Drei-Tage-Fieber ist eine Infektionskrankheit, die vor allem Säuglinge und Kleinkinder betrifft. Die meisten Patienten entwickeln ein schnell ansteigendes hohes Fieber, das etwa drei bis vier Tage anhält. Mit der Entfieberung folgt ein rötelnähnliches, nicht juckendes Exanthem.
Drei-Tage-Fieber (ICD-10 B08.2) ist eine ansteckende Infektionskrankheit, die durch humane Herpesviren (HHV-6B, seltener HHV-7) verursacht wird. Andere gängige Bezeichnungen sind Exanthema subitum und Roseola infantum. Älteren Personen ist Drei-Tage-Fieber auch als Sechste Krankheit bzw. Sixth Disease bekannt. Die meist harmlose Erkrankung betrifft vorzugsweise Säuglinge und Kleinkinder. Charakteristisches Symptom ist plötzlich hoch ansteigendes Fieber, das etwa über drei bis vier Tage anhält. Etwa 10% der Kinder leiden währenddessen an Fieberkrämpfen. Mit Abklingen des Fieberschubs zeigt sich ein sehr kleinfleckiger Ausschlag, der an ein Rötelnexanthem erinnert. Die Therapie erfolgt symptomatisch und bleibt in der Regel auf fiebersenkende Maßnahmen beschränkt. Bei ansonsten gesunden Kindern heilt Drei-Tage-Fieber fast immer problemlos aus.
Epidemiologie
Drei-Tage-Fieber ist die häufigste Exanthemkrankheit im Säuglings- und frühen Kleinkindalter. Die verursachenden Herpesviren HHV-6 und -7 kommen ubiquitär vor. Schätzungen zufolge sind etwa 80-100% der Bevölkerung infiziert. Der Haupterkrankungsgipfel liegt zwischen dem sechsten Lebensmonat und zwei Jahren.
Infektionen mit dem HHV-6 treten vor allem im Alter zwischen neun und zwölf Monaten auf. Bis zum zweiten Geburtstag sind nahezu alle Kinder seropositiv.
Das HHV-7 wird vorwiegend bei älteren Kindern ab dem zweiten Lebensjahr nachgewiesen. Das mittlere Erkrankungsalter symptomatischer HHV-7-Infektionen liegt bei 26 Monaten. Am Ende des sechsten Lebensjahrs sind bis zu 86% der Kinder seropositiv.
Ursachen
Ursache des Drei-Tage-Fiebers sind die humanen Herpesviren Typ 6 und 7 aus der Gruppe der Beta-Herpesviren. Die Mehrzahl der Erkrankungen (bis zu 90%) basieren auf einer HHV-6-Infektion. HHV vom Typ 7 sind (autorenabhängig) nur in etwa 10-30% der Fälle für die Exanthemkrankheit verantwortlich.
HHV-6 und-7 sind doppelsträngige DNA-Viren, die strukturell eng mit dem Zytomegalie-Virus (CMV) verwandt sind.
Die Isolate des HHV-6 lassen sich in zwei Serotypen unterteilen: 6A und 6B. Nach heutigen Erkenntnissen scheint in Europa aber praktisch nur der Typ B mit dem Dreitage-Exanthem assoziiert zu sein.
Beide Viren (HHV-6B und HHV-7) persistieren nach dem Primärinfekt lebenslang im Organismus, vornehmlich in Speicheldrüsen und peripheren mononukleären Blutzellen (PBMC). Unter bestimmten Umständen, beispielsweise einer Immunsuppression, können die latent infektiösen Viren erneut aktiv werden. Diese Reaktivierungen werden gelegentlich als Auslöser der Pityriasis rosea bzw. Röschenflechte diskutiert.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt 5 bis 15 Tage.
Übertragung
Erregerreservoir für HHV-6 und -7 ist ausschließlich der Mensch. Drei-Tage-Fieber kann sowohl von primär infizierten Personen als auch von – in der Regel symptomfreien – Personen mit latenten Infektionen ausgehen.
Die Übertragung der Viren erfolgt vorrangig über infektiösen Speichel, meist nach oropharyngealem Kontakt innerhalb der Familie. Selten ist eine aerogene Übertragung durch Tröpfcheninfektion sowie über Blutprodukte, Organtransplantationen und Geschlechtsverkehr möglich. Eine symptomatische konnatale Infektion ist aufgrund der hohen Immunitätsrate kaum zu befürchten.
HHV-7 können theoretisch über infizierte Muttermilch an das Kind weitergegeben werden.
Einige Untersuchungen stützen die Annahme, dass eine frühe Infektion mit dem HHV-6 vor einer späteren HHV-7-Infektion schützt. Der endgültige Beweis dieser These fehlt jedoch bislang.
