Definition
Das Mantelzell-Lymphom ist eine seltene Krebserkrankung. Es zählt zu den sogenannten Non-Hodgkin-Lymphomen und ist meist schmerzarm. In der Fachterminologie wird es deshalb auch zu den indolenten Lymphomen gezählt.
Das Mantelzell-Lymphom zählt zu den seltenen Krebserkrankungen. Es ist meist schmerzarm, verläuft jedoch häufig aggressiv. Die Behandlung erfolgt mittels Immunchemotherapie.
Mantelzell-Lymphom (MCL): Übersicht
Das Mantelzell-Lymphom ist eine seltene Krebserkrankung. Es zählt zu den sogenannten Non-Hodgkin-Lymphomen und ist meist schmerzarm. In der Fachterminologie wird es deshalb auch zu den indolenten Lymphomen gezählt.
Das Mantellzell-Lymphom hat seinen Erkrankungsgipfel zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr mit einem mittleren Erkrankungsalter von 65 Jahren. Jährlich erkranken schätzungsweise eine von 100.000 Personen an dieser seltenen Krebserkrankung - das Mantelzell-Lymphom macht ca. 5 bis 7% der malignen Lymphome aus. 75 % der Erkrankten sind männlich. Die Prävalenz wird auf 1:25.000 geschätzt.
Die genauen Ursachen, warum ein Mantelzell-Lymphom entsteht, sind nicht geklärt. Vermutlich ist eine Veränderung in den Erbinformationen für das Mantelzell-Lymphom verantwortlich. Bei etwa 85 bis 95% aller Patientinnen und Patienten findet sich eine Chromosomentranslokation Daneben werden weitere genetische Faktoren vermutet. Dass Viren oder andere Infektionen ursächlich sein könnten, wie es bei manch anderen Krebsarten der Fall ist, konnte bisher nicht bestätigt werden.
Zurückgeführt wird das Mantelzell-Lymphom auf eine Chromosomentranslokation zwischen dem Immunoglobulin-Schwerketten-Gen auf Chromosom 14 und dem Cyclin-D1-Gen auf Chrosomom 11 mit der Bezeichnung t(11;14)(q13;q32). Dadurch wird das Eiweiß Cyclin D1 (CCND1) überexprimiert. Cyclin D1 ist am Zellzyklus beteiligt und hilft, diesen zu aktivieren. Dadurch können sich Zellen unkontrolliert vermehren und sterben nicht mehr ab. Zusätzlich kommt es vermutlich zu Mutationen und Deletionen bei p53. In seltenen Fällen kann auch eine Translokation mit CCND2 oder 3 gefunden werden. Auch eine zusätzliche Expression von CD5 und B-Zellmarkern wurde berichtet.
Seinen Ursprung im Körper findet das Mantelzell-Lymphom meist in der sogenannten Mantelzone von Lymphknoten. B-Lymphozyten entarten und infiltrieren den Lymphknoten. Von dort aus können einzelne Zellen über die Lymph- und Blutgefäße in den restlichen Körper gelangen.
Die Klinik des Mantelzell-Lymphoms ist geprägt durch vergrößerte Lymphknoten (Lymphadenopathie), und eine vergrößerte Milz (Splenomegalie). Häufig treten Symptome erst auf, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Das gilt insbesondere für die B-Symptomatik, zu der wiederholtes oder anhaltendes und unerklärliches Fieber, Nachtschweiß und ungewollter Gewichtsverlust von mindestens 10% des Körpergewichts innerhalb von sechs Monaten zählen.
Weitere unspezifische Symptome können sein:
Auch ein extranodaler Befall in beispielsweise dem Darm kann auftreten. Die jeweiligen Symptome hängen vom befallenen Organ ab.
Die Diagnose eines Mantelzell-Lymphoms wird anhand der Histologie gestellt. Anamnese und körperliche Untersuchung können bereits wegweisend sein. Auffällig ist hier vor allem die B-Symptomatik; teilweise können auch eine erhöhte Infektanfälligkeit und ein reduzierter Allgemeinzustand auftreten. Die endgültige Diagnose kann jedoch nur histopathologisch gestellt werden, da auch andere Lymphomarten und weitere Erkrankungen ein ähnliches klinisches Bild verursachen können. Als Goldstandard gilt, den befallenen Lymphknoten sowohl histologisch zu untersuchen als auch immunhistologisch auf eine Cyclin-D1-Überexpression oder eine t(11;14) Translokation und ebenso auf Ki67 und p53.
