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Krankheiten
Die Psoriasis-Arthritis ist eine chronische, in Schüben verlaufende seronegative Gelenkentzündung, die bei etwa 20-30% der Patienten mit einer Psoriasis vulgaris auftritt.
Definition
Die Psoriasis-Arthritis (PSA) ist eine chronische, in Schüben verlaufende seronegative Gelenkentzündung, die im Zusammenhang mit einer Psoriasis vulgaris auftritt. Bei etwa 20-30% der Psoriasis-Patienten tritt im Verlauf zusätzlich eine Entzündung der Gelenke oder gelenknaher Strukturen auf, unabhängig vom Schweregrad der Hauterscheinungen. Durchschnitt liegen 10 Jahre zwischen den ersten Hauterscheinungen und dem Auftreten der PSA. Bei etwa 10-15 % der PSA-Betroffenen tritt die Arthritis vor dem Auftreten der Hauterscheinungen auf, bei jeweils 10% beginnen Haut- und Gelenkveränderungen gleichzeitig bzw. Hauterscheinungen fehlen. Ähnlich wie die Psoriasis vulgaris beruht auch die Psoriasis-Arthritis auf einer Autoimmunreaktion.
Durchschnittlich beginnt die Psoriasis-Arthritis im Alter von 30 und 50 Jahren, sehr selten auch bei Kindern und Jugendlichen. Frauen und Männer sind in etwa gleich häufig betroffen. Die Psoriasis-Arthritis kann an vielen Gelenken im Körper auftreten, z.B. an Händen, Füßen, Ellbogen, Knie oder Wirbelsäule. Häufig entzünden sich mehr als fünf Gelenke, unter anderem die Endgelenke der Finger und Zehen. Auch die Sehnen und Sehnenscheiden sowie Finger- und Zehennägel können beteiligt sein.
Beim Fehlen typischer Hauterscheinungen kann die Diagnose der Psoriasis-Arthritis zuweilen schwierig sein, zumal es keine Untersuchung gibt, die eine Psoriasis-Arthritis eindeutig nachweist. Ein wichtiger Hinweis kann eine familiäre Veranlagung sein. Die Ursache der PSA ist noch nicht endgültig geklärt, bei der Entstehung spielen jedoch sowohl genetische als auch Umwelt- bzw. Realitätsfaktoren eine wichtige Rolle.
Die Therapie der Psoriasis-Arthritis orientiert sich derzeit an den Empfehlungen der Fachgesellschaften „Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis“ (GRAPPA) und „European League Against Rheumatism“ (EULAR).
Um eine progressive Gelenkzerstörung zu verhindern, ist ein frühzeitiger Beginn der Therapie wichtig, möglichst in interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Rheumatologen, Radiologen und Hautärzten.
Epidemiologie
Die Prävalenz der Psoriasis-Arthritis beträgt im Schnitt 0,2%, das entspricht 140.000 Betroffenen in Deutschland. Die Inzidenz wird mit 6/100.000 pro Jahr angegeben.
Anhand einer Datenanalyse von 4 Millionen Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung aus dem Jahr 2017 lag das Durchschnittsalter der Erkrankung bei 59,4 Jahren für Frauen und 57,4 Jahren für Männer. 24% der Patienten waren unter 50 Jahre alt, 54% zwischen 50 und 69 Jahre und 22% älter als 70 Jahre. Die geschätzte Prävalenz betrug demnach 0,29%.
Ursachen
Die eigentliche Ursache der PSA ist noch nicht endgültig geklärt. Man nimmt an, dass es eine genetische Veranlagung zur Ausprägung der Erkrankung gibt. Allerdings müssen in der Regel weitere Triggerfaktoren hinzukommen, damit sich die PSA manifestiert. Dies sind beispielsweise virale oder bakterielle Infektionskrankheiten (z.B. Bronchitis), hormonelle Faktoren (z.B. Pubertät, Wechseljahre), Stress oder Medikamente (z.B. ACE-Hemmer). Diese Trigger können Auslöser für das erstmalige Auftreten der PSA oder eines neuen Schubes sein. Auch Übergewicht könnte eine mögliche Ursache für die Entstehung der Psoriasis-Arthritis sein.
Pathogenese
Wie bei der Psoriasis handelt es sich auch bei der Psoriasis-Arthritis um eine Autoimmunerkrankung. In der Pathogenese der PSA spielen eine Vielzahl von Zellen und Zytokinen eine Rolle, wobei vieles für eine prädominante Rolle von TNF und Interleukinen spricht. Bei der Psoriasis-Arthritis zerstören Gelenkentzündungen nach und nach die Gelenkinnenhaut, den Knorpel und unter Umständen auch den Knochen.
