
Die Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) ist eine vergleichsweise neue Behandlungsmethode neuroendokriner Tumore (NET). NET sind bösartige Krebserkrankungen, die sich aus neuroendokrinen/hormonbildenden Zellen entwickeln und vor allem im Verdauungstrakt und in der Bauchspeicheldrüse vorkommen. Unabhängig vom Ursprungsort haben NET meist gemeinsam, dass sie auf ihrer Zelloberfläche Somatostatin-Rezeptoren ausbilden. Diese werden in der Therapie von NET adressiert, wenn sich die Erkrankung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet und der Tumor gestreut hat, so dass eine OP nicht mehr in Frage kommt. Dann werden Somatostatin-Rezeptorblocker wie Octreotid (Sandostatin) oder Lanreotid (Somatuline) angewendet, die das Tumorwachstum bremsen sollen. Zeigen auch diese nicht den erwünschten Effekt, kommt die PRRT zum Einsatz.
Was ist LysaKare und wofür wird es angewendet?
LysaKare, des auf Nuklearmedizin spezialisierten Unternehmens Advanced Accelerator Applications, ist indiziert zur Reduktion der renalen Strahlenexposition im Rahmen einer PRRT mit Lutetium (177Lu)-Oxodotreotid bei Erwachsenen. Ein Infusionsbeutel mit 1.000 ml Lösung enthält 25 g Argininhydrochlorid und 25 g Lysinhydrochlorid.
177Lu ist ein radioaktives Nuklid mit einer Halbwertszeit von 6,7 Tagen, das ionisierende Strahlung aussendet: Einerseits die therapeutisch wirksamen Beta-Strahlen und andererseits Gamma-Strahlung, die den Körper verlässt. Betastrahlen besitzen nur eine sehr geringe Reichweite von wenigen Millimetern, weshalb die Bestrahlung auf die Krebszellen begrenzt bleibt und diese abtöten soll. Die Gamma-Strahlen ermöglichen die Anreicherung des Radiopharmakons im Tumor durch eine Gammakamera zu überprüfen.
Aus strahlenschutzrechtlichen Gründen ist die Therapie mit einem stationären Aufenthalt auf der nuklearmedizinschen Therapiestation verbunden, die Standard-Aufenthaltsdauer beträgt 5 Tage.
Wie wird LysaKare angewendet?
LysaKare ist zur intravenösen Anwendung bestimmt und sollte 30 Minuten vor der Anwendung von Lutetium-Oxodotreotid als 4-stündige Infusion (250 ml/h) verabreicht werden.
CAVE:
- LysaKare und 177Lu-Oxodotreotid müssen über separate Infusionszugänge verabreicht werden.
- Vor jeder Behandlung mit LysaKare muss der Kaliumspiegel im Serum gemessen werden und bei bestehender Hyperkaliämie diese vor Beginn der Infusion behoben werden.
- Unabhängig vom Ausgangswert des Kaliumspiegels müssen die Vitalzeichen während der Infusion überwacht werden.
- Patienten müssen angewiesen werden am Infusionstag große Mengen Wasser (mindestens 1 Glas pro Stunde) zu trinken, um ausreichend hydriert zu bleiben und die Ausscheidung überschüssigen Kaliums zu unterstützen.
Dosierung
Für das Behandlungsregime bei Erwachsenen wird empfohlen, einen ganzen Beutel LysaKare gleichzeitig mit der 177Lu-Oxodotreotid-Infusion zu infundieren, auch wenn für den Patienten eine Reduktion der PRRT-Dosis erforderlich ist.
Um das Risiko von Übelkeit und Erbrechen zu reduzieren, wird eine Prämedikation mit einem Antiemetikum 30 Minuten vor dem Beginn der LysaKare-Infusion empfohlen.
Wie wirkt LysaKare?
Die in LysaKare enthaltenen Aminosäuren Arginin und Lysin unterliegen der glomerulären Filtration und interferieren kompetitiv mit der Resorption von Lutetium (177Lu)-Oxodotreotid in der Niere. Hierdurch wird die in die Nieren abgegebene Strahlendosis reduziert.
Gegenanzeigen
LysaKare darf nicht angewendet werden bei:
- Überempfindlichkeit gegen die Wirkstoffe oder sonstige Bestandteile des Arzneimittels
- Vorbestehender klinisch relevanter Hyperkaliämie, sofern diese vor dem Beginn der LysaKare-Infusion nicht ausreichend korrigiert wurde
Nebenwirkungen
Die wichtigsten Nebenwirkungen von LysaKare sind:
- Übelkeit (ungefähr 25%)
- Erbrechen (ungefähr 10%)
- Hyperkaliämie
Wechselwirkungen
Für LysaKare wurden keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt. Da jedoch keine anderen Arzneimittel durch denselben Nieren-Reabsorptionsmechanismus reabsorbiert werden, sind keine Wechselwirkungen zu erwarten.
Studienlage
Die Zulassung von LysaKare basiert auf Daten der wissenschaftlichen Fachliteratur, die sich auf die Behandlung mit Lutetium-Oxodotreotid von über 1.200 Krebspatienten bezieht. Wie die EMA mitteilt, zeigen diese, dass sich Arginin und Lysin zur Prävention von Nierenschäden als wirksam erwiesen habe.
Eine weitere publizierte Studie mit 229 Patienten zeigte, dass 14 Monate nach der Therapie mit Arginin und Lysin sowie Lutetium-Oxodotreotid, bei Messungen der Kreatinin-Clearance keine Nierenschäden festgestellt wurden.