Nach der Diagnosesicherung schließen sich umfangreiche Untersuchungen an, um festzustellen, , wie weit die Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Dazu gehören: Zellzählung, Differenzialblutbild
Ebenso sollten eine Knochenmarkzytologie und eine Knochenmarkhistologie erfolgen sowie eine Bildgebung zum Staging mit Computertomographien von Hals, Thorax und Abdomen. Alternativ kann zur Verlaufskontrolle die Sonographie eingesetzt werden. Die 18F-FDG-Positronen-Emissions-Tomographie (PET-CT) ist wegen der therapeutischen Konsequenzen laut Leitlinie hilfreich, wenn eine lokale Radiatio in frühen Stadien durchgeführt werden soll. Diese Untersuchung gehört aber nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. (Stand: Oktober 2021).
Wie bei den meisten Lymphomen erfolgt die Klassifikation des Mantelzell-Lymphoms anhand der Ann-Arbor-/Lugano-Klassifikation, die sich am Befall der Lymphknotenregionen orientiert. Entscheidend ist, ob betroffene Regionen auf einer oder beiden Seiten des Zwerchfells liegen.
Unterteilt wird in:
Ergänzt wird das jeweilige Stadium durch die Zusätze „A“ und „B“. „B“ bedeutet, dass mindestens eines der weiteren drei Symptome vorliegt, während „A“ signalisiert, dass alle drei fehlen:
Abhängig vom jeweiligen Stadium, der Tumorlast, dem Alter und dem Allgemeinzustand der Patientinnen und Patienten wird die Therapie des Mantelzell-Lymphoms gewählt. Soweit möglich, sollten Betroffene in klinischen Studien und an spezialisierten Zentren behandelt werden.
Unterschieden wird wie bei den meisten Krebserkrankungen zwischen einer Erstlinientherapie, einer Therapie bei Rezidiv, Progress- oder Refraktärität und einer Konsolidierungs- oder Erhaltungstherapie. Behandelt wird meist medikamentös nach verschiedenen Schemata.
Patienten bis maximal 65 Jahre erhalten standardmäßig eine dosisintensivierte Therapie mit Induktion plus Hochdosiskonsolidierung mit autologer Stammzelltransplantation. Eingesetzt werden hier Kombinationstherapien wie R-CHOP oder R-DHAP (R-CHOP= Rituximab/Cyclophosphamid/Doxorubicin/Vincristin/Prednison; R-DHAP= Dexamethason/hochdosiertes Cytarabin/Cisplatin). Anschließend wird in der Regel eine dreijährige Erhaltungstherapie mit Rituximab angeschlossen.
Haben Betroffene das 65. Lebensjahr bei Therapiebeginn bereits überschritten, wird entweder mittels VR-CAP, BR oder R-CHOP behandelt (VR-CAP= Rituximab/Cyclophosphamid/Doxorubicin/Bortezomib/Prednison; BR=Rituximab/Bendamustin). Es sind auch einzelne Variationen der Therapieregime wie beispielsweise Bortezomib statt Vincristin bei VR-CAP möglich. Die Therapie sollte jedoch immer leitliniengerecht durch erfahrene Ärztinnen und Ärzte erfolgen.
Befinden sich Patientinnen und Patienten bereits vor Therapiebeginn in einem reduzierten Allgemeinzustand, sollte das Therapieregime angepasst werden. In dem Fall können R-Cb (Rituximab/Chlorambucil), BR oder R-Mono angewendet werden.
Eine Ausnahme von diesen allgemeinen Empfehlungen können die Stadien I und II bilden: Gehen sie mit einer geringen Tumorlast einher, können Betroffene mittels verkürzter Immunchemotherapie mit konsolidierender Strahlentherapie oder einer alleinigen Bestrahlung behandelt werden. Dies betrifft jedoch nur eine Minderheit und sollte sorgfältig abgewogen werden. Patientinnen und Patienten im Stadium I-II mit hoher Tumorlast sollten wie solche in fortgeschrittenen Stadien behandelt werden.
Betroffene, die eine niedrige Tumorlast und einen indolenten klinischen Verlauf (unter anderem Ki67 < 10%) haben, können zunächst nach dem „watch & wait“-Prinzip behandelt werden. Dafür sind engmaschige Kontrollen notwendig. Schreitet die Erkrankung fort, sollte jedoch eine Therapie eingeleitet werden.