Symptome
Im Frühstadium kommt es zur Entzündung eines einzelnen oder einiger weniger (bis zu vier) Gelenke, wobei häufig zuerst das Knie betroffen ist. In der Folge erkranken oft Finger-, Zehen- oder Sprunggelenke. Zu Anfang sind nur die Gelenke einer Körperseite betroffen, im Verlauf können weitere Gelenke hinzukommen.
Bei Befall von Grund-, Mittel- und Endgelenk eines Fingers oder Zehs („Befall im Strahl“, Daktylitis), kommt es zu typischen Wurstfingern oder -zehen. Sind nur die Endgelenke aller oder mehrerer Finger und Zehen betroffen, spricht man von einem Etagenbefall. Im Fall einer Wirbelsäulenbeteiligung handelt es sich um eine Sonderform der PSA, die als Psoriasis-Spondarthritis bezeichnet wird. Eine Wirbelsäulenbeteiligung findet sich oft in Kombination mit einem Befall stammnaher Gelenke (Hüftgelenke, Schultergelenke, Sternoclavikulargelenke, Sternokostalgelenke).
Darüber hinaus können bei der PSA auch die Weichteile befallen sein, z.B. die Sehnen und Sehnenansätze (Enthesitis), Schleimbeutel (Bursitis), Sehnenscheiden oder Bandverbindungen. Die Manifestation an Sehnenansätzen, Bandansätzen und Kapselansätzen (Enthesiopathie) ist typisch für die Psoriasis-Arthritis.
Hauptsymptome der PSA sind typische rheumatische Schmerzen, die vor allem in Ruhe und nachts auftreten mit einer ausgeprägten Morgensteifigkeit. Charakteristische Zeichen der PSA sind Schwellungen oder Ergussbildungen in den Gelenken, außerdem eine Druck- und Berührungsempfindlichkeit sowie eine Funktionsbeeinträchtigung.
Auch eine Entzündung der Augenhaut (Uveitis) kann auftreten, die unbehandelt zur Erblindung führen kann.
Diagnostik
Die richtige Diagnose ist für die Auswahl der geeigneten Therapie essentiell. Insbesondere gilt es, die PSA von anderen chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen abzugrenzen, die ähnliche Symptome aufweisen. Leider gibt es keine charakteristischen Laborbefunde für die Psoriasis-Arthritis. Entscheidende Hinweise für die Diagnose einer Psoriasis-Arthritis liefern daher die Anamnese und eine genaue körperliche Untersuchung. Die derzeitigen Empfehlungen der GRAPPA schlagen eine Einteilung der Krankheitsstadien in mild, mittelschwer und schwer vor. Dabei bezieht sich die Einteilung auf den Schweregrad einzelner Symptome (periphere Arthritis, Hautbeteiligung, axiale Beteiligung, Enthesitis, Daktylitis) und nicht auf die Erkrankung im Gesamtkontext.
Wichtige klinische Hinweise auf eine Psoriasis-Arthritis oder Psoriasis-Spondarthritis sind:
- Vorliegen einer Schuppenflechte an der Haut
- Ruheschmerzen, die sich unter Bewegung bessern
- Gelenkschwellungen, Sehnenscheidenentzündungen
- Achillessehnen-Schmerzen oder -entzündungen
- Fersenschmerzen
- stechende Schmerzen im Bereich des Brustbeins
- tiefsitzende Rückenschmerzen
- ischiasartige Beschwerden, die u.U. von der einen auf die anderen Seite wechseln oder in beide Beine ausstrahlen
- ausgeprägte Morgensteifigkeit
Bei Fehlen typischer Hauterscheinungen sollte nach diskreten Psoriasis-Zeichen, z.B. in Nabelgrube, Analfalte oder im Gehörgangnach gesucht bzw. nach dem Vorkommen einer Psoriasis mit oder ohne Gelenk- oder Wirbelsäulenbeteiligung bei nahen Verwandten (ersten oder zweiten Grades) gefragt werden.
Laboruntersuchungen
Als Zeichen der Entzündung sind bei den Laboruntersuchungen die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG, Blutsenkung) und das C-reaktive Protein (CRP) erhöht, sie können in manchen Fällen aber auch völlig normal oder nur wenig erhöht sein, obwohl die Erkrankung stark aktiv ist. So sind z.T. selbst in hochakuten Schubsituationen nur diskrete Entzündungszeichen nachweisbar, manchmal fehlen entsprechende systemische Entzündungszeichen sogar völlig. Bei etwa 10-20% der Betroffenen finden sich erhöhte Harnsäurewerte im Blut, doch auch dies ist kein eindeutiges Indiz für die Psoriasis-Arthritis. Rheumafaktoren und CCP-Antikörper sind normalerweise negativ.
Bildgebende Verfahren
Röntgen, Gelenksonografie oder Gelenkszintigrafie sowie Magnetresonanztomografie können dazu beitragen, die Diagnose zu sichern. Allerdings sind zu Beginn der Psoriasis-Arthritis selten Gelenkveränderungen nachzuweisen.
