Wie Spironolacton den Alkoholkonsum reduziert

Das bekannte kaliumsparende Diuretikum Spironolacton scheint den Alkoholkonsum bei Mäusen und Ratten, aber auch beim Menschen, zu reduzieren. Spironolacton könnte demnach möglicherweise zur Reduktion des Alkoholkonsums im Sinne des Drug-Repurposing eingesetzt werden.

Ablehung alkoholisches Getraenk

Hintergrund

Laut Daten aus dem Jahr 2021 konsumieren in Deutschland 7,9 Millionen Menschen im Alter zwischen 18-64 Jahren Alkohol in einer gesundheitliche riskanten Form. Bei 9 Millionen Menschen dieser Altersgruppe liegt ein problematische Alkoholkonsum vor. Die Akzeptanz von Alkohol in der Bevölkerung ist groß, deswegen fällt ein bedenklicher Konsum zunächst kaum auf.

Die Alkoholabhängigkeit besteht aus einer körperlichen und einer psychischen Komponente. Um das Verlangen (Craving) nach Alkohol zu unterdrücken, gibt es sogenannte Anti-Craving-Substanzen. Naltrexon soll beispielsweise die Abstinenz bei Alkoholabhängigkeit unterstützen. Der Opioidantagonist sorgt dafür, dass das Belohnungssystem im Gehirn blockiert wird.

Gibt es möglicherweise noch weitere, bereits etablierte Wirkstoffe, die das Verlangen nach Alkohol reduzieren können? Der Ansatz des Drug-Repurposing, also die Suche nach neuen Indikationsgebieten für bekannte Wirkstoffe, ist hier möglicherweise hilfreich. Forschungen haben bereits gezeigt, dass Mineralocorticoid-Rezeptoren eine Rolle beim Alkoholkonsum und dem Verlangen danach spielen könnten. Diese Rezeptoren regulieren den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt im Körper und befinden sich auch im Gehirn. In präklinischen Studien konnte gezeigt werden, dass eine verstärkte Mineralocorticoid-Rezeptor-Signalgebung zu einem erhöhten Alkoholkonsum beiträgt. Das bekannte Diuretikum Spironolacton setzt hier an. Normalerweise wird Spironolacton bei Hypertonie, nephrotischem Syndrom sowie primärem und sekundärem Hyperaldosteronismus angewendet. Doch wie sieht es mit der Wirkung des kaliumsparenden Diuretikums auf das Verlangen nach Alkohol aus?

Zielsetzung

Ein Team um Dr. Mehdi Farokhnia vom National Institutes of Health, Baltimore and Bethesda, USA, untersuchte die Wirkung von Spironolacton auf das Verlangen nach Alkohol und den Alkoholkonsum im Tiermodell und beim Menschen [1].

Methodik

In der Studie wurde die Wirkung von Spironolacton im Tiermodell bei Mäusen und Ratten getestet. Bei den Mäusen nutzten die Forscher das sogenannte drinking-in-the-dark-Protokoll (DID). Hierbei wird Mäusen in Einzelhaltung statt der Wasserflasche eine Trinkflasche mit Alkohol angeboten. Dies erfolgt in der Dunkelheit, da hier Mäuse eher Nahrung und Flüssigkeit aufnehmen. Die Ratten wurden ethanolhaltiger Luft ausgesetzt.

Die Forsche analysierten daneben Patientenakten von Menschen, denen Spironolacton beispielsweise aufgrund einer Herzerkrankung verordnet worden war. Die Wirkung von Spironolacton wurde durch Änderungen im selbstberichteten Alkoholkonsum via Alcohol Use Disorders Identification Test-Consumption (AUDIT-C) erfasst. Der AUDIT-Test wurde im Auftrag der WHO entwickelt und dient als Screening-Instrument zur Evaluierung des Alkoholkonsums. Je höher die Punktzahl, desto wahrscheinlicher ist ein problematisches Trinkverhalten. Der AUDIT-C-Test ist eine verkürzte Version des AUDIT-Tests mit weniger Fragen, die sich ausschließlich mit dem Konsumverhalten befassen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass steigende Dosen von Spironolacton den Alkoholkonsum bei männlichen und weiblichen Tieren reduzierte. Die Nahrungs- und Wasseraufnahme wurde bei den Tieren durch Spironolacton nicht beeinträchtigt.

Beim Menschen zeigte sich eine signifikante Reduktion im selbstberichteten Alkoholkonsum unter der Therapie mit Spironolacton. Der Effekt des Diuretikums auf den Alkoholkonsum war bei Personen mit einem gefährlichen oder starken Alkoholkonsum (AUDIT-C ≥ 8) zu Studienbeginn besonders ausgeprägt.

Fazit

In dieser Studie führte die Gabe von Spironolacton sowohl im Tiermodell als auch beim Menschen zu einer Reduktion der Alkoholaufnahme. Die Forscher fordern in Anbetracht der Studienergebnisse weitere Untersuchungen zu Spironolacton als neue Pharmakotherapie bei Patienten mit Alkoholsucht.

Quelle:

Farokhnia et al. (2022): Spironolactone as a potential new pharmacotherapy for alcohol use disorder: convergent evidence from rodent and human studies. Molecular Psychiatry, DOI: https://doi.org/10.1038/s41380-022-01736-y

 

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