Kommt es zu einem Rezidiv, hängt die Therapie davon ab, was in der Erstlinientherapie eingesetzt wurde und zu welchem Zeitpunkt das Rezidiv auftritt. Liegen zwischen der ersten Remission und dem Rezidiv 24 Monate und mehr, kann erneut eine Immunchemotherapie oder eine Therapie mit Ibrutinib angewendet werden. Die jeweilige Wahl wird durch die Vortherapie, das Alter und den Allgemeinzustand der Betroffenen bestimmt.
Bei Frührezidiven rät die Leitlinie zu Ibrutinib. Eine CAR-T-Zell-Therapie kann eingesetzt werden, wenn Ibrutinib nicht zum Erfolg führt. Patientinnen und Patienten mit wiederholten Rezidiven oder refraktären Verläufen profitieren von Lenalidomid. Kombiniert mit Rituximab kann es zu einem besseren Ansprechen führen.
In den meisten Fällen wird nach der Erstlinientherapie eine Erhaltungstherapie mit Rituximab empfohlen. Beim ersten Rezidiv sollte für fitte Patientinnen und Patienten, die bisher keine autologe Transplantation erhalten haben, diese erwogen werden. Ähnliches gilt für Hochrisikopatienten und -patientinnen mit p53-Veränderungen, Ki67>30% und/oder blastoidem Mantelzell-Lymphom. Sie erreichen mit BTK-Inhibitoren häufig nur eine kurze Remission. Sind die Betroffenen jung genug und fit, sollte ihnen eine allogene Transplantation angeboten werden. Alternativ kann, auch bei älteren Betroffenen, eine CAR-T-Zelltherapie erwogen werden.
Verlaufskontrollen und Nachsorgen beginnen bereits während der Therapie. Um Komplikationen und Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und Patientinnen und Patienten optimal zu betreuen, werden regelmäßige Anamnesen mit körperlicher Untersuchung und Labor mit Differenzialblutbild, Zellzählung und LDH empfohlen. Teilweise können auch weitere Laboruntersuchungen notwendig werden.
Etwa zur Halbzeit der Therapie, zum Ende der Behandlung und bei Verdacht auf ein Fortschreiten der Erkrankung oder Komplikationen sollten zusätzlich zu den genannten Kontrolluntersuchungen eine Bildgebung mittels CT oder Sonographie erfolgen und, abhängig von den jeweiligen Patienten, gegebenenfalls eine Echokardiographie und eine Lungenfunktionsprüfung, um Therapiekomplikationen auszuschließen. Haben die Betroffenen eine Transplantation erhalten, sollte mit ihnen auch über Rehabilitationsmaßnahmen gesprochen werden.
Nach der Therapie sind engmaschige Verlaufskontrollen notwendig. Zu Beginn erfolgen diese alle drei Monate. Ab dem dritten Jahr kann auf sechs- bis zwölfmonatige Kontrolltermine ausgeweitet werden. Der Fokus hierbei liegt vor allem darauf, die Remission zu überwachen und Folgen der Behandlung in Form von Langzeittoxizitäten frühzeitig zu erkennen. Dafür sollten neben Anamnese, körperlicher Untersuchung und Labor (Zellzählung, Differenzialblutbild, LDH) eine an die bei den jeweils Betroffenen individuell angepasste Diagnostik erfolgen. Diese richtet sich nach den zu Beginn und im Verlauf festgestellten Befunden.
Die Prognose hängt unter anderem davon ab, welcher Risikogruppe Betroffene angehörigen. Bestimmt wird das individuelle Risiko anhand des eines klinisch etablierten Risiko-Scores, dem MIPI - kurz für MCL International Prognostic Index. Er beinhaltet unter anderem den allgemeinen Gesundheitszustand der Betroffenen, aber auch das Alter, LDH- und Leukozytenwerte, Auch Proliferationsmarker wie der Ki67 und p53-Mutationen oder Überexpressionen können zur Beurteilung herangezogen werden. Sowohl hohe Ki67-Werte als auch p53-Veränderungen sind häufig mit einem ungünstigen Verlauf verbunden. Berechnet werden kann der MIPI online.
Das mediane Überleben liegt bei drei bis fünf Jahren, kann aber, je nach Risikogruppe, schwanken.
Derzeit gibt es keine Möglichkeiten, einem Mantelzell-Lymphom vorzubeugen oder das individuelle Risiko zu reduzieren.
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