen, die einem besonders hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind, gehören zu der ersten Gruppe.
Diese Reihenfolge wird auch bei den zweiten Impfungen beibehalten.
Die Verordnung sieht drei Gruppen vor, deren Angehörige sich mit Priorität impfen lassen können:
Höchste Priorität
- Über 80-Jährige
- Personen, die in stationären Einrichtungen für ältere oder pflegebedürftige Menschen behandelt, betreut oder gepflegt werden oder tätig sind,
- Pflegekräfte in ambulanten Pflegediensten
- Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit hohem Expositionsrisiko wie Intensivstationen, Notaufnahmen, Rettungsdienste, als Leistungserbringer der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, SARS-CoV-2-Impfzentren und in Bereichen mit infektionsrelevanten Tätigkeiten
- Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, die Menschen mit einem hohen Risiko behandeln, betreuen oder pflegen (v.a. Hämato-Onkologie und Transplantationsmedizin.
Hohe Priorität
- Über 70-Jährige
- Personen mit Trisomie 21, Demenz oder geistiger Behinderung
- Personen nach einer Organtransplantation
- Enge Kontaktpersonen von solchen pflegebedürftigen Personen, die über 70 Jahre alt sind, an Trisomie 21 oder einer geistigen Behinderung (bzw. Demenz) leiden oder nach einer Organtransplantation ein hohes Infektionsrisiko haben.
- Kontaktpersonen von Schwangeren
- Personen, die in stationären Einrichtungen für geistig behinderter Menschen tätig sind oder im Rahmen ambulanter Pflegedienste regelmäßig geistig behinderte Menschen behandeln, betreuen oder pflegen
- Personen, die in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem hohen oder erhöhten Expositionsrisiko in Bezug auf das Coronavirus SARS-CoV-2 tätig sind, insbesondere Ärzte und sonstiges Personal mit regelmäßigem Patientenkontakt, Personal der Blut- und Plasmaspendedienste und in SARS-CoV-2-Testzentren
- Polizei- und Ordnungskräfte, die im Dienst, etwa bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind
- Personen im öffentlichen Gesundheitsdienst und in relevanten Positionen der Krankenhausinfrastruktur
- Personen, die in Flüchlings- und Obdachloseneinrichtungen leben oder tätig sind
Erhöhte Priorität
- Über 60-Jährige
- Personen mit folgenden Krankheiten: Adipositas, chron. Nierenerkrankung, chron. Lebererkrankung, Immundefizienz oder HIV-Infektion, Diabetes mellitus, div. Herzerkrankungen, Schlaganfall, Krebs, COPD oder Asthma, Autoimmunerkrankungen und Rheuma
- Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit niedrigen Expositionsrisiko (Labore) und ohne Betreuung von Patienten mit Verdacht auf Infektionskrankheiten
- Personen in relevanter Position in Regierungen, Verwaltungen und den Verfassungsorganen, in Streitkräften, bei der Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und THW, Justiz
- Personen in relevanter Position in Unternehmen der kritischen Infrastruktur, im Apotheken und Pharmawirtschaft, öffentliche Versorgung und Entsorgung, Ernährungswirtschaft, Transportwesen, Informationstechnik und Telekommunikation
- Erzieher und Lehrer
- Personen, mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen
Wer bezahlt die Impfung?
Die Corona-Impfung in den Impfzentren wird für die Bevölkerung kostenlos sein – unabhängig vom Versicherungsstatus. Auf Grundlage des 3. Bevölkerungsschutzgesetzes hat das BMG eine entsprechende Rechtsverordnung erarbeitet. Die Kosten für den Aufbau und die Organisation der Impfzentren tragen die Länder und die gesetzliche Krankenversicherung (Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds) sowie die Private Krankenversicherung. Wenn in der zweiten Phase in den Arztpraxen geimpft werden kann, übernehmen wie üblich gesetzliche und private Krankenversicherung die ärztliche Leistung.
Wer haftet bei Schäden?
Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut beobachtet auftretende Nebenwirkungen aufmerksam. Verdachtsfälle von Impfkomplikationen können dem PEI direkt über die Webseite übermittelt werden. Jeder kann sich dort melden, wenn er oder sie einen Zusammenhang mit der Impfung vermutet. Ärztinnen und Ärzte, Apothekerinnen und Apotheker und die Unternehmen sind zu den Meldungen verpflichtet. Darüber hinaus kann eine Meldung künftig auch über eine spezielle App erfolgen. Diese wird vom Paul-Ehrlich-Institut entwickelt und ist in Kürze in den App-Stores verfügbar.
Wenn es durch die Anwendung des Impfstoffs zu einer Schädigung kommt, kommt je nach Fallgestaltung eine Haftung u.a. des pharmazeutischen Unternehmens aufgrund verschiedener gesetzlicher Grundlagen in Betracht. Haftungsregelungen können sich ergeben aus dem Arzneimittelrecht, dem Produkthaftungsgesetz sowie den allgemeinen Haftungsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Im Infektionsschutzgesetz (§ 60 Abs. 1 S. 1 IfSG) ist auch genau geregelt, wann jemand einen Antrag auf Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz stellen kann. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn jemand durch eine Impfung, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen wurde, gesundheitlichen Schaden erlitten hat.