
Der Tyrosinkinase-Inhibitor Ibrutinib ist indiziert als Einzelsubstanz zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Mantelzell-Lymphom (MCL) oder in Kombination mit Rituximab oder Obinutuzumab oder Venetoclax zur Behandlung erwachsener Patienten mit nicht vorbehandelter chronischer lymphatischer Leukämie (CLL). Darüber hinaus wird der Wirkstoff als Einzelsubstanz oder in Kombination mit Bendamustin und Rituximab (BR) zur Behandlung erwachsener Patienten mit CLL, die mindestens eine vorangehende Therapie erhalten haben angewendet. Eine weitere Indikation als Einzelsubstanz stellt die Behandlung erwachsener Patienten mit Morbus Waldenström (MW) dar, die mindestens eine vorangehende Therapie erhalten haben, oder zur Erstlinien-Therapie bei Patienten, die für eine Chemo-Immuntherapie nicht geeignet sind. In Kombination mit Rituximab ist Ibrutinib indiziert zur Behandlung erwachsener Patienten mit MW.
Hintergrund der Sicherheitsbedenken
Die Auswertung von gepoolten Daten aus randomisierten klinischen Studien (RCT) zu Ibrutinib zeigte eine nahezu 5-mal höhere rohe Inzidenz von plötzlichem Herztod, plötzlichem Tod oder Herztod im Ibrutinib-Arm (11 Fälle; 0,48%) gegenüber dem Vergleichsarm (2 Fälle; 0,10%). Bereinigt um die Exposition wurde im Ibrutinib-Arm (0,0002) gegenüber der Vergleichsgruppe (0,0001) ein 2-facher Anstieg der Inzidenzrate (exposure-adjusted incidence rate, EAIR) beobachtet, ausgedrückt als Anzahl der Probanden mit Ereignissen dividiert durch Patientenmonate unter Risiko von Ereignissen mit plötzlichem Herztod, plötzlichem Tod oder Herztod.
Zusammenfassung
- Ibrutinib erhöht das Risiko für tödliche und schwere Herzrhythmusstörungen sowie Herzinsuffizienz.
- Patienten im fortgeschrittenen Alter, mit einem Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG) Score von ≥2 oder kardialen Begleiterkrankungen können ein erhöhtes Risiko von kardialen Ereignissen einschließlich plötzlicher, tödlicher, kardialer Ereignisse haben.
- Vor Beginn der Behandlung mit Ibrutinib sollten eine klinische Anamnese der kardialen Vorerkrankungen und eine Beurteilung der Herzfunktion durchgeführt werden.
- Bei Patienten mit Risikofaktoren für kardiale Ereignisse ist vor Beginn der Behandlung mit Ibrutinib eine Nutzen-Risiko-Abwägung vorzunehmen; eine alternative Behandlung kann in Betracht gezogen werden.
- Patienten sollten während der Behandlung sorgfältig auf Anzeichen einer Verschlechterung der Herzfunktion überwacht und bei Auftreten einer Verschlechterung der Herzfunktion klinisch betreut werden.
- Bei Patienten, bei denen eine Herzinsuffizienz vom Common Toxicity Criteria (CTC) Grad 2 oder Herzrhythmusstörungen vom CTC Grad 3 neu auftreten oder sich verschlechtern, sollte die Behandlung mit Ibrutinib unterbrochen werden. Die Behandlung kann gemäß den neuen Empfehlungen zur Dosisanpassung wiederaufgenommen werden.
Maßnahmen
Auf der Grundlage der Bewertung der verfügbaren Daten zur Kardiotoxizität von Ibrutinib wurden weitere Maßnahmen zur Minimierung des kardialen Risikos in die Produktinformation aufgenommen. Bei Patienten mit fortgeschrittenem Alter, einem Leistungsstatus ≥2 der ECOG oder kardialen Begleiterkrankungen kann ein höheres Risiko für Ereignisse einschließlich plötzlicher, tödlicher, kardialer Ereignisse bestehen.
Vor Beginn der Behandlung mit Ibrutinib sollte eine angemessene klinische Anamnese der kardialen Vorerkrankungen und eine Beurteilung der Herzfunktion durchgeführt werden. Die Patienten sollten während der Behandlung sorgfältig auf Anzeichen einer klinischen Verschlechterung der Herzfunktion überwacht und wenn dies eintritt, klinisch betreut werden. Bei Patienten, bei denen kardiovaskuläre Bedenken bestehen, sollten weitere Untersuchungen (z. B. EKG, Echokardiogramm) in Betracht gezogen werden.
Bei Patienten mit relevanten Risikofaktoren für kardiale Ereignisse ist vor Beginn der Behandlung mit Ibrutinib eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung vorzunehmen; alternative Behandlungen sollten in Betracht gezogen werden.
Abschnitt 4.4 der Fachinformation wurde entsprechend aktualisiert und Herzstillstand wurde als Nebenwirkung in Abschnitt 4.8 der Fachinformation aufgenommen.
Zusätzlich überprüfte der Zulassungsinhaber die klinischen Daten von Patienten, bei denen kardiale Ereignisse vom CTC Grad 3+ auftraten, und bewertete, ob die Toxizitäten bei den Patienten wieder auftraten, bei denen die Dosis von Ibrutinib reduziert wurde, im Vergleich zu Patienten, bei denen keine Dosisreduktion nach diesen Toxizitäten vorgenommen wurde. Die Analysen zeigen eine geringere Inzidenz des Wiederauftretens kardialer Ereignisse bei Patienten, die eine reduzierte Dosis von Ibrutinib erhalten haben, im Vergleich zu Patienten, bei denen keine Dosisreduktion vorgenommen wurde.
Auf dieser Grundlage wird Abschnitt 4.2 der EU-Fachinformation mit neuen Empfehlungen wie folgt aktualisiert:
Bei Patienten, bei denen eine Herzinsuffizienz vom CTC Grad 2 oder Herzrhythmusstörungen vom CTC Grad 3 neu auftreten oder sich verschlechtern, muss die Behandlung mit Ibrutinib unterbrochen werden. Sobald die Symptome der Toxizität auf CTC Grad 1 oder auf den Ausgangswert zurückgegangen sind (Abklingen), kann die Behandlung mit Ibrutinib mit der empfohlenen Dosis gemäß der folgenden Tabelle wiederaufgenommen werden: