Morbus Pompe

Morbus Pompe ist eine seltene, autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung, welcher ein Mangel an saurer alpha-1,4-Glucosidase zugrunde liegt. Daraus resultieren zelluläre Dysfunktion und irreversible Strukturschäden vor allem der Muskulatur.

Genetische Erkrankung

Definition

Morbus Pompe ist eine rezessiv vererbbare Erkrankung des Kohlenhydratstoffwechsels, die durch einen Mangel des lysosomalen Enzyms saurer α-1,4-Glukosidase gekennzeichnet ist, welches in der Folge zu einer lysosomalen Glycogenakkumulation führt [1]. Dabei präsentiert sich die Erkrankung als ein Spektrum von Merkmalen, hauptsächlich Skelett- und Herzmuskulatur betreffend.

Unterschieden werden vor allem die klassisch infantile und adulte (late-onset) Verlaufsform, sowie Mischformen anhand Manifestationsalter, Symptomprogredienz und Organbeteiligung [2].

Ein Schlüsselmerkmal des klassisch infantilen Morbus Pompe stellt die Herzhypertrophie dar. Diese Form wurde erstmals von dem niederländischen Pathologen Joannes Cassianus Pompe beschrieben, welcher Namensgeber der Erkrankung wurde.

Morbus Pompe galt lange Zeit als nicht behandelbar, bis die Zulassung einer Enzymersatztherapie mit rekombinanter menschlicher α-Glucosidase im Jahr 2006 die Prognose der Erkrankung deutlich verbesserte.

Epidemiologie

In Abhängigkeit ethnischer und geographischer Aspekte variiert die Gesamthäufigkeit der verschiedenen Verlaufsformen weltweit zwischen einer Inzidenz von 1:40.000 und 1:146:000, für Europa lässt sich eine Inzidenz von 1:238.000 vermerken [1,3].

Ursachen

Verursachend für die autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung sind Mutationen des Gens GAA, welches für das Enzym α-1,4-Glucosidase kodiert. Dieses ist auf Chromosom 17q25 lokalisiert und enthält 20 kodierende Exons [4,5]. Es bildet ein Protein mit 952 Aminosäuren. Bei der Ausbildung der Sequenzmerkmale können mehr als 500 Varianten entstehen, von denen mehr als 350 als möglicherweise pathogen eingestuft werden. Zu den Veränderungen zählen Nonsense-, Missense-, Spleiß-, Deletionsmutationen und Insertion [6].

Häufig vorkommende Mutationen sind c.-32-13T>G, welche mit langsam fortschreitendem Verlauf der Erkrankung assoziiert sind und ca. 75% der Patienten betriffen sowie c.1935C>A, c.del525, del exon18, Arg309 und c.2560C>T, die zu einem vollständigen Verlust der sauren α-Glucosidase-Aktivität führen [7-11].

Der Phänotyp der Erkrankung manifestiert sich ausschließlich, wenn beide GAA Allele des Gens von einer pathogegen Mutation betroffen sind [1].

Pathogenese

Sinkt die Aktivität der sauren α-1,4-Glucosidase unter einen kritischen Wert, beginnt die Akkumulation von lysosomalem Glykogen. Daraufhin kommt es zu einer Vergrößerung und Vermehrung von Lysosomen, die miteinander verschmelzen und damit die übergeordnete Struktur der betreffenden Muskelfasern grundlegend zerstören. Zudem entwickeln sich Regionen mit Lipofuszin-Ablagerungen, Zelltrümmern (Autophagosomen) und frei verteilten zytoplasmatischen Glykogenen [1,18-20].

Postmortale Untersuchungen an Säuglingen zeigen eine vermehrte Speicherung in fast allen Gewebe- und Zelltypen – also Leber, Herz-, Skelettmuskel, glatten Muskelzellen des Magen-Darm-Traktes, Blase, Blutgefäßwänden, Niere, Milz, Endothel-, Schwann- und peripheren Nervenzellen. Weiterhin lässt sich die Akkumulation im Corti-Organ, den inneren und äußeren Haarzellen und Spinalganglien nachweisen, welche als Ursache für einen Hörverlust (30 – 90 dB) bei Säuglingen benannt wird [1,12].