Therapie
Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen die medikamentöse Therapie, Ergotherapie und Physiotherapie, physikalische Therapieformen (Kälte-/Wärmeanwendungen, Elektrotherapie), lokale Maßnahmen einschließlich Infiltrationstherapie, intraartikuläre Injektionen oder Radiosynoviorthese, sowie operative, rheuma-chirurgische Eingriffe. Zu den ergänzenden Maßnahmen gehören Funktionstraining, Entspannungstherapie, Balneotherapie, Ernährungstherapie, Patientenschulungen sowie Akupunktur.
Medikamentöse Therapie
Zur medikamentösen Therapie der Psoriasis-Arthritis stehen folgende Medikamentengruppen zur Verfügung, die je nach Schweregrad und Manifestationsformen der PSA zum Einsatz kommen:
Derzeit existiert in Deutschland keine Leitlinie zur Therapie der PSA; zur Orientierung dienen die Empfehlungen der GRAPPA und EULAR. Therapieziele sind die Linderung der Schmerzen und der entzündlichen Aktivität, die Verminderung der radiologischen Progression, der Erhalt der langfristigen Gelenkfunktion sowie die Verbesserung psoriatischer Hautmanifestationen. Weiterhin müssen die Lebensqualität des Patienten, die kumulative Belastung sowie vorhandene Komorbiditäten berücksichtigt werden.
Therapieempfehlungen aus Leitlinie
Gemäß der aktuellen S3-Leitlinie 013-001 „Therapie der Psoriasis vulgaris“ gelten folgende Empfehlungen zur Behandlung der PSA:
- Zur symptomatischen Therapie bei Arthralgien, d.h. ohne klinisch objektiven Nachweis einer Gelenkschwellung oder Daktylitis wird eine Therapie mittels NSAIDs/Coxiben empfohlen.
- Bei persistierenden entzündlichen Beschwerden am Bewegungsapparat wird eine Vorstellung beim Facharzt für Rheumatologie empfohlen.
- Bei einer klinisch vorliegenden peripheren Arthritis/Daktylitis, oder einem objektivem Nachweis dieser in Ultraschall, konventionellem Röntgen oder MRT, wird die Einleitung einer Basistherapie empfohlen, um destruktive Verläufe zu vermindern.
- In der Initialtherapie einer Psoriasisarthritis/Daktylitis bei Psoriasis-Manifestation an der Haut, werden konventionelle DMARDs empfohlen, die gleichzeitig auch einen positiven Effekt auf die Psoriasis der Haut aufweisen.
- Bei Patienten mit peripherer Arthritis /Daktylitis, die auf mindestens ein konventionell synthetisches DMARD nicht adäquat angesprochen haben, wird die Einleitung eines biologischen DMARDs als Monotherapie oder in Kombination mit einem synthetischen DMARD empfohlen.
- Als biologische DMARDs zur Behandlung von Patienten mit im Vordergrund stehender Psoriasis-Arthritis mit gleichzeitiger Psoriasis der Haut werden Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab, Secukinumab und Ustekinumab empfohlen.
Prognose
Mit einem ausgewogenen Behandlungskonzept erreichen 30-40% der Patienten Beschwerdefreiheit, bei frühem Behandlungsbeginn sogar 50%.
Mehr als die Hälfte der Patienten mit einer PSA entwickeln im Krankheitsverlauf eine deformierende Arthritis, bei etwa 30-40% der Patienten mit deformierender Arthritis sind fünf und mehr Gelenke betroffen. Bei einem Fünftel der Patienten kommt es zu einer anhaltenden und bedeutsamen Behinderung, bei etwa 10% sogar zu einer schweren funktionellen Beeinträchtigung.
Insbesondere Patienten mit schweren Verlaufsformen der PSA weisen ein im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes kardiovaskuläres Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko auf.
Prophylaxe
Es gibt keine gezielten Maßnahmen zur Vorbeugung der PSA. Möglicherweise lässt sich das Erkrankungsrisiko durch gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und das Vermeiden von Übergewicht reduzieren.
Hinweise
Aufgrund der hohen genetischen Assoziation sollte bei allen Psoriasis-Patienten nach einer positiven Familienanamnese bezüglich des Vorliegens einer PSA gefragt werden. Es wird zudem empfohlen, bei jedem Patienten mit einer Psoriasis bei Erstvorstellung und im Verlauf zu prüfen, ob Hinweise auf eine PSA vorliegen und den Patienten auf die Möglichkeit der Entwicklung einer PSA hinzuweisen. Hierzu kann ein validierter Fragebogens verwendet werden. Ein Fragebogen-Screening auf PSA wird einmal pro Jahr empfohlen.