Schwangere mit rheumatologischen Erkrankungen müssen engmaschiger überwacht werden

Kaiserschnitt, Frühgeburt und untergewichtige Neugeborene sind Risikoereignisse, die bei Schwangeren mit rheumatologischen Erkrankungen vermehrt auftreten können. Doch haben diese Krankheitsbilder auch Auswirkungen auf das Eintreten einer Präeklampsie, die zum Multiorganversagen der Mutter und im schlimmsten Fall sogar zum Tod des Kindes führen kann?

Schwangere misst Blutdruck

Die Präeklampsie gehört zu der Gruppe der hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen und ist durch das gemeinsame Auftreten einer Hypertonie mit mindestens einer weiteren Organmanifestation während der Schwangerschaft gekennzeichnet. Meistens ist die Niere betroffen mit einer Proteinurie von >300 mg/Tag. Von einer Präeklampsie sind 3-5% aller Schwangerschaften weltweit betroffen. Bekannte Risikofaktoren für eine Entwicklung dieser Komplikation  sind die Erstschwangerschaft, ein sehr niedriges oder hohes Alter der Mutter und Adipositas. Auch Erkrankungen aus dem rheumatologischen Formenkreis, wie rheumatoide Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis (PsA) und die axiale Spondyloarthritis (AxSpA) können laut bestehender Studien für Frauen im gebärfähigen Alter Komplikationen in der Schwangerschaft begünstigen, z. B. eine Frühgeburt oder Kaiserschnitt. Allerdings gibt es bis jetzt nur wenige und widersprüchliche Daten für die Auswirkungen auf eine Präeklampsie.

Zielsetzung

Diese Studie untersucht daher das Risiko einer Präeklampsie bei rheumatoider Arthritis, axialer Spondyloarthritis und Psoriasis-Arthritis, wobei der Schwerpunkt auf den Auswirkungen medikamentöser Behandlungen und der Schwere der Krankheitsaktivität liegt.

Methodik

In dieser kollaborativen Kohortenstudie wurden Frauen mit Singleton-Schwangerschaften und der jeweiligen rheumatologischen Erkrankung (RA N=1739; AxSpA N=819; PsA N=489) zwischen 2006 und 2018 mit Kontrollgruppen ohne eine rheumatologische Erkrankung 1:10 gematched.

Das Matching basierte auf folgenden Faktoren:

  • Dem mütterlichen Alter
  • Der Parität (Anzahl der bisher geborenen Kinder) und
  • Dem Kalenderjahr der Geburt des Kindes

Dabei wurden die medizinischen Geburtsregister und die rheumatologischen Register aus Schweden und Dänemark angewendet. Aus selbstberichteten Informationen wurde das Rauchen, der Body-Mass-Index (BMI) beim ersten vorgeburtlichen Besuch, der höchste Bildungsstand der Mutter, sowie das Geburtsland des Kindes als Kovariaten behandelt.

Antirheumatische Behandlung

Es wurden Informationen über die antirheumatische Behandlung vor (neun Monate vor Empfängnis) und während der Schwangerschaft (von Empfängnis bis Geburt) gewonnen. Die Behandlung wurde untergliedert in Patienten ohne medikamentöse Behandlung und Patienten, die entweder eine Monotherapie oder eine Kombinationstherapie (mindestens zwei beliebig kombinierte Medikamente) aus Kortikosteroiden oder synthetischen oder biologischen Antirheumatika erhielten.

Krankheitsschwere

Die Krankheitsschwere wurde als eigens konstruierter Score aus den folgenden Parametern als hoch, niedrig oder fehlend (wenn keine Messdaten vorhanden waren) eingeschätzt.

Eine hohe Krankheitslast lag bei folgenden Messungen vor:

  • Health Assessment Questionnaire (HAQ) ≥1 oder
  • C-reaktives Protein (CRP) ≥10 oder
  • Disease Activity Score in 28 Gelenken (DAS28-CRP) ≥3,2

Falls mehrere Daten vorlagen, wurde das höchste Messergebnis für die Berechnungen genutzt. Das Risiko wurde anhand einer logistischen Regression mit adjustierten Odds Ratios (aOR) und 95%-Konfidenzintervallen (95%-KI) abgeschätzt.

