Masernimpfung – Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Impfempfehlungen

Für den Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung müssen aus der Ukraine ankommende Kinder einen Masernschutz nachweisen. Doch die wenigsten haben einen Impfpass dabei, so dass eine weitere Impfung nötig wird. Die wichtigsten Informationen zu Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Impfempfehlungen im Überblick.

MMR-Impfung

Masern ist eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten. Nach Kontakt mit dem Masernvirus infiziert sich fast jeder Mensch ohne entsprechenden Immunschutz. Gefährlich ist die Erkrankung vor allem für Kinder unter fünf Jahren. In dieser Altersgruppe besteht ein hohes Risiko für Komplikationen wie Mittelohrentzündungen, Pneumonien und Diarrhoe sowie ein selteneres Risiko für eine Masernenzephalitis. Enzephalitiden gehören auch zu den zwar seltenen, aber tödlichen Spätfolgen der Erkrankung. Bei der Subakuten Sklerosierenden Panenzephalitis (SSPE) greifen Masernviren in der Regel erst mehrere Jahre nach der Maserninfektion das Gehirn an. Vom ersten Auftreten der Symptome bis zum Tod vergehen oft nur wenige Monate. Nach zwei Impfungen sind Kinder indes gut vor Masern und damit assoziierten Komplikationen geschützt.

MMR- und MMRV-Vakzine

In Deutschland wird die Masernimpfung üblicherweise als Kombinationsimpfstoff mit abgeschwächten Mumps- und Rötelnviren als sogenannte MMR-Impfung oder zusätzlich mit abgeschwächten Varizellenviren als MMRV-Vakzine verabreicht. Ein monovalenter Masernimpfstoff steht hierzulande nicht zur Verfügung. Die Impfstoffe gehören zu den Lebendimpfstoffen. Die abgeschwächten Masernviren werden in embryonalen Hühnerzellen gezüchtet. Die Impfung erzeugt sowohl eine humorale als auch zellulär vermittelte Immunität. Die impfvermittelte IgM-Immunantwort ist nach circa zwei bis drei Wochen nachweisbar.

Fast 100 Prozent wirksam, lebenslanger Schutz

Die mittleren Antikörpertiter sind nach einer Impfung niedriger als nach einer natürlichen Infektion. Nach einer einmaligen Impfung gegen Masern wird die Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen im Alter bis 15 Jahre mit mindestens 92 Prozent angegeben. Nach zweifacher Impfung gegen Masern liegt die Impfwirksamkeit im Median bei 95 bis 100 Prozent. Die Ständige Impfkommission (STIKO) vom Robert Koch-Institut (RKI) geht von einer lebenslangen Immunität nach zweimaliger Impfung aus.

Impfempfehlungen

Nach aktuellem Stand (März 2022) empfiehlt die STIKO eine Masernimpfung:

  • allen Kindern als Standardimpfung mit einem MMR-Impfstoff im Alter von elf und 15 Monaten. Zwischen den beiden Impfstoffdosen muss ein Mindestabstand von vier Wochen liegen.
  • Säuglingen ab dem Alter von neun Monaten bei bevorstehender Aufnahme bzw. dem Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung (zum Beispiel Kindergarten, Kindertagesstätte) als zweimalige MMR/V*-Impfung. Sofern die Erstimpfung im Alter von neun bis zehn Monaten erfolgt, soll die zweite MMR/V-Impfung bereits zu Beginn des 2. Lebensjahres gegeben werden.
  • im Rahmen eines Ausbruchs:
    - nach 1970 Geborenen ab einem Alter von neun Monaten mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfstoffdosis in der Kindheit als einmalige MMR(V)**-Impfung.
    - Säuglingen im Alter von sechs bis acht Monaten nach individueller Risiko-Nutzen-Abwägung (Off-label-use). Bei einer Erstimpfung im Alter von neun bis zehn Monaten soll die zweite MMR/V-Impfung bereits zu Beginn des 2. Lebensjahres gegeben werden. Kinder, die zwischen dem 6. und 8. Monat geimpft werden, sollen zum Aufbau einer langfristigen Immunität zwei weitere MMR/V-Impfstoffdosen im Alter von bis 15 Monaten erhalten.
  • nach 1970 Geborenen ≥ 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer Impfstoffdosis in der Kindheit – einmalige Impfung mit einem MMR-Impfstoff.

* MMR/V = MMRV oder MMR in Koadministration mit einem Varicellaimpfstoff (VZV)-Impfstoff
** MMR(V) = MMR mit oder ohne Koadministration von VZV-Impfstoff

Besonderheiten MMR-Impfstoff

Seit Januar 2020 empfiehlt die STIKO eine zweimalige MMR-Impfung für nach 1970 geborene Personen (einschließlich Auszubildende, PraktikantInnen, Studierende und ehrenamtlich Tätige) in folgenden beruflichen Tätigkeitsbereichen:

  • Medizinische Einrichtungen (gemäß §23 Absatz 3 Satz 1 IfSG) inklusive Einrichtungen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
  • Tätigkeiten mit Kontakt zu potenziell infektiösem Material
  • Einrichtungen der Pflege (gemäß §71 SGB XI)
  • Gemeinschaftseinrichtungen (gemäß §33 IfSG)
  • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern (gemäß §36 Absatz 1 Satz 4 IfSG)
  • Fach-, Berufs- und Hochschulen

Bei gleichzeitiger Indikation zur Varizellen-Impfung kann ein MMRV-Kombinationsimpfstoff verwendet werden.