Das typische Zeichen eines klassischen, infantilen Morbus Pompe – hypertrophe Kardiomyopathie – manifestiert sich, wenn keine α-Glucosidase-Aktivität mehr vorhanden ist.

Bei Formen mit Restaktivität des Enzyms findet man dieses Symptom eher selten. Hingegen lassen sich pathologische Veränderungen in der Skelettmuskulatur über das gesamte klinische Spektrum nachvollziehen [12-14]. Die unterschiedliche Reaktion der Herz- und Skelettmuskelzellen könnte auf die unterschiedliche Glykogenverteilung der Gewebe zurückzuführen sein [16,17].

Symptome

Da sich das Krankheitsbild anhand Manifestationsalter, Krankheitsverlauf, Organbeteiligung und durch alle diese Faktoren auch in der Schwere der Erkrankung deutlich unterscheidet, werden im Folgenden die klassisch infantile (classic infantile-onset pompe disease – CIOPD), die juvenile/nicht klassisch infantile (non-classic infantile-onset pompe dieaese – NCIOPD) und die adulte Form (late-onset pompe disease – LOPD) in der Beschreibung der Symptome unterschieden.

Infantiler Morbus Pompe

Bereits während der ersten postpartalen Monate, im Durchschnitt ab dem zweiten Lebensmonat, manifestiert sich das Krankheitsbild des klassisch infantilen Morbus Pompe (CIOPD). Es äußert sich in einem progredient hypotensiven Zustandsbild (20-63%), Kardiomegalie, hypertropher Kardiomyopathie (50-92%), Hepatomegalie und generalisierter Muskelschwäche vor allem der Gliedmaßen, des Rumpfes und Gesichtes.

Weitere Symptome der Säuglinge sind Entwicklungsstörungen, Trinkschwäche (44-97%), diffuse pulmonale Beschwerden und der progrediente Verlust des Gehörs.

Diese Form der Erkrankung führt bei den Säuglingen innerhalb des ersten Lebensjahres, im Durchschnitt mit 8,7 Monaten, meist zum Tod. Die Überlebensrate von mehr als 12 Monaten liegt bei den betroffenen Säuglingen bei 25,7% [23,24].

Neuromuskuläre Manifestationen

Säuglinge neigen zu Hypo- bis hin zu einer Areflexie. Es kommt zur Ausprägung charakteristischer Gesichtszüge und Trinkschwäche aufgrund der geschwächten Gesichtsmuskulatur. Die Muskelschwäche der proximalen Muskeln der unteren Gliedmaßen führt zu Gelenkdeformationen und Retraktionen [24-26].

Respiratorische Manifestationen

Durch die Unterentwicklung der Atemmuskulatur entwickeln die Säuglinge veränderte Husten- und Schluckmechanismen. Es kommt gehäuft zu Infektionen der oberen Atemwege und wiederholten Pneumonien, welche zu frühzeitiger Morbidität und Mortalität führen [27].

Kardiale Manifestationen

Vorrangig treten ventrikulären Hypertrophien auf. Dabei sind vor allem die posteriore Wand des linken Ventrikels und das intraventrikuläre Septum betroffen. Hieraus kann sich eine Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstraktes ergeben.

Weitere Folgen der pathologischen Glykogenspeicherung in den Herzmuskelzellen sind Reizleitungs- und Kontraktionsstörungen, teilweise schwere ventrikuläre Arrhythmien, unzureichende koronare Perfusion, subendokardiale Ischämie und ein erhöhtes Risiko des plötzlichen Herztodes [28].

Weitere Symptome

Vor allem die Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme führen bei den Säuglingen zu Einschränkungen des Wachstums, verringerter Gewichtszunahme und Entwicklungsstörungen.

Da die Krankheit auch die Muskulatur des Gastrointestinaltraktes beeinträchtigt, sind Dysphagien, Gastroparesen, Verstopfungen, das Auftreten von gastroösophagealem Reflux, sowie Hepato- und Splenomegalie nicht ausgeschlossen [27].

