Dreifachimpfung bester Schutz – Omikron-Infektion keine Alternative

Grundimmunisierung plus Booster mit den bisher verfügbaren Impfstoffen schützen effektiv vor schwerem Krankheitsverlauf, Hospitalisierung, Beatmung und Tod – auch bei der Omikron-Variante. Eine Coronainfektion allein erzeugt keine ausreichende Grundimmunität.

Schutzschild-Corona

Omikron, die neue Variante von SARS-CoV-2, verbreitet sich rasant und beeindruckt mit vielfältigen Mutationen. Damit umgeht das Virus zum Teil die Immunabwehr (Immune-Escape-Phänotyp) – mit der Folge hoher Infektionsraten, auch unter Genesenen und geimpften Personen. Mehrere Impfstoffhersteller reagierten bereits und passten Teile ihrer Impfstoff-Produktion an. So haben BioNTech/Pfizer, Moderna und Janssen schon einen angepassten mRNA-Impfstoff in der Pipeline. Die klinischen Prüfungen werden in Kürze beginnen, sodass im zweiten Quartal dieses Jahres entsprechende Zulassungsanträge zu erwarten sind.

Sollte man bis dahin mit der Auffrischungsimpfung warten oder ist gar eine Coronainfektion mit Omikron sinnvoll? Schützen die vorhandenen Impfstoffe ausreichend gut? Ist eine vierte Impfung für alle sinnvoll? Diese und weitere Fragen beantworten Experten in einer Fragerunde des Science Media Center Deutschland.

Dreimal-Geimpfte sind gut vor Omikron geschützt

Omikron gehört mit seinen zahlreichen Mutationen an der Oberfläche augenscheinlich zu einem anderen Serotyp als seine Vorgängervarianten. Damit kommen für seine Neutralisierung nicht mehr dieselben Antikörper infrage wie bei den älteren SARS-CoV-2-Typen. Demgegenüber scheinen Antikörper, die durch eine Omikron-Infektion gebildet werden, bisherige Virusvarianten nicht mehr so effektiv neutralisieren zu können. Ungeachtet dessen sind vollständig geimpfte Personen – das heißt Grundimmunisierung plus Booster – in der Regel gut vor schweren Krankheitsverläufen durch Omikron geschützt. Das liegt daran, dass die hierzulande verwendeten mRNA- und Vektor-Impfstoffe neben den Antikörpern auch eine robuste T-Zellantwort initiieren.

Omikron-Impfstoff für Risikogruppen

Wie lange der Immunschutz nach einer vollständigen Immunisierung mit den bisherigen Impfstoffen anhält, ist aufgrund der kurzen Beobachtungszeiträume noch unklar. Prof. Dr. Leif Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung an der Charité, vermutet, dass Menschen, die bestimmten Risikogruppen angehören, später von einer weiteren Impfung mit einem Omikron-Impfstoff profitieren würden. Ob mit einer zeitnahen Zulassung dieser angepassten Impfstoffe zu rechnen ist und auf Grundlage welcher Daten, kann noch nicht sicher beantwortet werden. Gemeinsame Richtlinien werden von den internationalen Zulassungsbehörden und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erwartet.

Vierte Impfung – ja oder nein?

Vollständig geimpfte Personen, die sich mit der Omikron-Variante infizieren, verbreitern ihre Immunantwort, so die ersten immunologischen Beobachtungen. Nach einer Durchbruchinfektion seien Betroffene in der Lage, gleichsam die älteren Virus-Varianten als auch Omikron sehr gut zu neutralisieren. Eine weitere Immunisierung mit einem Omikron-adaptierten Impfstoff würde sich ähnlich verhalten wie eine natürliche Infektion, so Sander. Eine vierte Impfung mit einem der verfügbaren mRNA-Impfstoffe scheint sich für die breite Masse jedoch nicht zu bewähren, wie erste Untersuchungen aus Israel ergaben. Bei Risikopersonen kann diese allerdings sinnvoll sein. Je nach Entwicklung wären in Zukunft aber periodische Auffrischungsimpfungen mit Variantenimpfstoffen denkbar, sagt Prof. Dr. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) in Langen.

Mehrfachkontakt erhöht Antikörper-Avidität

Wie gut unser Immunsystem letztendlich gegen Coronaviren gerüstet ist, hängt vom Erregerkontakt ab. Professor Dr. Ulrike Protzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München (TUM) und am Helmholtz Zentrum München, unterstreicht dessen Bedeutung. Die frühe Kommunikation, dass eine zweifache Impfung für einen vollständigen Immunschutz ausreichen würde, bewertet Protzer als missglückt. So sei bereits von vielen Impfstoffen bekannt, dass ein zweimaliger Kontakt mit dem Antigen nicht ausreicht und eine dritte Impfung erforderlich ist. „Das wissen wir von Tetanus, von Polio, von Keuchhusten, von Hepatitis B“, so Protzer. Der Mehrfachkontakt verbreitert nicht nur die Antikörperantwort, sondern führt auch zu qualitativ hochwertigeren Antikörpern – also solchen mit einer erhöhten Avidität. Immunologisch gesehen ist es relativ egal, ob dies auf natürlichem Infektionsweg oder mit einer Impfung geschieht.

Infektion mit Omikron keine Alternative zur Impfung

Das Immunsystem von vollständig geimpften Personen profitiert, wie gerade erläutert, von einer Infektion mit Omikron. Ohne Grundimmunisierung reicht die so erlangte Immunität indes nicht aus. Sander warnt ausdrücklich vor der Annahme, dass „wir jetzt quasi in kurzer Zeit die Bevölkerung durch natürliche Infektionen immunisieren.“ Omikron wird die in Deutschland bestehende Impflücke, die aufgrund der vielen Ungeimpften besteht, nicht schließen. Mit dieser Strategie breche eher das Gesundheitssystem und darüber hinaus die gesamte kritische Infrastruktur zusammen. Seiner Überzeugung nach gibt es derzeit keine Alternative zur Impfung, Mittel der Wahl sei „jetzt tatsächlich die Immunisierung mit den existierenden Impfstoffen“.

Autor:
Stand:
26.01.2022
Quelle:

Science Media Center, Press Briefing: Zukünftige Impfstoffstrategie gegen COVID-19; 21. Januar 2022.

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