Pathogenese
Nach Übertragung nutzen alle Herpesviren das genetische Programm der Wirtszellen. HHV-6B und -7 docken speziell an CD4+-T-Zellen an und dringen in sie ein. Die Virushülle fusioniert mit der Zellmembran. Das Kapsid wird zum Zellkern transportiert, in dem sich auch die doppelsträngige Virus-DNA vermehrt. Im lytisch-produktiven Zyklus der Herpes-Viren sterben die gesunden Wirtszellen ab.
Im symptomatischen Stadium finden sich die Viren lymphozytenassoziiert und im Plasma. In der Latenzzeit sind die Erreger nur noch in Monozyten bzw. Makrophagen nachweisbar. Sie überleben in den infizierten Zellen, produzieren jedoch keine weiteren infektiösen Viren. Nach einer Reaktivierung zum lytischen Infektionszyklus kommt es zu Beschwerden, die der Klinik der Primärinfektion ähneln.
Nach einer HHV-6/7-Infektion ist bei immunkompetenten Patienten eine lebenslange Immunität zu erwarten.
Symptome
Kinder mit Exanthema subitum entwickeln ohne vorherige Warnzeichen abrupt hohes Fieber, das über drei bis vier Tage (selten auch länger) anhält. Das Exanthem folgt erst mit der Entfieberung. Sobald das Fieber sinkt bildet sich – bevorzugt an Körperstamm und Nacken – ein makulöser, mitunter leicht papulöser Hautausschlag. Die Flecken können konfluieren und auf das Gesicht und/oder die Extremitäten übergehen. Allgemein ist das Exanthem nur flüchtig und verblasst relativ schnell – normalerweise innerhalb weniger Stunden bis drei Tagen. Im Gegensatz zu anderen exanthematösen Kinderkrankheiten juckt der Ausschlag bei Drei-Tage-Fieber für gewöhnlich nicht.
Seltene Begleitsymptome sind:
Diarrhoe und Emesis
zervikale Lymphadenopathie
papulöses Enanthem an Uvula und/oder weichem Gaumen (sogenannte Nagayama-Spots)
Pharyngitis
Husten
Lidödem
vorgewölbte (gespannte) Fontanelle
Fieberkrämpfe
Gelegentlich werden fieberhafte Verläufe ohne Exanthem beobachtet. Auch gänzlich inapparente Verläufe sind möglich, vor allem bei HHV-7-Infektionen (stille Feiung).
Ältere Kleinkinder oder jüngere Schulkinder mit einer HHV-6/7-Infektion fallen gelegentlich mit mononukleoseähnlichen Symptomen, ferner durch eine fulminante Hepatitis, einem schwer verlaufenden Hämophagozytosesyndrom sowie mit einer Verschlechterung einer idiopathischen Thrombozytopenie (ITP) auf.
Fieberkrämpfe
Drei-Tage-Fieber geht augenscheinlich häufiger mit Fieberkrämpfen einher als andere Infektionskrankheiten. Im Vergleich zu HHV-6 sind HHV-7 eher mit Fieberkrämpfen assoziiert.
Im Gegensatz zu epileptischen Anfällen mit zentraler Ursache sind Fieberkrämpfe die Folge einer schnell steigenden Körpertemperatur auf mehr als 39 Grad Celsius. Die Symptomatik zeigt sich als generalisierter tonisch-klonischer Anfall. Die Kinder sind meist blass und verlieren kurzzeitig das Bewusstsein. Zunächst – aber nicht zwingend – verkrampft sich der kleine Körper (tonische Phase). Kurz darauf beginnen die Muskeln regelmäßig zu zucken (klonische Phase). Wenig später erschlafft die Muskulatur und die Kinder sind erschöpft. Fieberkrämpfe dauern normalerweise nur kurzzeitig (wenige Minuten) an und bleiben nahezu immer folgenlos. Nach maximal 15 Minuten sind sie in der Regel überstanden.
Cave: Bei Fieberkrämpfen im Säuglingsalter ist eine bakterielle Meningitis grundsätzlich auszuschließen.
Komplikationen
Bei bis zu 40% der primärinfizierten Kinder mit florider HHV-6-Infektion sind Viren im Liquor nachweisbar. Charakteristische Veränderungen wie Pleozytose oder ein Anstieg der Eiweißkonzentration fehlen hingegen. Seltene neurologische Komplikationen sind das Guillain-Barré-Syndrom und eine Meningoenzephalitis.
Immunsupprimierte Patienten
Immunsupprimierte Patienten haben ein erhöhtes Komplikationsrisiko für:
Graft-versus-Host-Erkrankung (mit und ohne Exanthem)
Enzephalopathie
Sinusitis
Retinitis
Knochenmarksuppression
Hepatitis
Meningitis
Nach Organtransplantationen kommt es in etwa 80% der Fälle zu einer HHV-Reaktivierung. Diese erhöht das Risiko einer Transplantatabstoßung.
Diagnostik
Die Diagnose eines Exanthema subitums erfolgt klinisch anhand der typischen Symptomatik. Während der Fieberphase besteht meist nur ein Krankheitsverdacht. Erst wenn das Fieber abklingt und der Ausschlag beginnt, ist eine sichere Diagnose zuverlässig zu stellen. Üblicherweise wird der Zeitraum bei ansonsten gesunden Kindern und komplikationsfreiem Verlauf bis zur Entfieberung abgewartet.