Juveniler Morbus Pompe

Die nicht klassische Form des infantilen Morbus Pompe bzw. die juvenile Form (NCIOPD) tritt vorrangig bei einjährigen Kindern auf. Im Gegensatz zur CIOPD verläuft die Erkrankung weniger progredient und auch die Kardiomyopathie tritt seltener auf und ist in geringerem Maße ausgeprägt [2,23,29].

Neuromuskuläre Manifestationen

Vorrangig sind hier die Nacken-/Halsbeugemuskulatur betroffen, weshalb die Kinder ihren Kopf im Liegen nicht anheben können. Durch die auch hier auftretende proximal betonte Muskelschwäche der Gliedmaßen kommt es zu vermehrten Stürzen, Schwierigkeiten beim Treppensteigen und Rennen. Im Gegensatz zur CIOPD treten die typischen myopathischen Gesichtszüge und Areflexie bei nur 50% der betroffenen Kinder auf. Zudem werden weder Dysphagien noch Sprachstörung beobachtet [30].

Respiratorische Manifestationen

Bei 48% der Patienten liegt eine verminderte Vitalkapazität vor, welche sich zumeist in einem Alter von 9 Jahren manifestiert und ein Überleben ohne künstliche Beatmung fast unmöglich macht [2].

Kardiale Manifestationen

Zu Veränderungen der Herzmuskelzellen und darauffolgenden pathologischen Einschränkungen des Herzmuskels kommt es nur in 10% der Fälle [26].

Adulter Morbus Pompe

Die klinischen Kennzeichen des adulten Morbus Pompe (LOPD) äußern sich vor allem in einer progredienten, proximal und axial betonten Muskelschwäche der Extremitäten und Rumpfmuskulatur in Kombination mit progredienter Belastungsdyspnoe, Orthopnoe und ventilatorischer Insuffizienz [2,27,31].

Bei rund 80 – 93% der Betroffenen wird als erstes Symptom die proximal betonte Muskelschwäche beschrieben [2,27,31,32]. Die Symptome manifestieren sich während der Kindheit, der Jugend oder auch erst im Erwachsenenalter, meist zwischen der 2. und 6. Lebensdekade. Hier lässt sich im Gegensatz zur CIOPD eine langsame fortschreitende Myopathie feststellen. Beim adulten Morbus Pompe kommt es im Allgemeinen nicht zu einer Kardiomyopathie.

Neuromuskuläre Manifestationen

Aufgrund der progredienten, proximal und axial betonten Muskeldysfunktion vor allem der unteren Extremitäten, der Beckenbodenmuskulatur, des Zwerchfells und der begleitenden Atemmuskulatur berichten Patienten von Schwierigkeiten bei Tätigkeiten wie Laufen, Treppensteigen und Aufstehen aus sitzenden und liegenden Positionen [33-35]. Weiterhin leiden sie unter Müdigkeit, lumbalen Rückenschmerzen, Muskelschmerzen und -krämpfen [33,34,36].

Respiratorische Manifestationen

Von Müdigkeit und begleitenden Symptomen der schlafbezogenen Atemstörung wie morgendlichen Kopfschmerzen und Konzentrationsstörungen sind mehr als 50% der Patienten betroffen [34,36-40].

Kardiale Manifestationen

Die Entstehung zerebraler Aneurysmata und das Vorkommen von Herzrhythmusstörungen wird seltener berichtet [33,34,36,41,42].

Weitere Symptome

Es kann im Verlauf sehr selten auch zu Ptosis, Makroglossie, Zungenschwäche, Hepatomegalie und zur Verringerung des Körpergewichts kommen [33,34,36,41,42].

Diagnostik

Aufgrund der hohen klinischen Varianz des Morbus Pompe gestaltet sich eine eindeutige Diagnose schwierig. Der vorstellige Patient sollte auf die typische, dem Alter entsprechende Symptomatik überprüft werden. Weiterhin kann auch die Muskelkraft und die Leistungsfähigkeit, z.B. mittels 6-Minuten Gehtest, manuell geprüft werden.

Weitere in Betracht zu ziehenden Diagnosemaßnahmen und die wichtigen Parameter zur Bestimmung des Krankheitsbildes werden im Folgenden beschrieben [43,44].