Die Anzahl der notwendigen Impfstoffdosen richtet sich nach der Komponente mit den wenigsten dokumentierten Impfungen. Bei Frauen ist für jede der drei Impfstoffkomponenten (Mumps, Masern, Röteln) eine zweimalige Impfung indiziert.

Bei Männern ist für die Masern- und Mumps-Impfstoffkomponente eine zweimalige Impfung erforderlich, zum Schutz gegen Röteln reicht eine einmalige Impfung aus.

Sicherheitsbedenken gegen weitere MMR-Impfung(en) bei einer bestehenden Immunität gegen einzelne Komponenten gibt es nicht.

Warum zwei Impfungen?

Bei sehr wenigen Geimpften bleibt die erste Impfung gegen Masern wirkungslos. Zum Schließen der Impflücken wird die zweite Impfung gegeben. Die Zweitimpfung ist also keine Boosterimpfung wie bei den Corona-Impfstoffen. Vielmehr bietet man denjenigen eine zweite Gelegenheit, die nach der Erstimpfung keine Immunität entwickelt haben.

Zwischen beiden Impfungen müssen mindestens vier Wochen Abstand liegen.

Nebenwirkungen

Masernimpfstoffe sind in der Regel gut verträglich, schwere Nebenwirkungen selten. Grundsätzlich werden unerwünschte Wirkungen öfter nach der ersten als nach der zweiten Impfung beobachtet. Häufig sind Lokalreaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung, Schwellung und Schmerzen für ein bis drei Tage. Ebenso können Allgemeinsymptome wie Kopfschmerzen, Mattigkeit und Fieber auftreten. Etwa 5–15 Prozent der Geimpften entwickeln zwischen dem 7. und 12. Tag nach der Impfung mäßiges bis hohes Fieber über ein bis zwei Tage.

Etwa 5 Prozent der Geimpften zeigen in der zweiten Woche nach der Impfung ein 1–3 Tage anhaltendes Exanthem. Diese sogenannten Impfmasern sind mild, nicht ansteckend und selbstlimitierend.

Etwa 1 Prozent der Geimpften, insbesondere Erwachsene, berichten nach der Impfung über Arthralgien.

Zu den seltenen, schweren unerwünschten Wirkungen der Impfung zählen eine in der Regel selbstlimitierende Thrombozytopenie oder idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP). Diese wurde bei 3 von 100.000 Geimpften innerhalb von zwei Monaten nach der ersten Impfung beobachtet. Bei Kindern zwischen zehn und 24 Monaten erhöht die Impfung das Baseline-Risiko für Fieberkrämpfe um etwa 10 Prozent (zusätzliches Risiko 0,3–0,8%). 1–4 pro 1 Million Geimpfte entwickeln nach der Impfung eine Anaphylaxie. Eine Enzephalitis nach einer Masernimpfung wurde bei etwa 1 pro 1 Million Geimpften beschrieben. Diese Inzidenz ist niedriger als die Hintergrundinzidenz einer Enzephalitis unbekannter Genese bei ungeimpften Kindern.

Hinweis: Assoziationen zwischen der Impfung und dem Auftreten eines Morbus Crohn, einer Colitis ulcerosa, Autismus oder einer SSPE bestehen nicht.

Kontraindikationen

Es gibt Fallberichte von immunsupprimierten Patienten, die nach einer Impfung schwere Komplikationen wie eine Einschlusskörper-Enzephalitis oder Pneumonie entwickelten. Deshalb ist die Impfung für Personen mit bestimmten angeborenen oder erworbenen Störungen des Immunsystems (zum Beispiel schwere kombinierte Immundefizienz, Agammaglobulinämie, AIDS oder symptomatische HIV-Infektion) durch eine mögliche unkontrollierte Vermehrung der abgeschwächten Erreger kontraindiziert. Weitere Gegenanzeigen sind Schwangerschaft und eine bekannte Allergie gegen eine der Impfstoffkomponenten.

Eine Hühnereiweißallergie stellt allgemein keine Kontraindikation gegen die Impfung dar. Personen, die schon einmal eine Überempfindlichkeitsreaktion vom Soforttyp nach dem Verzehr von Hühnereiweiß gezeigt haben, sollten nach der Impfung aber sehr sorgfältig überwacht werden.

Wie bei anderen Impfstoffen sollte auch die Masernimpfung bei akuten, schweren, fieberhaften Erkrankungen zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Ein banaler Infekt, beispielsweise eine Erkältung, wird nicht als Kontraindikation gewertet.

Für weitere Informationen verweisen wir auf die jeweiligen Fachinformationen der Impfstoffe.

Autor:
Stand:
28.03.2022
Quelle:
  1. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Masern-Impfung bei Kindern; abgerufen am 25. März 2022.
  2. Robert Koch-Institut (RKI): RKI-Ratgeber Masern; Stand 23. Juli 2021.
  3. Ständige Impfkommission (STIKO): Epidemiologisches Bulletin 04/22; DOI: 10.25646/9285.2.
  4. Fachinfo-Service: Fachinformation Priorix; Stand November 2019.
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