Eintreten der Präeklampsie

Die Präeklampsie wurde in dieser Studie wie folgt definiert: Eine oder mehrere registrierte Diagnosen von Präeklampsie oder Eklampsie während der Schwangerschaft. Darüber hinaus wurde sie nach Schweregrad (moderat/schwer) und basierend auf dem Zeitpunkt des Eintretens in früh (<34 Schwangerschaftswochen (SSW)) und spät (≥34 SSW) klassifiziert. 

Exklusionen

Die Krankheitsschwere konnte aufgrund von fehlenden Daten bei AxSpA nicht berechnet werden. Außerdem wurden Schwangere, die nicht mindestens 6 Monate vor der Studie in den Registern erfasst waren, sowie Patientinnen mit einem CRP-Wert über 50, exkludiert.

Ergebnisse

Zusammenhänge zwischen Inzidenz der Präeklampsie und Charakteristika der Mütter

Bei der rheumatoiden Arthritis besteht ein leichtes, aber kein signifikantes Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie. Von 1.739 Schwangerschaften mit rheumatoider Arthritis erkrankten 3,9% an Präeklampsie, in der Vergleichsgruppe 3,1% (aOR 1,27; 95%-KI 0,96 bis 1,67). Es fanden sich keine wesentlichen Unterschiede in den mütterlichen Merkmalen (Rauchen, Adipositas, Bildungsabschluss).

Bei der Psoriasis-Arthritis bekamen 26 von den 489 schwangeren Frauen (5,3%) eine Präeklampsie, was zu einem um 85% erhöhten Risiko im Vergleich zu Kontrollschwangerschaften führte (aOR 1,85; 95%-KI 1,10 bis 3,12). Schwangere Frauen mit Psoriasis-Arthritis waren im Vergleich zur Kontrollgruppe häufig Raucherinnen, fettleibig und hatten einen niedrigeren Bildungsabschluss. Dies könnte damit zusammenhängen, dass es einen gut etablierten Zusammenhang zwischen Psoriasis und dem metabolischen Syndrom gibt, welches auch mit Präeklampsie assoziiert ist.

Es entwickelten 4,2% der Schwangeren mit axialer Spondyloarthritis eine Präeklampsie, in der Kontrollgruppe waren es 3,3% (aOR 1,17; 95%-KI 0,76 bis 1,78). Es fanden sich keine Unterschiede in den mütterlichen Merkmalen.

Risiko in Bezug auf die antirheumatische Behandlung

In dieser Studie konnten einige Erkenntnisse bezüglich der Behandlungsmethoden vor der Schwangerschaft gewonnen werden. Eine Kombinationstherapie scheint negative Auswirkungen auf das Entstehen einer Präeklampsie bei RA-Schwangeren zu haben (aOR 1,59; 95%-KI 1,07 bis 2,37), während keine erhöhten Risiken bei einer Monotherapie oder unbehandelten RA gefunden wurden. Trotzdem deuten die Ergebnisse dieser Studie darauf hin, dass eine Kombinationstherapie im benötigten Fall durchaus anzuwenden sei, da auch eine unbehandelte Erkrankung mit hoher Krankheitslast ein erhöhtes Risiko bewirken würde.

Im Gegensatz dazu zeigten Patientinnen mit Psoriasis-Arthritis ein erhöhtes Risiko bei Monotherapie im Vergleich zu Kontrollschwangerschaften (aOR 2,72; 95%-KI 1,44 bis 5,13). Die medikamentös unbehandelten Schwangeren mit PsA zeigten kein statistisch erhöhtes Risiko im Vergleich zu Kontrollen (aOR 1,71; 95%-KI 0,75 bis 3,92). Für diejenigen, die prägravid eine Kombinationstherapie erhielten, ließ sich auch keine Risikozunahme feststellen (aOR 1,05; 95%-KI 0,23 bis 4,86). Bei der axialen Spondyloarthritis fanden sich keine erhöhten Risiken bei der Stratifizierung der Behandlungsmöglichkeiten.

Auch während der Schwangerschaft konnte bei keiner der drei rheumatologischen Erkrankungen ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko für eine Präeklampsie in Bezug auf die Behandlung festgestellt werden – allenfalls eine erhöhte Tendenz bei der Kombinationstherapie der rheumatoiden Arthritis.