Lungenfunktionstest

Eine regelmäßige Kontrolle der Lungenfunktion, also der Test auf maximale inspiratorische und exspiratorische Volumina, FEV in sitzender und liegender Position, peak flow und Sekretclearance sind erforderlich. Zu beobachten ist eine milde bis moderate Reduktion der forcierten expiratorischen Vitalkapazität und ein Abfall von über 20% zwischen liegender und sitzender Position als Hinweis auf eine vorliegende diaphragmatische Insuffizienz [38,39,43,44].

Das Auftreten nächtlicher Hypoventilation kann mithilfe von Polysomnographien und nächtlichen transkutanen Kapnographien evaluiert werden [38,39,44,45].

Elektrokardiographie

Die Hauptsymptome der CIOPD sind Kardiomegalie und Hypotonie. Dabei ist es nötig eine virale Myocarditis auszuschließen und ventrikuläre Hypertrophie, Herzrhythmusstörungen und Arrhythmien genau zu bestimmen. Dafür wird bei an CIOPD erkrankten Säuglingen ein EKG angefertigt. Auffällig sind hier vor allem kurze P-R Intervalle und sehr weite QRS-Komplexe [2,46].

Elektromyographie

Zur Diagnose der adulten Form des Morbus Pompe werden EMG inklusive der paraspinalen Muskulatur herangezogen, um andere neuromuskuläre Erkrankungen auszuschließen. Dabei werden häufige Spontanaktivitäten und komplex-repetitive Serienentladungen nachgewiesen.

Die Leitungsgeschwindigkeit bleibt weitgehend unverändert [43,44]. Beim LOPD sind die vorliegenden Befunde weitgehend kompatibel mit denen einer proximalen Muskelmyopathie, welche sich in der Denervation der paravertebralen Muskeln zeigt [47].

Blutuntersuchungen

In Blutuntersuchungen werden vor allem die Kreatininclearance betreffende Veränderungen überprüft. Diese kann unverändert bis zu 15-fach erhöht sein. Die Kreatininphosphokinase (CPK) ist auf 1500 bis 2000 I.E. erhöht. Weiterhin kommt es zumeist zu einem Anstieg der Werte der Lebertransaminasen GOT und GPT, sowie LDH.

Im Trockenbluttest kann die Aktivität der α-Glucosidase bestimmt werden [43,44,48].

Urinuntersuchungen

Biochemische Untersuchungen zielen vor allem auf urologische Biomarker ab. Bei der klassischen, sowie nicht klassischen infantilen Form des Morbus Pompe lassen sich erhöhte Spiegel von Glucosetetrasaccharid (Glc4) und Hexosetetrasaccharid (Hex4) im Urin nachweisen, niedrige Werte sind vor allem bei der adulten Form zu erwarten. Über diese Werte lässt sich ebenfalls das Ansprechen der Patienten auf die Therapie nachweisen [1].

Histologie

Eine Probe des Muskelgewebes wird mittels Stanzbiopsie entnommen. Damit können lysosomale und Autophagie-Marker, wie PAS, saure Phosphatase oder die Myosin ATPase, überprüft werden. Pathologische Veränderungen der Zellen und damit der Rückschluss auf das Stadium der Strukturauflösung werden näher bestimmt durch das Sichtbarmachen von intra- und extrazellulärem Glycogen, der verminderten Anzahl an Myofibrillen und dem Vorkommen autophagoider Vakuolen [49,50].

Bestimmung der Enzymaktivität der GAA

Auch hierbei werden Gewebsproben der Patienten nötig. Verwendet werden können kultivierte Fibroblasten aus Hautbiopsien, Muskelgewebe, gereinigte Lymphozyten oder getrocknete Bluttropfen auf Filterpapier. Wobei die Testung mittels getrocknetem Blut nicht so präzise, allerdings weniger invasiv und kostengünstiger ist als der Goldstandard des Tests mit Fibroblasten [3,44,49].

Anschließend erfolgt die Sequenzierung des GAA-Gens, um den Mutationstyp zu bestimmen und Kenntnis über den vorliegenden Genotyp des Patienten für die Wahl des Therapieverfahrens und die Langzeitprognose zu erlangen [44].