Labor
Labordiagnostische Maßnahmen sind in der Diagnostik von Drei-Tage-Fieber nicht gerechtfertigt. Wird in Ausnahmefällen dennoch eine Blutprobe entnommen, fällt initial eine Leukozytose auf. Mit Ausbruch des Exanthems findet sich dann eine Leukopenie mit relativer Lymphozytose.
Serologisch lässt sich eine Primärinfektion sicher über den Nachweis von HHV-6/7-spezifischen IgM-Antikörpern und/oder einer Serokonversion von HHV-6/7-IgG-Antikörpern beweisen. Hierfür geeignete Verfahren sind das Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) oder die indirekte Immunfluoreszenz (IFT). Die virale DNA kann mit einer Polymerasekettenreaktion (PCR) aus Speichel, Blut (Vollblut oder Plasma), Urin oder Liquor gewonnen und sowohl qualitativ als auch quantitativ bestimmt werden. Diese Verfahren sind in der Diagnostik von Drei-Tage-Fieber aber eher unüblich.
Besteht bei immunsupprimierten Kindern der Verdacht auf eine Erreger-Reaktivierung, wird bei bekannten Ausgangstitern zuweilen der entsprechende Antikörpertiter ermittelt.
Cave: Eine positive Serologie und/oder PCR ist nur mit dem klinischen Bild des Patienten verlässlich auswertbar.
Therapie
Eine ursächliche, antivirale Behandlung von Drei-Tage-Fieber ist nicht möglich und spielt in der Praxis obendrein keine Rolle. Therapeutische Maßnahmen beschränken sich darauf, die Symptome zu lindern und Komplikationen zu vermeiden. Das ist in den meisten Fällen auch ausreichend.
Um das Fieber zu senken, helfen adäquate antipyretische Maßnahmen wie Wadenwickel oder die Gabe fiebersenkender Wirkstoffe wie Ibuprofen und Paracetamol in kindgerechter Dosierung und Applikationsform. Bei Fieberkrämpfen sind mitunter antikonvulsive Arzneimittel wie Diazepam und Clonazepam indiziert.
Je jünger das Kind, umso größer ist der fieberbedingte Flüssigkeitsverlust. Das gilt bei Begleitsymptomen wie Diarrhoe und Emesis. Deshalb ist darauf zu achten, dass erkrankte Kinder ausreichend trinken (zum Beispiel ungezuckerte Tees aus Holunder, Kamille, Lindenblüten oder Melisse).
Bei erhöhtem Risikoprofil, zum Beispiel bei immunsupprimierten Kindern mit schweren Komplikationen wie Pneumonie oder Enzephalitis, kann ein Therapieversuch mit Foscarnet und/oder Ganciclovir erwogen werden. Kontrollierte, den Therapieerfolg bestätigende Studien gibt es derzeit aber noch nicht.
Nach Organ- oder Stammzelltransplantation ist ggf. die Infusion von HHV-spezifischen zytotoxischen T-Zellen eine Option. Dieser adoptive Zelltransfer ist ausschließlich spezialisierten Zentren vorbehalten.
Prognose
Drei-Tage-Fieber hat in aller Regel eine sehr gute Prognose. Nahezu alle Kinder haben die Erkrankung innerhalb von maximal zwei Wochen folgenlos überstanden. Selbst Fieberkrämpfe führen nur äußerst selten zu ernsthaften Komplikationen.
Prophylaxe
Drei-Tage-Fieber kann aufgrund der fast flächenhaften Verbreitung der Viren und ihrer extrem hohen Kontagiosität nicht sicher vorgebeugt werden.
Eine Impfung gegen HHV-6/7 gibt es nicht – und ist aufgrund der relativ geringen Risiken auch zukünftig nicht zu erwarten.
Neugeborene
Schwangere Frauen bilden zwar HHV-6/7-neutralisierende Antikörper; diese schützen das Neugeborene jedoch nur unzureichend. Ein sicherer Nestschutz ist nicht gegeben.
Immunsupprimierte Patienten
Eine prophylaktische Gabe von hochdosiertem Aciclovir vor oder nach einer Knochenmarktransplantation wirkt sich möglicherweise positiv auf die Häufigkeit von HHV-Reaktivierungen aus.
Hinweise
Drei-Tage-Fieber zählt zu den sechs klassischen pädiatrischen Exanthemkrankheiten. Diese umfassen:
Speer, C. P. et al.: Pädiatrie. Springer Verlag. 5. Auflage, 18. Dezember 2018.
Berner, R. et al.: DGPI Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen. Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie DGPI. Thieme Verlag. 7. Auflage, 05. September 2018.
Hoffmann, G. F. et al.: Pädiatrie: Grundlagen und Praxis. Springer Verlag. 4. Auflage. 9. September 2014.