
Hintergrund
Trogarzo wurde bereits im März 2018 von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) in einem beschleunigten Verfahren als Orphan Drug zuglassen. Ende September 2019 erteilte dann die EU-Kommission die Zulassung. Der taiwanesische Hersteller TaiMed Biologics Inc. hatte mit der in Kanada ansässigen Firma Theratechnologies eine Lizenzvereinbarung zur Vermarktung getroffen.
Das Medikament ist zum 01. September 2020 in Deutschland erhältlich.
Was ist Trogarzo und wofür wird es angewendet?
Trogarzo (Ibalizumab) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper und ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung von Erwachsenen mit einer multiresistenten HIV-1-Infektion indiziert, bei denen kein anderes supprimierendes, antivirales Regime zusammengestellt werden kann.
Wie wird Trogarzo angewendet?
Trogarzo ist zur intravenösen Anwendung bestimmt und kommt als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung auf den deutschen Markt. Ibalizumab ist nicht als intravenöse Schnellinjektion oder als intravenöse Bolusinjektion zu verabreichen.
Dosierung
Die empfohlene Dosis von Ibalizumab besteht aus einer einzelnen Aufsättigungsdosis von 2000 mg, gefolgt von einer Erhaltungsdosis von 800 mg alle 2 Wochen. Die Dauer der ersten Infusion (Aufsättigungsdosis) sollte mindestens 30 Minuten betragen. Wenn keine infusionsbedingten Nebenwirkungen aufgetreten sind, kann die Dauer der nachfolgenden Infusionen (Erhaltungsdosen) auf mindestens 15 Minuten reduziert werden.
Wie wirkt Trogarzo?
Ibalizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper des IgG4 und richtet sich gegen die Domäne 2 von CD4. Hierdurch verhindert Ibalizumab, dass HIV-1 die CD4+-T-Zellen infiziert und stört die nach der Anhaftung erfolgenden Schritte, die für das Eindringen der HIV-1-Viruspartikel in die Wirtszellen erforderlich sind. Ibalizumab verhindert also die Virusübertragung, die mittels Zell-Zell-Fusion stattfindet.
Gegenanzeigen
Trogarzo darf nicht angewendet werden bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der genannten sonstigen Bestandteile des Arzneimittels. Frauen im gebärfähigen Alter sollten eine wirksame Verhütungsmethode anwenden, wenn sie mit Ibalizumab behandelt werden. Bei Schwangere sollte der Antikörper nicht angewendet werden.
Nebenwirkungen
Die am häufigsten gemeldeten Nebenwirkungen in klinischen Studien waren Ausschlag (9,2%), Diarrhö (3,9%), Schwindelgefühl (3,9%), Kopfschmerzen (3,9%), Übelkeit (3,9%), Ermüdung (2,0%) und Erbrechen (2,0%).
Wechselwirkungen
Es wurden keine Studien zur Erfassung von Wechselwirkungen durchgeführt. Allerdings ist basierend auf dem Wirkmechanismus und der Zielstruktur-vermittelten Arzneimittel-Disposition von Ibalizumab nicht davon auszugehen, dass pharmakokinetische Arzneimittelwechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln auftreten.
Studienlage
Die Zulassung von Trogarzo basiert auf den Daten der klinischen Phase-III-Studie TMB-301 (NCT02475629) an 40 erwachsenen Patienten mit multiresistenter HIV-1-Infektion.
Die Studie setzte sich aus drei unterschiedlichen Phasen zusammen:
- Kontrollphase (Tag 0 bis Tag 6): Beobachtungsphase zur Ermittlung der Baseline-HIV-Viruslast. Die Patienten wurden entweder im Rahmen ihrer aktuell versagenden Therapie überwacht oder erhielten keine Therapie, wenn innerhalb der 8 Wochen vor dem Screening ihre Therapie versagt hatte und sie die Behandlung abgesetzt hatten.
- Phase mit funktioneller Monotherapie (Tag 7 bis Tag 13): Ermittlung der virologischen Aktivität von Ibalizumab. Alle Teilnehmer erhielten an Tag 7 eine Aufsättigungsdosis Ibalizumab von 2000 mg. Patienten mit einem versagenden Behandlungsschema mit einer antiretroviralen Behandlung erhielten weiter ihr versagendes Behandlungsschema zusätzlich zur Aufsättigungsdosis Ibalizumab.
- Erhaltungsphase (Tag 14 bis Woche 25): Ermittlung der Sicherheit und Beständigkeit der virologischen Suppression durch Ibalizumab bei Anwendung in Kombination mit einem optimierten Hintergrund-Behandlungsschema. An Tag 14 der Behandlungsphase wurde die Viruslast im Hinblick auf den primären Endpunkt untersucht, und anschließend wurde das Hintergrund-Behandlungsschema optimiert, um mindestens ein Arzneimittel aufzunehmen, gegenüber dem das Virus des Patienten empfindlich war. Ab Tag 21 bis einschließlich Woche 25 wurde alle zwei Wochen eine 800-mg-Erhaltungsdosis Ibalizumab verabreicht.
Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war definiert als Anteil der Patienten, die von Beginn bis Ende der „Phase mit funktioneller Monotherapie“ eine Verringerung der Viruslust von ≥ 0,5 log10 erreichten, verglichen mit dem Anteil der Patienten, die von Beginn bis Ende der Kontrollphase ((Tag 0 bis Tag 6): eine Verringerung von ≥ 0,5 log10 erreichten.
Ergebnisse
33 der 40 Teilnehmer (83%) erreichten den primären Endpunkt. In Woche 25 hatten 55% der Patienten eine Verringerung der Viruslast von ≥ 1 log10, und 48% der Patienten wiesen eine Verringerung der Viruslast um ≥ 2 log10 auf. Von der Baseline bis Woche 25 wurde ein Anstieg der mittleren Anzahl von CD4+-T-Zellen von 62 Zellen/mm3 beobachtet (Intention-to-treat-Analyse). Patienten mit Baseline-CD4-Zahlen von < 50 Zellen/mm3 erreichten mit geringerer Wahrscheinlichkeit eine HIV-1-RNA von < 200 Kopien/ml (bzw. < 50 Kopien/ml) als Patienten mit > 50 Zellen/mm3. Nebenwirkungen traten bei 32 Teilnehmern auf, davon waren 87 Prozent leicht bis mittelschwer. Bei 11 Patiententraten Nebenwirkungen von Grad 3 oder 4 auf.