Radiologische Untersuchungen

Eine Röntgendiagnostik ist vor allem bei Patienten mit CIOPD und NCIOPD angeraten. Eine Bestimmung des Grades der Reduktion des Lungenvolumens, vor allem Bereiche mit Atelektasen und auch eine Überprüfung auf vorliegende Kardiomegalien sind dadurch möglich.

Bei LOPD-Patienten sollte eine Magnetresonanztomographie in Betracht gezogen werden, um die Progredienz der Erkrankung zu überprüfen und zu bestimmen, welche Gewebe und Muskelgruppen in welchem Grad betroffen sind [23,41].

Therapie

Ziele der Behandlung stellen die Optimierung und Stabilisierung motorischer Fähigkeiten und die Vermeidung der Entstehung sekundärer Komplikationen dar, um die Lebensqualität der Patienten so lange wie möglich aufrecht zu erhalten [43,45,51,52].

Die kausale Therapie der Grunderkrankung erfolgt mit Enzymersatztherapie. Weitere Therapieansätze wie Gentherapie, Knochenmarkstransplantationen oder Chaperon-Therapie befinden sich derzeit noch in der Entwicklung [53].

Enzymersatztherapie (ERT)

Das im Jahr 2006 entwickelte Alglucosidase alfa ist ein Glykoprotein und stellt eine rekombinante Form der humanen sauren α-1,4-Glucosidase dar (rhGAA). Die Herstellung erfolgt gentechnologisch aus Zellkulturen der Ovarien chinesischer Hamster (CHO-Zellen). Der Wirkstoff liegt als Lyophilisat vor und muss mittels zugegebener Lösung auf die benötigte Konzentration eingestellt werden. Bei Patienten mit infantilem Morbus Pompe werden Dosierungen von 20 oder 40 mg/kg/KG als 4- bzw. 6,5-stündige Infusion verabreicht. Adulte Patienten mit LOPD werden aller 2 Wochen mit 20 mg/kg/KG behandelt.

Der 2021 zugelassene Folgewirkstoff Avalglucosidase alfa ist eine aus Alglucosidase alfa vorgehende Modifikation, die durch strukturelle Veränderungen eine erhöhte Anzahl an Mannose-6-Phosphat-Fragmenten (M6P) enthält. Diese Erhöhung führt über kationenabhängige M6P-Rezeptoren zu einer verbesserten Aufnahme in Muskelzellen und vor allem das Zwerchfell [55].

Die Nebenwirkungen beider Wirkstoffe beschränken sich hauptsächlich auf die üblichen infusionsbedingten allergischen bis hin zu vereinzelten anaphylaktischen Reaktionen wie Fieber, Schüttelfrost oder Hautausschläge aufgrund der Ausbildung von IgG bzw. IgE Antikörpern, welche mit Antihistaminika oder Corticosteroiden prämedikamentös gut behandelbar oder vor Ort im Krankenhaus zu behandeln sind. Zusätzlich kommt es selten zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit, Pruritus und Urtikaria und weiteren, selteneren Begleitsymptomen [55].

Der Therapieerfolg zeigt sich erst nach mehreren Monaten und kann mittels Untersuchungen des Urins und Stanzbiopsien nachgewiesen werden. Die Therapie schlägt umso besser an, je intakter die Skelettmuskulatur ist. Bei bereits schwer erkrankten Patienten, in deren Muskelfasern es bereits zu übermäßiger Glykogenspeicherung, autophagischen Ablagerungen und einem Verlust der Querstreifung der Muskulatur kam, kommt es oft nicht zur Erholung [1].

Die Wirksamkeit der Alglucosidase alfa orientiert sich hauptsächlich an der Verbesserung der Leistungsfähigkeit (ausgewertet mittels 6-Minuten Gehtest). Respiratorische Funktion und Muskelstärke bleiben trotz Therapie weitgehend unverändert. Durch die Behandlung mit Avalglucosidase alfa kann hier voraussichtlich Abhilfe geschaffen werden [1].