Risiko in Bezug auf die Krankheitsaktivität während der Schwangerschaft

Der Studie liegen 43% der Messdaten bei Schwangeren mit rheumatoider Arthritis zugrunde, was sie zu der bisher größten Kohorte auf diesem Gebiet macht. Es zeigte sich bei erhöhtem HAQ, CRP und DAS28-CRP eine Verdopplung des Risikos für die Entwicklung einer Präeklampsie. Bei der Beurteilung ergab sich somit ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie mit hoher Krankheitslast im Vergleich zu Patientinnen mit einer niedrigen Krankheitslast (aOR 1,96; 95%-KI 1,26 bis 3,04). Im internen Vergleich zu der unbehandelten Referenzgruppe zeigte sich aber keine Signifikanz. Patientinnen, zu denen Informationen zu allen drei Variablen fehlten, hatten im Vergleich zur Kontrolle kein erhöhtes Risiko. Bei AxSpA und PsA war das Niveau der fehlenden Daten zur Krankheitslast zu hoch, um statistisch wertvolle Schlüsse daraus ziehen zu können. Alle drei rheumatologischen Erkrankungen waren gleichmäßig mit moderater und schwerer Präeklampsie assoziiert.

Limitationen

Folgende Einschränkungen reduzieren die statistische Aussagekraft der Studie:

  • Trotz einer zahlenmäßig großen Kohorte war die Anzahl der Ergebnisse gering, wodurch auch keine stratifizierte Risikoanalyse einer frühen oder späten Präeklampsie gewonnen werden konnte
  • Es fehlten Informationen zur Krankheitsaktivität in einem Großteil der Schwangerschaften
  • Oft gab es nur einen registrierten Krankheitswert
  • Es gab nur Informationen über ausgefüllte Rezepte, nicht über die tatsächlichen Einnahmen der Medikamente
  • Bei der axialen Spondyloarthritis wurde nicht nach Subtypen stratifiziert und es fehlten validere Messungen der Krankheitsaktivität (z. B. BASDAI)
  • Es fehlten Informationen zur Einnahme von Acetylsalicylsäure, welches als Prävention bei Präeklampsie zur Anwendung kommt

Ideen für zukünftige Forschungsvorhaben

Es konnte nicht beurteilt werden, ob das Fortsetzen oder ein Abbruch der medikamentösen Therapie die Präeklampsie beeinflussen. Prospektiv und wiederholt während der Schwangerschaft gesammelte, detailliertere Informationen über Krankheitsaktivität und Behandlung, könnten diese Effekte trennen.

Es ist bekannt, dass die Pathogenese der Präeklampsie mit einem gewissen Grad an Immundysregulation zusammenhängt und eine hohe Entzündungslast eine Präeklampsie begünstigt. Es könnte also hypothetisch sein, dass die erhöhte Entzündungslast durch eine Erkrankung an rheumatoider Arthritis ebenfalls ein Risikofaktor ist. Dafür müsste die Pathophysiologie noch weiter im Detail erforscht werden.

Maßnahmen für die Zukunft

Bei Frauen mit rheumatoider Arthritis zeigten die Ergebnisse, dass eine hohe Krankheitslast während der Schwangerschaft das Risiko für eine Präeklampsie ungefähr verdoppelt, während eine Kombinationstherapie vor und während der Schwangerschaft zumindest ein erhöhtes Risiko darstellen könnte.

Diese Studie zeigte ein erhöhtes Risiko für Präeklampsie im Vergleich zu Kontrollschwangerschaften bei Frauen mit Psoriasis-Arthritis. Bei der axialen Spondyloarthritis ließ sich kein erhöhtes Risiko finden.

Die Ergebnisse dieser Studie sollte somit die Kliniker dazu auffordern, Schwangere insbesondere mit rheumatoider Arthritis und Psoriasis-Arthritis engmaschig zu überwachen, um negative Auswirkungen durch das Auftreten einer Präeklampsie auf die Mutter oder das Kind zu minimieren.

Finanzierung: Keine Aussage.

Autor:
Stand:
08.12.2022
Quelle:

Secher et al. (2022): Risk of pre-eclampsia and impact of disease activity and antirheumatic treatment in women with rheumatoid arthritis, axial spondylarthritis and psoriatic arthritis: a collaborative matched cohort study from Sweden and Denmark, Rheumatic & Musculoskeletal Diseases, DOI: 10.1136/ rmdopen-2022-002445

 

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