Avalglucosidase alfa 2

Symptomatische Therapie des klassisch infantilen Morbus Pompe

Bei an Morbus Pompe erkrankten Säuglingen wird ein kompletter Immunschutz nach aktuell geltenden Richtlinien empfohlen mit besonderem Augenmerk auf Pneumokokken, Influenza und RSV. Saugreflex, Phonation und die Stabilität der Wirbelsäule sollten von Beginn an geschult und durch begleitende Therapie unterstützt werden.

Sofern möglich sollte eine orale Ernährung aufrechterhalten werden. Hörgeräte sind für Säuglinge mit sensoneuralem Hörverlust empfohlen. Weiterhin ist eine genaue Diagnostik durch einen Kardiologen für eine entsprechende medikamentöse Therapie mit regelmäßigem Follow-Up nötig [2,56-59].

Symptomatische Therapie des adulten Morbus Pompe

Bei präsymptomatischen, aber genetisch gesicherten LOPD ohne objektive klinische Zeichen ist zunächst eine Beschränkung der Therapie auf ein regelmäßiges Monitoring der Muskelkraft vorgesehen. Bei Auftreten erster klinischer Anzeichen sollte unverzüglich mit der Enzymersatztherapie begonnen werden [60].

Zur Linderung der Symptome wird submaximales aerobes Training an 3-5 Tagen der Woche mit einem Physiotherapeuten empfohlen, wobei langsam begonnen werden sollte und eine Steigerung auf 60-70% der maximalen Leistungsfähigkeit empfohlen wird [52].

Betroffene mit nächtlicher Hypoventilation sollten eine nichtinvasive BiPAP-Beatmung (bilevel positive airway pressure) in Einrichtungen mit Erfahrung bei neuromuskulären Erkrankungen erhalten. Nächtliche Sauerstoffgabe ist bei ventilatorischer Insuffizienz aufgrund der Gefahr einer resultierenden CO2-Narkose kontraindiziert.

Eine Immunisierung nach aktuell geltenden Richtlinien ist erforderlich, sowie die frühzeitige Behandlung viraler und bakterieller Atemwegsinfektionen. Den Patienten sollten manuelle und mechanische Techniken zur Verbesserung des Abhustens nahegelegt werden [38,39,44-46].

Die chirurgische Behandlung progredienter Wirbelsäulenfehlstellungen (z.B. Skoliose) ist in Einzelfällen indiziert [59].

Beeinträchtigungen der Gesichts-, Schluck- und Kaumuskulatur sollten logopädisch behandelt werden. Zudem kann eine angepasste Diät begleitend zur Therapie die Progredienz des Morbus Pompe verlangsamen. Da normalerweise Hunger die Proteolyse und Autophagie als Mittel zur Steigerung der Energieversorgung des Körpers nutzt, kann bei der Pompe-Krankheit eine angemessene Kalorienzufuhr, sowie körperliche Betätigung dem Verlust von Muskelmasse und --funktion entgegenwirken [20,21].

Stark betroffene Patienten benötigen alle zur Verfügung stehenden Hilfsmittel, um eine Sicherung der Lebensqualität zu gewährleisten, darunter unter anderem invasive Beatmung, Gehhilfen/Rollstuhl etc. Eine enzymatische Therapie ist auch hier angeraten, obwohl die Wirksamkeit durch klinische Studien nicht ausreichend belegt ist. Nach einjähriger Therapie sollte anhand vorliegender Befunde eine Entscheidung über das Fortführen der Therapie getroffen werden [60].

Prognose

Im weiteren Verlauf der adulten Form des Morbus Pompe kann es zur Entwicklung sekundärer neuromuskulärer Einschränkungen kommen. Dazu zählen Osteoporose, Osteopenie, Skoliosen, Kontrakturen und daraus resultierende Fehlstellungen. Auch die Entwicklung des Rigid-Spine-Syndrom kann auf eine Erkrankung mit Morbus Pompe zurückzuführen sein [33,34,36].

Ohne frühzeitige Diagnose und Enzymtherapie des klassisch infantilen Morbus Pompe kommt es noch innerhalb des ersten Lebensjahres zum Tod. Neugeborenen-Screening und pränatale Untersuchungen des Fruchtwassers sind bei Verdacht so früh wie möglich in die Wege zu leiten [31].

Autor:
Stand:
14.09.2022
Quelle:
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